Seit 1985 liegt im Oslo-Fjord Kon-Tiki 2 vor Anker. Es wird aufbrechen, wenn die Zeit Illa-Tikis, des Feuers, gekommen ist. Dann wird es nicht nach Barbados, nicht nach Polynesien, nicht in den Indischen Ozean gehen. Dann wird Kon-Tiki, der Hohepriester der Sonne, sein Gefaehrt und mit ihm seine Gefaehrten auf die Strasse des Lichts fuehren, an Spitzbergen, Groenland und dem Vorhang des Nordens vorbei, hinauf zum Grossen Wagen. „Jakten pa Odin“ wird am Bug geschrieben stehen, und alle, die an der Reeling stehen, werden rufen „Ingen grenser“. Ohne Grenzen. Und es werden nicht Hundertvierundvierzigtausend sein.
Es wird ein Leuchtfeuer am Himmel stehen, zwischen unserer Lebensspenderin und deren Bruder, Alpha Proxima Centauri, es wird Pallas Athene sein, die Weise, mit ihrer Fackel, ihr zu Fuessen Thor Heyerdahl. Ein Mensch neben einer Titanin.

Als der Stolz des Habsburger Hauses Rache schwor, wurde Thor Heyerdahl im kleinen Kuestenstaedtchen Larvik im Sueden Norwegens geboren. Er hatte das Meer immer vor sich. Er war inspiriert. Die englische Marine liess ihn, den Freiwilligen, nicht in den Krieg ziehen, er sollte als Kellner im Offizierscasino Dienst versehen. Das lehnte er ab. Die Verweigerung brachte ihm Unbill ein, – nicht zum letzten Mal.
Etwas musste ihm den grossen Horizont ermoeglicht haben. Schon vor dem Studium der Zoologie und Geographie. Er verbrachte ein Jahr mit seiner Frau in der Suedsee, wie Gauguin. Dort traf er auf weisse, rotbaertige Ureinwohner, deren Ueberlieferung auf Schiffahrer aus der Urzeit zurueckging.
1947, nach dem Studium der Inka-Ueberlieferungen, die sich auf Con-Tici Viracocha beriefen, den Sonnengott und Leiter eines weisshaeutigen Stammes, der den Inkas voranging und ihnen Architektur und Zusammenleben lehrte („Sie kamen im Morgen der Zeit“, schreiben die Inkas), brach er von Callao auf einer Balsa aus Schilf vom Titicaca-See nach Polynesien auf. Er wollte nachweisen, dass der Pazifische Ozean nicht nur von Asien aus besiedelt worden war. Die Inka-Schriften berichten von Kon-Tikis Niederlassung an den Ufern des Titicaca-Sees, wo sie ueberdimensionale Steinbauten errichteten. Die weissen Goetter wurden von Carri, einem Wilden aus dem Coquimba-Tal, angegriffen und besiegt. Kon-Tiki fluechtete sich mit Wenigen zu den Ufern des Pazifiks, in dessen Weiten sich die Spur des geheimnisvollen Stammes verliert.

Heyerdahl landete nach 101 Tagen auf Tuamotu. Ueber 20 Jahre sollte die Suedsee seine Heimat bleiben. 1954 und 1956 weilte er, neben vielen anderen Forschungen im Ostpazifik, auf Gal?pagos und der Osterinsel. 1969 dann die unvergessliche Expedition mit „Ra 1“. Von Nordafrika aus auf einem Papyrusfloss nach Suedamerika. Er war der Ueberzeugung, dass die Vielzahl der Pyramidenbauten im Atlantik ebenso von seefahrenden Aegyptern und deren Nachkommen stammte wie die Bauten der mexikanischen und peruanischen Hochkultur. Spuren auf 500 Jahre vor Christus zurueck. Der erste Versuch scheiterte, der zweite nicht. Nach 57 Tagen landet der Wikinger auf Barbados.

1978 wollte Heyerdahl nachweisen, dass selbst die erste Hochkultur der Menschheit, die Sumerer, (die Atlanter lassen wir an dieser Stelle einmal aussen vor) vor 5000 Jahren bereits weite Reisen am Meer unternahmen. Auf Floessen aus Zuckerrohr. Als er das Rote Meer kreuzt, entschliesst er sich, aus Protest gegen die Kriege an dessen Ufern sein Unternehmen abzubrechen und verbrennt das Floss.

Heyerdahl war der etablierten, pensionsbedachten Lehrstuhlwissenschaft ein Kloss im Hals, doch das focht ihn nicht an. Zur Jahrtausendwende erhob ihn sein Heimatland zum „Norweger des 20.Jahrhunderts“ (hierzulande ist der „Peruaner des Jahrtausends“ ebenfalls ein Seefahrer, Admiral Grau, ein Heros, der in der Seeschlacht von Iquique sein Leben liess).

3 Jahre vor seinem Abschied schrieb Heyerdahl „Ingen Grenser“, „Ohne Grenzen“. Am 18.April 2002 starb er im 88. Lebensjahr in Alassio in Italien an einem Gehirntumor, den er partout nicht behandeln lassen wollte.

Sein Museum samt der Kon-Tiki steht nicht unweit jener Uferpromenade, an der Edvard Munch sein beruehmtestes Bild malte. Wenn Kon-Tiki 2 aufbricht, wird niemand der Argonauten an Bord einsam sein. Sie werden gemeinsam nach vor zeigen, in die Gischt der Freilassung, und sie werden zu einem stummen Schrei ansetzen, emporgehoben, eins mit dem Wind.

0 Antworten

  1. Die Barke der Toten

     

    Welch liebliches Eiland sucht mir Gott Hades, auf daß dort unsere Barke anlege, in Frieden, weltabgeschieden und doch noch in dieser Welt, dieser Welt, die einmal die unsere war und die immer noch die unsere ist, denn ihr gilt unsere unverbrüchliche Liebe, und Liebe erst recht zu jenen, die uns noch zu Lebzeiten liebten, ohne daß wir es uns eingestehen wollten. Wohin ist die Zeit der Feiern, wohin die Zeit der Herrlichkeit, als wir Freunde waren in Beruf und Alltag, mißverstanden und verkannt nur allzu oft, und so wird uns die Zeit verrinnen und bleiben uns nur Erinnerungen, glorreiche Erinnerungen der Wegkreuzungen, der Begegnungen, des ewiglich Einzigartigen, des niemals mehr Wiederkehrenden. Ach, wo seid ihr hin, goldene Zeiten? Ach, wo seid ihr hin, all ihr Guten, ihr Bekannten, ihr Freunde des Tages, wie er im Kalender stand. Wohin zieht unsere Barke, diese Barke des Lebens, die sich mit Toten belädt? Wohin, wenn nicht nach Otorongo, dem stillen Kloster mitten im Wald, wo wir durchkreuzen Sinn und Ort, in der Dunkelheit flackernden Lichtes, im gesteigerten Bewußtsein, das Stille ist? Denn in der geheiligten Feier, am Ort der Kathedrale, eröffnet sich uns ein Licht, ein Tor, das uns Einlaß gewährt, hindurch in die Welt von euch Lebenden, die ihr im Dunkeln sitzt und uns willkommen heißt. In eurem Schlaf heißt ihr uns willkommen, ihr guten Freunde, du guter Freund. So kehren wir wieder und nehmen Platz, an eurem Tisch, der runden Tafel der Ritter, und wir dürfen euch erzählen vom heiligen Gral, dem heiligen Kelch, der sich selbst uns Toten noch nicht gezeigt hat. Auch wir, müßt ihr wissen, warten noch immerzu, warten auf das Kommen des Herrn. Auch uns hat der Strahlenkranz noch nicht umfangen, nur die Stille der Ewigkeit, denn sie ist es, die uns alle Torheit erkennen hat lassen, und so sind wir kommen, um Dank abzustatten und das Gastrecht in Anspruch zu nehmen, das ihr uns gewährt, ihr hier in diesem Kloster. So kommen wir voll der Erinnerung und nehmen Platz an diesem festlichen Tisch, auf daß unser aller Gemüt erhoben werde. Amen.

    (In memoriam Dr.Felix Koschitz, Adolf Deutschbauer, Renate Kürner. Reverenzerweisung an Susanne Frühmann)

  2. Anleitung zum Unglücklichsein

    Paul Watzlawick, ohne daß ich ihn damals persönlich gekannt hätte, war mir von Anfang an sympathisch. Das lag am Stil, wie er schrieb (Stil ist mir zuweilen wichtiger als Inhalt; tatsächlich), doch genauso am Sujet, der menschlichen Kommunikation. Es ging ihm von Anfang an um die menschliche Kommunikation, und es war von der ersten Zeile an manifest, daß Watzlawick hier von etwas schrieb, was sein Lebensthema war. Lebensthemen sind doch allemal studierenswert. Die Liste der jeweiligen Lebensthemen jener Schreiberinnen und Schreiber (oder noch besser: Forscherinnen und Forscher) meiner weiteren Generation ist allemal lang und sehr wohl auch breit. Es ist der Mühe (nein, es ist keine Mühe!) wert, hier einmal innezuhalten. Die Themen, die all diese Denkerinnen und Denker in ihren Bann geschlagen hat, umfaßt das Spektrum der Geisteswelt. Wir könnten im philosophischen Rahmen auch von „Ideenwelt“ sprechen. Ideenwelt und „Lebenswelt“. Zu meiner Lebenswelt gehört nicht die Welt des Geldes und nicht jene der Technik, nicht die Welt der Analyse des Lebendigen, wie z.B. in der Biochemie. Was mich an Lebensthemen interessiert, ist deren Kraft, die jeweiligen Personen in ihren Bann zu schlagen. Ein Proponent par excellence wäre z.B. Stephen Hawking (+14.3.2018). Ein vollkommen gelähmter Astrophysiker, wohnhaft in Cambridge (zu Lebzeiten). Seine Gedanken, die sich in seinem Forschungsgebiet, dem Kosmos und dessen Kräften (heißt: Gesetzen), entwickeln, haben etwas Phänomenologisches, gleichermaßen Verwegenes wie Unschuldiges. Verwegen sind Hawkings Gedanken allemal. („Weil es ein Gesetz wie das der Schwerkraft gibt, kann und wird sich ein Universum selber aus dem Nichts erschaffen. […] Spontane Schöpfung ist der Grund, warum es statt des Nichts doch etwas gibt, warum das Universum existiert, warum wir existieren.“) Hierin lassen sich unbezweifelbare Parallelen zu Einstein ziehen. Raum, Zeit und Lichtgeschwindigkeit in einen Zusammenhang und erst recht in eine Formel zu fassen, ist durch und durch verwegen. Dazu gehört absolute Freiheit der Vorstellung. Absolute Freiheit, was zugleich Freiheit des Denkens und, in gewissem Sinne, Angstfreiheit bedeutet. Doch hinter, oder besser: über diesem an seinen Rollstuhl verunstaltet gefesselten Forscher schwebte ein doppeltes Verhängnis schwerwiegender, gänzlich anders strukturierter Art: Jenes seiner Krankheit (die er nie essentiell thematisierte; öffentlich) und jenes seiner beiden gescheiterten Ehen, die für sich bereits seltsam anmuten und vielleicht nur durch gewisse englische Eigenheiten erklärt werden könnten. Ein vollkommen Gelähmter und ebenso Sprachunfähiger wird von zwei Frauen geheiratet und lebt mit diesen (sukzessiv, selbstverständlich) insgesamt 40 Jahre zusammen. Die erste, Jane Wilde, gebärt ihm drei Kinder (Sonderthema der Medizin). Was war der Scheidungsgrund? Darüber findet man nirgendwo eine Randnotiz. Das ist typisch in diesem Fachbereich der ehelichen Konflikte. Was, wenn jede noch so sophistische Paartherapie scheitert, ja geradezu zum Scheitern verurteilt ist? Neben allen (vorgeblichen!) Primärthemen finden sich nachgeschobene Themen, die als Fragen sofort tabuisiert werden. Was treibt einen bisexuellen Politiker in theatralischen Selbstmord? Was treibt eine Grande Dame der Finanzwelt in die Homosexualität? Überall Tabus. Fragen sind nicht erlaubt. Nicht öffentlich. Der Grad der Grenzüberschreitung solcher Tabus kennzeichnet die jeweiligen Fragenden. Je nach radikaler Gesinnung verwenden diese Denkenden bezeichnende persönliche Sprache. Bei unseren unvergessenen Dichterinnen und Dichtern nachzulesen. Christine Lavant (+7.6.1973), die noble Nachtwächterin aus dem Kärntner Lavanttal, etwa wurde wegen ihrer Melancholie mehrmals in die psychiatrische Klinik in Klagenfurt eingeliefert. Ingeborg Bachmann wurde inmitten ihrer schweren seelischen Verwerfungen (wirklich schweren Verwerfungen) medikamentensüchtig. Sie dämpfte ihre Zigaretten am eigenen, empfindungslos gewordenen Fleisch aus. Das Thema, das sie jedoch nie behandeln wollte, war ihre Nymphomanie, diese ungebändigte, sie phasenweise überkommende Lust, geradezu ein Rasen. Ihr Lebensweg war einer der Unrast und der Brüche, so wie gerade jener mit Max Frisch. Und in eine solche Welt der Verwerfung sieht sich ein junger Bursch aus Villach geboren. Als er 17 ist, wird sein Heimatland Österreich den Faschisten unter Johlen übergeben. Der junge Mann kann sich so wie sein Vater mit der Annektierung durch die Kriegshetzer nicht und nicht abfinden. Er maturiert mitten im Krieg, wird eingezogen und schließlich wegen seiner sichtlichen Anglophilie als Übersetzer für englische Kriegsgefangene eingesetzt. Er weiß untrüglich, hier geschieht Mord, und beginnt falsch zu übersetzen. Ein Widerstandskämpfer der eigenen Art. Er wird verhaftet. Das Kriegsende und ein ihm in Stuttgart gewogener Gefängnisaufseher bewahren ihn vor dem KZ oder gar der Guillotine. Der Idealist und Einzelkämpfer wird befreit und zieht fort, so weit als möglich fort vom Land der Opportunisten und insgeheimen Mörder. Watzlawick lebte, als ich ihn kennenlernte, bereits in Palo Alto. Freund Helmut Kohlenberger erwähnte ihn in seiner Montagabendvorlesung zum ersten Mal. Sinngemäß war sein im tschechisch gefärbten Schwäbisch vorgetragener Kommentar folgender: „Watzlawick hat sich in das Labyrinth der menschlichen Kommunikation vorgewagt. Das ist anderer Stoff als bei Konrad Lorenz. Menschen sind Mörder, Graugänse nicht. Man darf ihm viel Glück wünschen. Als Villacher weiß er von der Gesinnung der Waffen-SS ein Lied zu singen, von der Schizophrenie der Kärntner. Man muß kein Arzt sein, um dies festzustellen. Es ist offenkundig, daß er das Zentralthema sofort anstößt: Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Das ist doch wohl die Zentralfrage. Doch wohl. Ein Denkender kommt um diese Frage nicht herum. Und alle Anderen sind nichts wert. Wer für diese Frage nicht zu sterben bereit ist, den kann man vergessen. Hier endet die akademische Sicherheit.“ Und wir alle nickten merklich oder unmerklich. Hier gesteht ein Nonkonformist das, was ihm unter die Haut geht. Bravo! Kohlenberger kam zwei Vorlesungen später nochmals auf Watzlawick zurück: „Die Philosophen haben alle, ohne Ausnahme, noch ein Thema in der Hinterhand, das ihnen unter den Nägeln brennt: Es ist die eigene Konformität, ihre bürgerliche Existenz, ihre Familie. Ein Philosoph mit Familie ist das typische Erscheinungsbild der Dekadenz. Die Grenzgänger, dem entgegengestellt, sind die pfeifenrauchenden Schreibtischtäter wie Bloch oder Sartre. Das ist eine Hypothek. Machen wir uns nichts vor. (Wiederum allgemeines Nicken). Die Zeiten der geistigen Umnachtung, des Suizids und des Lebens in Armut sind vorbei. Wer will sich das heute noch einhandeln? Das Höchste, das wir antreffen, sind mehrfach gescheiterte Ehen, wie bei Paul Watzlawick. Das Schicksal eines Schönlings, dem eine Hundertschaft von Frauen nachträumt. Das Schlimmste, was einem Philosophen passieren kann! Hundert sehnsuchtsvolle Frauen, die ihn bis in den Schlaf verfolgen. Das blieb Kierkegaard und Nietzsche erspart. Besser, einen körperlichen Kretin, der an chronischem Asthma, Diphterie oder asozialer Hypochondrie leidet, abzugeben, als einen Hochbegabten, dem die allergrößte Absurdität nicht erspart bleibt, nämlich die, mit Schizophrenen zu arbeiten und Zuhause ein tägliches Inferno zu erleben. Dann dürfen wir uns mit Recht fragen: „Was ist Gewalt? Wo fängt sie an?“ Es ist doch nachvollziehbar, wenn jemand wie Jean Améry zu all dem „Nein“ sagt.“ Diese Aussage meines fernen Freundes H.K. erfolgte 1977, ein Jahr vor Amérys Selbstmord in Salzburg. („Wer abspringt, ist nicht notwendigerweise dem Wahnsinn verfallen, ist nicht einmal unter allen Umständen gestört oder verstört. Der Hang zum Freitod ist keine Krankheit, von der man geheilt werden muß wie von den Masern. Der Freitod ist ein Privileg des Humanen.“)

    Watzlawick lernte ich also etwa 1982 kennen. Es war ein Abvendvortrag. Der Hörsaal war zu – mit Sicherheit – zwei Drittel mit nichtstudentischen Damen gefüllt. Ich staunte nicht schlecht. Die ersten drei Reihen gehörten ausschließlich den Damen. Eine Professorin, Psychologin, hatte ein großes Blumenbouquet vorbereitet, das sie ihm nach dem Vortrag mit glühendem Gesicht überreichen sollte. Andere Damen schlossen sich ihr an. Es war leicht peinlich. Der Herr aus Amerika wie in einer Gärtnerei. Der Podiumstisch mit 5 Bouquets drapiert. Anscheinend passierte ihm dies nicht zum ersten Mal. Ich machte, daß ich davon kam. Seine Manieren hatten mir die Augen geöffnet. Es waren die Manieren eines erfahrenen, eleganten Zynikers. So zumindest meine Interpretation. Er tat mir leid. Watzlawick war ein Gefangener seiner selbst. Er konnte nicht mehr anonym wegtauchen. Er hatte die Frauen, die ihn verfolgten. Er hatte seine Geschichte (fünf gescheiterte Ehen), die ihn verfolgte. Dieser Forscher, ein Nonkonformist in der Anlage, war seinem Profil nach ein Dressman, ein Hollywoodstar, der Frauen zum Kreischen bringt, sosehr er auch versuchte, nüchtern von seinem Forschungsgegenstand zu berichten. Dieser Abend öffnete mir endgültig die Augen. Watzlawick redete frei. Er assoziierte. Er konnte aus dem Vollen schöpfen. Es war klar, er war die Verkörperung dessen, was er sich selbst ein Leben lang fragte. Er befragte sich selbst, nicht Gott (egal welchen). Er verfügte über begnadete Ruhe. Er las die Gedanken der Frauen, so auch jene der Professorin an der Kante in der zweiten Reihe, die wie ein Groopy an seinen Lippen hing. Sein Anzug mit Krawatte und goldener Krawattennadel samt Kette war maßgeschneidert. Er hätte dem topgestylten Tom Cruise in der Ehrenloge an den beiden Tagen der Finalis von Wimbledon 2021, der den Gewinnern Ashley Barthy und Novak Djokovic für Momente die Show stiehlt, an Ort und Stelle den Rang ablaufen können. Nur eben ohne Sonnenbrille, dafür lässig an das Rednerpult gelehnt und von eben diesem dort ebenso lässig mit der Handkante unsichtbare Staubflinselchen wegwischend. Die Geste wirkte eingeübt, doch nicht manieriert. Sie unterstrich den wie traumhaft wirkenden Satzaufbau. „Wollen wir nicht versuchen, uns einmal zu konzentrieren und solchermaßen zu reduzieren? Was ist faktisch? Können wir überhaupt vom Faktischen reden? Ist es nicht vielleicht unser größtes Vergehen, das Faktische anzustreben, so wie die atomare Kettenreaktion? Und dennoch! Gerade dennoch: Die eigentliche Ursache des Leids liegt in unserer Unwilligkeit, Tatsachen als reelle Tatsachen und Ideen als bloße Ideen zu sehen, und dadurch, dass wir ununterbrochen Tatsachen mit Konzepten vermischen. Wir tendieren dazu, Ideen für Tatsachen zu halten, was Chaos in der Welt schafft. Das Chaos ist ein interhumanes Phänomen, eine unausrottbare Geißel. Was, wenn nicht das Chaos, hat lebensvernichtende Kraft? Ich meine, kollektiv. Monadisch sowieso.“ Er blickte wie gelangweilt ins Publikum hoch. Zwischen ihm und der ersten Reihe waren nur zwei Meter. Für diesen Blick, den er in diesem Moment zur Schau trug, applaudierte ich ihm. Er gestattete dem aufmerksamen Zuhörer, seine Gedanken zu lesen. Er wandte sich an seine Leser, und mehr noch, an die Mitdenkenden. An die Mitforschenden. An die Mitleidenden, auch wenn er selbst nicht die Miene eines Leidenden zur Schau trug. Das war inhärent unmöglich. Er, die Verkörperung der Eleganz vom Scheitel bis zur Sohle, von A bis Z sich in seinem Vortrag bewegend, ja vielleicht sogar genießend. Eleganz, so wie, auf Frauenseite, Sophia Loren oder Claudia Cardinale. Das Mittelmaß war kategorisch ausgeschlossen. Kein viktorianisch-monogamer Viktor Frankl mit übergroßen Brillen im US-Fernsehen. „Wie begegnen Sie einer Geisteskrankeit?“, fragte er rhetorisch. (Dafür notierte ich gleich wieder wie unter Zwang einen Minuspunkt, denn die Frage war weder originär noch originell. Watzlawick war kein Arzt und hatte nicht wie Ronald D.Laing mit Schizophrenen in Kingsley Hall zusammengelebt. Völlig undenkbar bei diesem Schönemann!) Die Frage war rhetorisch. Das stieß mir sauer auf. Watzlawick war keine Forensiker. Keine Mörder in Handschellen und unter Dauermedikation, die ihm von Wärtern mit schweren Elektroschockern am Gürtel in der Hochsicherheitsanstalt vorgeführt werden. Und unscheinbare Serienkiller in Zivil waren ihm mit Sicherheit noch nicht untergekommen, weder in den Staaten noch sonst wo. Seine Antwort versöhnte mich jedoch augenblicklich, und diese Wendung meiner eigenen Gefühlsbefangenheit (oder noch besser: Befangenheits- und Versöhnungsbereitschaft mit dem eigenen Illusionismus) erstaunte mich leichthin. Ich notierte den Satz wie im Vakuum, zeit- und ortslosgelöst. „Die Geisteskrankheit ist verknüpft mit dem Wort. Das Wort ist der Antrieb.“ In diesem Moment, es konnte ja gar nicht anders sein, hob ein Zuhörer wie unter Zwang seine Hand: „Herr Professor, gebraucht das Böse – um in einer Terminologie der Religionen zu sprechen – das Wort? Gebraucht das Dämonische das Wort?“ Kaum hörte ich die Frage, schon genierte ich mich. Ein typischer schrulliger Wiener. Es war klar, der Herr Professor mußte sich durch solch krude Ausdrucksweise und krude Geistesverfassung inkommodiert fühlen. Doch nein, er registriert die Frage und ihren erweiterten Kontext wie ein Grandseigneur, und sie verlangt ihm nicht einmal eine Sekunde des stummen Nachdenken ab. Seine minimalistischen Körperbewegungen des entspannten Angelehntseins werden nicht einen Millimeter korrigiert. Die Assoziativität seiner Antwort wirkte wie ein besänftigender Schlag in mein Kontor, denn ich verstand diese Episode als die Klimax des heutigen Abends. „Was auch immer Sie unter Dämonisch verstehen, Herr Kollege (ecco!), wir dürfen eines nicht aus den Augen lassen: Wir haben es hier mit dem Leiden zu tun, mit menschlicher Qual. Wenn mich Reden quälen, habe ich Handlungsbedarf. Und leider kann ich nicht ständig vor mir selbst fliehen. Was also tun, wenn Flucht nicht mehr möglich ist? Mich mit der letzten Kugel erschießen? Doch damit ist die Qual nicht gelöst. Das Elementare unserer Existenz ist eine Ekstase. Die Selbstüberschreitung. Sie wissen, was ich meine.“ Das Wort „Ekstase“ öffnete in mir in diesem Augenblick eine Schleuse, die bis zum heutigen Tag offen geblieben ist. Und dafür gebührt ihm mein Dank, heute und immerzu. Watzlawick damals zeigte seinerseits plötzlich wohltuendes Grinsen, so als ließe er sich von hoch oben ansatzlos, wie aus Spaß, in ein Gummiseil fallen. Bübisches Grinsen, möchte ich sagen. Unverstelltes, befreites Grinsen, wie ich es noch nie bei einem Herren seines Formats gesehen hatte. Er machte mit diesem unübertrefflichen Bombensatz Schluß und ließ keine Fragen mehr zu. „Wir brauchen uns jetzt nicht mehr verwickeln, wie es sonst üblich ist. Genug geredet!“, war der Schlußpunkt. Ich zog ab und ließ ihn mit der himmlischen Damenschar allein. Das letzte, was ich an ihm sah, war seine augenblickliche, camäleonhafte, nahtlose Verwandlung zum geübten Conférencier wie Leonard Cohen oder Udo Jürgens in ihren besten Zeiten in der Garderobe nach dem Konzert.

     

    Credit: Gamma-Rapho via Getty Images/Ulf ANDERSEN

  3. Thor Heyerdahl

     –>From Wikipedia, the free encyclopedia, without further comment, meanwhile…

     

     
    ThorHeyerdahl.jpg

    Heyerdahl circa 1980

    Born 6 October 1914

    Larvik, Norway

    Died 18 April 2002 (aged 87)

    Nationality Norwegian
    Alma mater University of Oslo
    Spouse(s)

    Liv Coucheron-Torp

    (m. 1936; div. 1947)​

    Yvonne Dedekam-Simonsen

    (m. 1949; div. 1969)​

     

    (m. 1991)​

    Children 5
    Awards Mungo Park Medal (1950)
    Scientific career
    Fields

    Doctoral advisor

     

    Thor Heyerdahl (Norwegian pronunciation: [tuːr ˈhæ̀ɪəɖɑːɫ]; 6 October 1914 – 18 April 2002) was a Norwegian adventurer and ethnographer with a background in zoologybotany and geography.

    Heyerdahl is notable for his Kon-Tiki expedition in 1947, in which he sailed 8,000 km (5,000 mi) across the Pacific Ocean in a hand-built raft from South America to the Tuamotu Islands. The expedition was designed to demonstrate that ancient people could have made long sea voyages, creating contacts between societies. This was linked to a diffusionist model of cultural development.

    Heyerdahl made other voyages to demonstrate the possibility of contact between widely separated ancient peoples, notably the Ra II expedition of 1970, when he sailed from the west coast of Africa to Barbados in a papyrus reed boat. He was appointed a government scholar in 1984.

    He died on 18 April 2002 in Colla MicheriLiguriaItaly, while visiting close family members. The Norwegian government gave him a state funeral in Oslo Cathedral on 26 April 2002.

    In May 2011, the Thor Heyerdahl Archives were added to UNESCO’s Memory of the World Register. At the time, this list included 238 collections from all over the world. The Heyerdahl Archives span the years 1937 to 2002 and include his photographic collection, diaries, private letters, expedition plans, articles, newspaper clippings, and original book and article manuscripts. The Heyerdahl Archives are administered by the Kon-Tiki Museum and the National Library of Norway in Oslo.

    Youth and personal life

    Heyerdahl was born in LarvikNorway, the son of master brewer Thor Heyerdahl (1869–1957) and his wife, Alison Lyng (1873–1965). As a young child, Heyerdahl showed a strong interest in zoology, inspired by his mother, who had a strong interest in Charles Darwin’s theory of evolution. He created a small museum in his childhood home, with a common adder (Vipera berus) as the main attraction.

    He studied zoology and geography at the faculty of biological science at the University of Oslo. At the same time, he privately studied Polynesian culture and history, consulting what was then the world’s largest private collection of books and papers on Polynesia, owned by Bjarne Kroepelien, a wealthy wine merchant in Oslo. (This collection was later purchased by the University of Oslo Library from Kroepelien’s heirs and was attached to the Kon-Tiki Museum research department.)

    After seven terms and consultations with experts in Berlin, a project was developed and sponsored by Heyerdahl’s zoology professors, Kristine Bonnevie and Hjalmar Broch. He was to visit some isolated Pacific island groups and study how the local animals had found their way there.

    On the day before they sailed together to the Marquesas Islands in 1936, Heyerdahl married Liv Coucheron-Torp (1916–1969), whom he had met at the University of Oslo, and who had studied economics there. He was 22 years old and she was 20 years old. Eventually, the couple had two sons: Thor Jr. and Bjørn. The marriage ended in divorce shortly before the 1947 Kon-Tiki expedition, which Liv had helped to organize.

    After the occupation of Norway by Nazi Germany, he served with the Free Norwegian Forces from 1944, in the far north province of Finnmark.

    In 1949, Heyerdahl married Yvonne Dedekam-Simonsen (1924–2006). They had three daughters: Annette, Marian and Helene Elisabeth. They were divorced in 1969. Heyerdahl blamed their separation on his being away from home and differences in their ideas for bringing up children. In his autobiography, he concluded that he should take the entire blame for their separation.

    In 1991, Heyerdahl married Jacqueline Beer (born 1932) as his third wife. They lived in TenerifeCanary Islands, and were very actively involved with archaeological projects, especially in Túcume, Peru, and Azov until his death in 2002. He had still been hoping to undertake an archaeological project in Samoa before he died.

    Fatu Hiva

    In 1936, on the day after his marriage to Liv Coucheron Torp, the young couple set out for the South Pacific Island of Fatu Hiva. They nominally had an academic mission, to research the spread of animal species between islands, but in reality they intended to „run away to the South Seas“ and never return home.

    Aided by expedition funding from their parents, they nonetheless arrived on the island lacking „provisions, weapons or a radio“. Residents in Tahiti, where they stopped en route, did convince them to take a machete and a cooking pot.

    They arrived at Fatu Hiva in 1937, in the valley of Omo‘a, and decided to cross over the island’s mountainous interior to settle in one of the small, nearly abandoned, valleys on the eastern side of the island. There, they made their thatch-covered stilted home in the valley of Uia.

    Living in such primitive conditions was a daunting task, but they managed to live off the land, and work on their academic goals, by collecting and studying zoological and botanical specimens. They discovered unusual artifacts, listened to the natives‘ oral history traditions, and took note of the prevailing winds and ocean currents.

    It was in this setting, surrounded by the ruins of the formerly glorious Marquesan civilization, that Heyerdahl first developed his theories regarding the possibility of pre-Columbian trans-oceanic contact between the pre-European Polynesians, and the peoples and cultures of South America.

    Despite the seemingly idyllic situation, the exposure to various tropical diseases and other difficulties caused them to return to civilisation a year later. They worked together to write an account of their adventure.

    The events surrounding his stay on the Marquesas, most of the time on Fatu Hiva, were told first in his book På Jakt etter Paradiset (Hunt for Paradise) (1938), which was published in Norway but, following the outbreak of World War II, was never translated and remained largely forgotten. Many years later, having achieved notability with other adventures and books on other subjects, Heyerdahl published a new account of this voyage under the title Fatu Hiva (London: Allen & Unwin, 1974). The story of his time on Fatu Hiva and his side trip to Hivaoa and Mohotani is also related in Green Was the Earth on the Seventh Day (Random House, 1996).

    Kon-Tiki expedition

     

    The Kon-Tiki in the Kon-Tiki Museum in Oslo, Norway

    In 1947 Heyerdahl and five fellow adventurers sailed from Peru to the Tuamotu IslandsFrench Polynesia in a pae-pae raft that they had constructed from balsa wood and other native materials, christened the Kon-Tiki. The Kon-Tiki expedition was inspired by old reports and drawings made by the Spanish Conquistadors of Inca rafts, and by native legends and archaeological evidence suggesting contact between South America and Polynesia. The Kon-Tiki smashed into the reef at Raroia in the Tuamotus on 7 August 1947 after a 101-day, 4,300-nautical-mile (5,000-mile or 8,000 km) journey across the Pacific Ocean. Heyerdahl had nearly drowned at least twice in childhood and did not take easily to water; he said later that there were times in each of his raft voyages when he feared for his life.

    Kon-Tiki demonstrated that it was possible for a primitive raft to sail the Pacific with relative ease and safety, especially to the west (with the trade winds). The raft proved to be highly manoeuvrable, and fish congregated between the nine balsa logs in such numbers that ancient sailors could have possibly relied on fish for hydration in the absence of other sources of fresh water. Other rafts have repeated the voyage, inspired by Kon-Tiki.

    Heyerdahl’s book about The Kon-Tiki Expedition: By Raft Across the South Seas has been translated into 70 languages. The documentary film of the expedition entitled Kon-Tiki won an Academy Award in 1951. A dramatised version was released in 2012, also called Kon-Tiki, and was nominated for both the Best Foreign Language Oscar at the 85th Academy Awards and a Golden Globe Award for Best Foreign Language Film at the 70th Golden Globe Awards. It was the first time that a Norwegian film was nominated for both an Oscar and a Golden Globe.

    Anthropologists continue to believe that Polynesia was settled from west to east, based on linguistic, physical, and genetic evidence, migration having begun from the Asian mainland. There are controversial indications, though, of some sort of South American/Polynesian contact, most notably in the fact that the South American sweet potato is served as a dietary staple throughout much of Polynesia. Blood samples taken in 1971 and 2008 from Easter Islanders without any European or other external descent were analysed in a 2011 study, which concluded that the evidence supported some aspects of Heyerdahl’s hypothesis. This result has been questioned because of the possibility of contamination by South Americans after European contact with the islands. However, more recent DNA work (after Heyerdahl’s death) contradicts the post-European-contact contamination hypothesis, finding the South American DNA sequences to be far older than that. Heyerdahl had attempted to counter the linguistic argument with the analogy that he would prefer to believe that African-Americans came from Africa, judging from their skin colour, and not from England, judging from their speech.

    Theory on Polynesian origins

    Heyerdahl claimed that in Incan legend there was a sun-god named Con-Tici Viracocha who was the supreme head of the mythical fair-skinned people in Peru. The original name for Viracocha was Kon-Tiki or Illa-Tiki, which means Sun-Tiki or Fire-Tiki.

    Kon-Tiki was high priest and sun-king of these legendary „white men“ who left enormous ruins on the shores of Lake Titicaca. The legend continues with the mysterious bearded white men being attacked by a chief named Cari, who came from the Coquimbo Valley. They had a battle on an island in Lake Titicaca, and the fair race was massacred. However, Kon-Tiki and his closest companions managed to escape and later arrived on the Pacific coast. The legend ends with Kon-Tiki and his companions disappearing westward out to sea.

    When the Spaniards came to Peru, Heyerdahl asserted, the Incas told them that the colossal monuments that stood deserted about the landscape were erected by a race of white gods who had lived there before the Incas themselves became rulers. The Incas described these „white gods“ as wise, peaceful instructors who had originally come from the north in the „morning of time“ and taught the Incas‘ primitive forebears architecture as well as manners and customs. They were unlike other Native Americans in that they had „white skins and long beards“ and were taller than the Incas. The Incas said that the „white gods“ had then left as suddenly as they had come and fled westward across the Pacific. After they had left, the Incas themselves took over power in the country.

    Heyerdahl said that when the Europeans first came to the Pacific islands, they were astonished that they found some of the natives to have relatively light skins and beards. There were whole families that had pale skin, hair varying in colour from reddish to blonde. In contrast, most of the Polynesians had golden-brown skin, raven-black hair, and rather flat noses. Heyerdahl claimed that when Jacob Roggeveen discovered Easter Island in 1722, he supposedly noticed that many of the natives were white-skinned. Heyerdahl claimed that these people could count their ancestors who were „white-skinned“ right back to the time of Tiki and Hotu Matua, when they first came sailing across the sea „from a mountainous land in the east which was scorched by the sun“. The ethnographic evidence for these claims is outlined in Heyerdahl’s book Aku-Aku: The Secret of Easter Island.

    Tiki people

    Heyerdahl proposed that Tiki’s neolithic people colonised the then uninhabited Polynesian islands as far north as Hawaii, as far south as New Zealand, as far east as Easter Island, and as far west as Samoa and Tonga around 500 AD. They supposedly sailed from Peru to the Polynesian islands on pae-paes—large rafts built from balsa logs, complete with sails and each with a small cottage. They built enormous stone statues carved in the image of human beings on Pitcairn, the Marquesas, and Easter Island that resembled those in Peru. They also built huge pyramids on Tahiti and Samoa with steps like those in Peru.

    But all over Polynesia, Heyerdahl found indications that Tiki’s peaceable race had not been able to hold the islands alone for long. He found evidence that suggested that seagoing war canoes as large as Viking ships and lashed together two and two had brought Stone Age Northwest American Indians to Polynesia around 1100 AD, and they mingled with Tiki’s people. The oral history of the people of Easter Island, at least as it was documented by Heyerdahl, is completely consistent with this theory, as is the archaeological record he examined (Heyerdahl 1958).

    In particular, Heyerdahl obtained a radiocarbon date of 400 AD for a charcoal fire located in the pit that was held by the people of Easter Island to have been used as an „oven“ by the „Long Ears“, which Heyerdahl’s Rapa Nui sources, reciting oral tradition, identified as a white race that had ruled the island in the past (Heyerdahl 1958).

    Heyerdahl further argued in his book American Indians in the Pacific that the current inhabitants of Polynesia migrated from an Asian source, but via an alternative route. He proposes that Polynesians travelled with the wind along the North Pacific current. These migrants then arrived in British Columbia. Heyerdahl called contemporary tribes of British Columbia, such as the Tlingit and Haida, descendants of these migrants. Heyerdahl claimed that cultural and physical similarities existed between these British Columbian tribes, Polynesians, and the Old World source.

    Controversy

    Heyerdahl’s theory of Polynesian origins has not gained acceptance among anthropologists. Physical and cultural evidence had long suggested that Polynesia was settled from west to east, migration having begun from the Asian mainland, not South America. In the late 1990s, genetic testing found that the mitochondrial DNA of the Polynesians is more similar to people from south-east Asia than to people from South America, showing that their ancestors most likely came from Asia.

    Anthropologist Robert Carl Suggs included a chapter titled „The Kon-Tiki Myth“ in his 1960 book on Polynesia, concluding that „The Kon-Tiki theory is about as plausible as the tales of AtlantisMu, and ‚Children of the Sun.‘ Like most such theories, it makes exciting light reading, but as an example of scientific method it fares quite poorly.“

    Anthropologist and National Geographic Explorer-in-Residence Wade Davis also criticised Heyerdahl’s theory in his 2009 book The Wayfinders, which explores the history of Polynesia. Davis says that Heyerdahl „ignored the overwhelming body of linguistic, ethnographic, and ethnobotanical evidence, augmented today by genetic and archaeological data, indicating that he was patently wrong.“

    A 2009 study by the Norwegian researcher Erik Thorsby suggested that there was some merit to Heyerdahl’s ideas and that, while Polynesia was colonised from Asia, some contact with South America also existed. Some critics suggest, however, that Thorsby’s research is inconclusive because his data may have been influenced by recent population contact.

    However, a 2014 research indicates that the South American component of Easter Island people’s genomes pre-dates European contact: a team including Anna-Sapfo Malaspinas (from the Natural History Museum of Denmark) analysed the genomes of 27 native Rapanui people and found that their DNA was on average 76 per cent Polynesian, 8 per cent Native American and 16 per cent European. Analysis showed that: „although the European lineage could be explained by contact with white Europeans after the island was ‚discovered‘ in 1722 by Dutch sailors, the South American component was much older, dating to between about 1280 and 1495, soon after the island was first colonised by Polynesians in around 1200.“ Together with ancient skulls found in Brazil – with solely Polynesian DNA – this does suggest some pre-European-contact travel to and from South America from Polynesia.

    A study based on wider genome analysis published in Nature in July 2020 is suggestive of a contact event, around 1200 AD, between Polynesian individuals and a Native American group most closely related to the indigenous inhabitants of present-day Colombia.

    Expedition to Easter Island

     

    Thor Heyerdahl, in 1955

    In 1955–1956, Heyerdahl organised the Norwegian Archaeological Expedition to Easter Island. The expedition’s scientific staff included Arne Skjølsvold, Carlyle Smith, Edwin Ferdon, Gonzalo Figueroa and William Mulloy. Heyerdahl and the professional archaeologists who travelled with him spent several months on Easter Island investigating several important archaeological sites. Highlights of the project include experiments in the carving, transport and erection of the notable moai, as well as excavations at such prominent sites as Orongo and Poike. The expedition published two large volumes of scientific reports (Reports of the Norwegian Archaeological Expedition to Easter Island and the East Pacific) and Heyerdahl later added a third (The Art of Easter Island). Heyerdahl’s popular book on the subject, Aku-Aku was another international best-seller.

    In Easter Island: The Mystery Solved (Random House, 1989), Heyerdahl offered a more detailed theory of the island’s history. Based on native testimony and archaeological research, he claimed the island was originally colonised by Hanau eepe („Long Ears“), from South America, and that Polynesian Hanau momoko („Short Ears“) arrived only in the mid-16th century; they may have come independently or perhaps were imported as workers. According to Heyerdahl, something happened between Admiral Roggeveen’s discovery of the island in 1722 and James Cook’s visit in 1774; while Roggeveen encountered white, Indian, and Polynesian people living in relative harmony and prosperity, Cook encountered a much smaller population consisting mainly of Polynesians and living in privation.

    Heyerdahl notes the oral tradition of an uprising of „Short Ears“ against the ruling „Long Ears“. The „Long Ears“ dug a defensive moat on the eastern end of the island and filled it with kindling. During the uprising, Heyerdahl claimed, the „Long Ears“ ignited their moat and retreated behind it, but the „Short Ears“ found a way around it, came up from behind, and pushed all but two of the „Long Ears“ into the fire. This moat was found by the Norwegian expedition and it was partly cut down into the rock. Layers of fire were revealed but no fragments of bodies.

    As for the origin of the people of Easter Island, DNA tests have shown a connection to South America, critics conjecture that this was a result of recent events, but whether this is inherited from a person coming in later times is hard to know. If the story that almost all Long Ears were killed in a civil war is true, as the islanders‘ story goes, it would be expected that the statue-building South American bloodline would have been nearly utterly destroyed, leaving for the most part the invading Polynesian bloodline.

    Boats Ra and Ra II

     

    The Ra II in the Kon-Tiki Museum

    In 1969 and 1970, Heyerdahl built two boats from papyrus and attempted to cross the Atlantic Ocean from Morocco in Africa. Based on drawings and models from ancient Egypt, the first boat, named Ra (after the Egyptian Sun god), was constructed by boat builders from Lake Chad using papyrus reed obtained from Lake Tana in Ethiopia and launched into the Atlantic Ocean from the coast of Morocco. The Ra crew included Thor Heyerdahl (Norway), Norman Baker (US), Carlo Mauri (Italy), Yuri Senkevich (USSR), Santiago Genovés (Mexico), Georges Sourial (Egypt) and Abdullah Djibrine (Chad). Only Heyerdahl and Baker had sailing and navigation experience.

    After a number of weeks, Ra took on water. The crew discovered that a key element of the Egyptian boatbuilding method had been neglected, a tether that acted like a spring to keep the stern high in the water while allowing for flexibility.[37] Water and storms eventually caused it to sag and break apart after sailing more than 6,400 km (4,000 miles). The crew was forced to abandon Ra, some hundred miles (160 km) before the Caribbean islands, and was saved by a yacht.

    The following year, 1970, a similar vessel, Ra II, was built by Demetrio, Juan and José Limachi of papyrus from Lake Titicaca in Bolivia and likewise set sail across the Atlantic from Morocco, this time with great success. The crew was mostly the same; though Djibrine had been replaced by Kei Ohara from Japan and Madani Ait Ouhanni from Morocco. The boat became lost and was the subject of a United Nations search and rescue mission. The search included international assistance including people as far afield as Loo-Chi Hu of New Zealand. The boat reached Barbados, thus demonstrating that mariners could have dealt with trans-Atlantic voyages by sailing with the Canary Current. The Ra II is now in the Kon-Tiki Museum in Oslo, Norway.

    The book The Ra Expeditions and the film documentary Ra (1972) were made about the voyages. Apart from the primary aspects of the expedition, Heyerdahl deliberately selected a crew representing a great diversity in racenationalityreligion and political viewpoint in order to demonstrate that at least on their own little floating island, people could co-operate and live peacefully. Additionally, the expedition took samples of marine pollution and presented their report to the United Nations.

    Tigris

     

    Model of the Tigris at the Pyramids of GüímarTenerife.

    Heyerdahl built yet another reed boat in 1977, Tigris, which was intended to demonstrate that trade and migration could have linked Mesopotamia with the Indus Valley Civilization in what is now Pakistan and western India. Tigris was built in Al Qurnah Iraq and sailed with its international crew through the Persian Gulf to Pakistan and made its way into the Red Sea.

    After about five months at sea and still remaining seaworthy, the Tigris was deliberately burnt in Djibouti on 3 April 1978 as a protest against the wars raging on every side in the Red Sea and Horn of Africa. In his Open Letter to the UN Secretary-General Kurt Waldheim, Heyerdahl explained his reasons:

    Today we burn our proud ship … to protest against inhuman elements in the world of 1978 … Now we are forced to stop at the entrance to the Red Sea. Surrounded by military airplanes and warships from the world’s most civilised and developed nations, we have been denied permission by friendly governments, for reasons of security, to land anywhere, but in the tiny, and still neutral, Republic of Djibouti. Elsewhere around us, brothers and neighbours are engaged in homicide with means made available to them by those who lead humanity on our joint road into the third millennium.

    To the innocent masses in all industrialised countries, we direct our appeal. We must wake up to the insane reality of our time … We are all irresponsible, unless we demand from the responsible decision makers that modern armaments must no longer be made available to people whose former battle axes and swords our ancestors condemned.

    Our planet is bigger than the reed bundles that have carried us across the seas, and yet small enough to run the same risks unless those of us still alive open our eyes and minds to the desperate need of intelligent collaboration to save ourselves and our common civilisation from what we are about to convert into a sinking ship.

    In the years that followed, Heyerdahl was often outspoken on issues of international peace and the environment.

    The Tigris had an 11-man crew: Thor Heyerdahl (Norway), Norman Baker (US), Carlo Mauri (Italy), Yuri Senkevich (USSR), Germán Carrasco (Mexico), Hans Petter Bohn (Norway), Rashad Nazar Salim (Iraq), Norris Brock (US), Toru Suzuki (Japan), Detlef Soitzek (Germany), and Asbjørn Damhus (Denmark).

    „The Search for Odin“ in Azerbaijan and Russia

    Background

    Heyerdahl made four visits to Azerbaijan in 1981, 1994, 1999 and 2000. Heyerdahl had long been fascinated with the rock carvings that date back to about 8th–7th millennia BCE at Gobustan (about 30 miles/48 km west of Baku). He was convinced that their artistic style closely resembled the carvings found in his native Norway. The ship designs, in particular, were regarded by Heyerdahl as similar and drawn with a simple sickle-shaped line, representing the base of the boat, with vertical lines on deck, illustrating crew or, perhaps, raised oars.

    Based on this and other published documentation, Heyerdahl proposed that Azerbaijan was the site of an ancient advanced civilisation. He believed that natives migrated north through waterways to present-day Scandinavia using ingeniously constructed vessels made of skins that could be folded like cloth. When voyagers travelled upstream, they conveniently folded their skin boats and transported them on pack animals.

    Snorri Sturluson

    On Heyerdahl’s visit to Baku in 1999, he lectured at the Academy of Sciences about the history of ancient Nordic Kings. He spoke of a notation made by Snorri Sturluson, a 13th-century historian-mythographer in Ynglinga Saga, which relates that „Odin (a Scandinavian god who was one of the kings) came to the North with his people from a country called Aser.“ (see also House of Ynglings and Mythological kings of Sweden). Heyerdahl accepted Snorri’s story as literal truth, and believed that a chieftain led his people in a migration from the east, westward and northward through Saxony, to Fyn in Denmark, and eventually settling in Sweden. Heyerdahl claimed that the geographic location of the mythic Aser or Æsir matched the region of contemporary Azerbaijan – „east of the Caucasus mountains and the Black Sea“. „We are no longer talking about mythology,“ Heyerdahl said, „but of the realities of geography and historyAzerbaijanis should be proud of their ancient culture. It is just as rich and ancient as that of China and Mesopotamia.“

     

    Thor Heyerdahl in 2000

    In September 2000 Heyerdahl returned to Baku for the fourth time and visited the archaeological dig in the area of the Church of Kish.

    Revision of hypothesis

    One of the last projects of his life, Jakten på Odin, ‚The Search for Odin‘, was a sudden revision of his Odin hypothesis, in furtherance of which he initiated 2001–2002 excavations in AzovRussia, near the Sea of Azov at the northeast of the Black Sea. He searched for the remains of a civilisation to match the account of Odin in Snorri Sturlusson, significantly further north of his original target of Azerbaijan on the Caspian Sea only two years earlier. This project generated harsh criticism and accusations of pseudoscience from historians, archaeologists and linguists in Norway, who accused Heyerdahl of selective use of sources, and a basic lack of scientific methodology in his work.

    His central claims were based on similarities of names in Norse mythology and geographic names in the Black Sea region, e.g. Azov and ÆsirUdi and Odin, Tyr and Turkey. Philologists and historians reject these parallels as mere coincidences, and also anachronisms, for instance the city of Azov did not have that name until over 1,000 years after Heyerdahl claims the Æsir dwelt there. The controversy surrounding the Search for Odin project was in many ways typical of the relationship between Heyerdahl and the academic community. His theories rarely won any scientific acceptance, whereas Heyerdahl himself rejected all scientific criticism and concentrated on publishing his theories in popular books aimed at the general public.[citation needed]

    As of 2021, Heyerdahl’s Odin hypothesis has yet to be validated by any historian, archaeologist or linguist.

    Other projects

    Heyerdahl also investigated the mounds found on the Maldive Islands in the Indian Ocean. There, he found sun-orientated foundations and courtyards, as well as statues with elongated earlobes. Heyerdahl believed that these finds fit with his theory of a seafaring civilisation which originated in what is now Sri Lanka, colonised the Maldives, and influenced or founded the cultures of ancient South America and Easter Island. His discoveries are detailed in his book The Maldive Mystery.

    In 1991 he studied the Pyramids of Güímar on Tenerife and declared that they were not random stone heaps but pyramids. Based on the discovery made by the astrophysicists Aparicio, Belmonte and Esteban, from the Instituto de Astrofísica de Canarias that the „pyramids“ were astronomically orientated and being convinced that they were of ancient origin, he claimed that the ancient people who built them were most likely sun worshippers. Heyerdahl advanced a theory according to which the Canaries had been bases of ancient shipping between America and the Mediterranean.

    Heyerdahl was also an active figure in Green politics. He was the recipient of numerous medals and awards. He also received 11 honorary doctorates from universities in the Americas and Europe.

    In subsequent years, Heyerdahl was involved with many other expeditions and archaeological projects. He remained best known for his boat-building, and for his emphasis on cultural diffusionism.

    Death

     

    Thor Heyerdahl’s tomb at Colla Micheri

    Heyerdahl died on 18 April 2002 in Colla MicheriLiguriaItaly, where he had gone to spend the Easter holidays with some of his closest family members. He died, aged 87, from a brain tumour. After receiving the diagnosis, he prepared for death, by refusing to eat or take medication.

    The Norwegian government honored him with a state funeral in the Oslo Cathedral on 26 April 2002. He is buried in the garden of the family home in Colla Micheri. He was an atheist.

    Legacy

    Despite the fact that, for many years, much of his work was not accepted by the scientific community, Heyerdahl, nonetheless, increased public interest in ancient history and anthropology. He also showed that long-distance ocean voyages were possible with ancient designs. As such, he was a major practitioner of experimental archaeology. The Kon-Tiki Museum on the Bygdøy peninsula in Oslo, Norway houses vessels and maps from the Kon-Tiki expedition, as well as a library with about 8,000 books.

    The Thor Heyerdahl Institute was established in 2000. Heyerdahl himself agreed to the founding of the institute and it aims to promote and continue to develop Heyerdahl’s ideas and principles. The institute is located in Heyerdahl’s birth town of Larvik, Norway. In Larvik, the birthplace of Heyerdahl, the municipality began a project in 2007 to attract more visitors. Since then, they have purchased and renovated Heyerdahl’s childhood home, arranged a yearly raft regatta in his honour at the end of summer and begun to develop a Heyerdahl centre.

    Heyerdahl’s grandson, Olav Heyerdahl, retraced his grandfather’s Kon-Tiki voyage in 2006 as part of a six-member crew. The voyage, organised by Torgeir Higraff and called the Tangaroa Expedition, was intended as a tribute to Heyerdahl, an effort to better understand navigation via centreboards („guara„) as well as a means to monitor the Pacific Ocean’s environment.

    A book about the Tangaroa Expedition by Torgeir Higraff was published in 2007. The book has numerous photos from the Kon-Tiki voyage 60 years earlier and is illustrated with photographs by Tangaroa crew member Anders Berg (Oslo: Bazar Forlag, 2007). „Tangaroa Expedition“ has also been produced as a documentary DVD in English, Norwegian, Swedish and Spanish.

    Paul Theroux, in his book The Happy Isles of Oceania, criticises Heyerdahl for trying to link the culture of Polynesian islands with the Peruvian culture. However, recent scientific investigation that compares the DNA of some of the Polynesian islands with natives from Peru suggests that there is some merit to Heyerdahl’s ideas and that while Polynesia was colonised from Asia, some contact with South America also existed; several papers have in the last few years confirmed with genetic data some form of contacts with Easter Island. More recently, some researchers published research confirming a wider impact on genetic and cultural elements in Polynesia due to South American contacts.

  4. Das dunkle Meer der Bewußtheit

    Dergestalt auf dem offenen Ozean, nachts, auf dem Floß. Auf dem Stillen Ozean, der doch niemals still ist. Doch diesen Frieden der damaligen paradiesischen Zeit, als noch Platz war auf der Erde und die Wälder intakt. Die Freunde treiben dahin, dem Humboldtstrom ergeben. Zuerst nach Nordnordwest, dann, von Galapagos, nach Südwest. Polynesien. Paradies. Nicht mehr und nicht weniger. Mit dem Leben der Naturverbundenen verhält es sich ähnlich. Sie gehen ein Leben lang schwanger, auf dem Rücken von Mutter Erde, bevorzugt barfuß. Beständig halten sie Ausschau nach Zeichen. Möge die Göttin sich bemerkbar machen. Möge sie sie direkt ansprechen: „Ja, Burschi, jetzt meine ich Dich! Ja, Dich! Stell dich nicht dumm und nicht schlafend. Wir haben dich aus dem Bett herausgeholt, denn du bist jetzt an der Reihe. Hier, wie du siehst, das Kollegium. (Kein Einziger schmaucht ein Mapachopfeifchen). Zuerst jedoch muß der Zahnarzt dein Gebiß begutachten. Wie bei Interpol Chiclayo. Wir wissen ja, es ist irregulär. Somit ist klar, du bist kein Schauspieler. Häßliche Zähne, naturbelassen. Das erleichtert vieles.“ Wie ein Klappetz auf dem Behandlungsstuhl fällt meine Kieferlade nach unten. Heute liege ich nicht wie bei meinem ewig freundlichen Dr.Jahn in Wien 6. in der Schräge, sondern sitze wie in der KLM, Economy Comfort, entspannt zurückgelehnt. Ich weiß, das ist nicht der Naziverbrecher Dr.Szell, alias Sir Lawrence Olivier, der Dustin Hoffman, dem Marathonmann, einen Schneidezahn sogleich sadistisch durchbohren wird, um ein Geständnis zu erpressen. Der Geist führt mir vor, wie er mein Vertrauen prüft. Ich weiß, das sind keine Menschen, hier im Halbdunkel. Das ist eine verschworene Gemeinschaft von Meisterinnen und Meistern. Daß es Pflanzengeister sind, wird mir erst mit dem Schock des Aufwachens um Punkt Sechs schlagartig klar, als der Lautsprecher drüben bei Pochita wie jeden Tag mit Musik und dann Lokalnachrichten brutal zu plärren beginnt. In diesem Moment wird mir der Schweregrad der kollektiven Krankheit dieses gepeinigten Landes wie unter einem Scheinwerferstrahl klar. Einhergehend mit einem Verständnis von „Endzeit“. Ich fühle mich schwer benommen. Der Zustand hält über den Marktgang hinaus für 4 Stunden an. Seltsam, daß ich heute dermaßen schwer in die Gänge komme. Derweilen spielt sich in Kitzbühel Episches ab. Dominic Thiem zeigte sich gestern abend in einem unvergeßlichen Match gegen Lazlo Djere bis an die Grenzen der Erschöpfung als Titan, wehrt 12 Breakpunkte und 5 Matchbälle ab, um schlußendlich im entscheidenden Tiebreak des dritten Satzes mit 10:8 siegreich zu bleiben. Gegen den Argentinier Baez im heutigen Finale gab es somit erwartungsgemäß nichts mehr zu holen. Völlige Erschöpfung nach den 3:30 Stunden gestern abend. So etwas passiert hier nicht. Hier wandern wir, wenn es so wie vorgestern ausnahmsweise extrem hergeht, nach einem nachmittägigen Schüttregen für 2,5 Stunden barfuß durch die Tücken einer vermurten Dschungelschlammstraße von Otorongo heraus, behutsam darauf achtend, das es uns nicht die Beine unter dem Tragkorb wegzieht. Das gehört alles zu den Übungen der Medizin. Komm ja nicht auf den Gedanken, dich mickrig über derartige Zustände zu beschweren! Die Geister wissen, wer du bist! Du allerdings nicht, und deshalb führen sie dich vor mit allerlei Speziallektionen. Du darfst dich selbst in den Spiegel schauen. Die Damen und Herren der Akademie führen derweilen parallel einen Dialog mit deinen, wie Herr Arnold und Herr Strotzka es genannt hätten, „abgespaltenen Ich-Anteilen“. In diesem Moment, wo du, ohne daß du es sonderlich merken müßtest, auf hoher See dahintreibst, wird dir klar, was mit dem „Wort Gottes“ gemeint ist. Das Wort der Göttin ist eine Aufforderung an dich persönlich. Sie erwarten eine Selbsterklärung, zu der du dich vorkämpfen darfst. Sehr freundlich und nachsichtig. Eine Nachvollziehung des Evangeliums. Eine Stellungnahme. Und diese himmlisch-irdischen Doktoren (du spürst es mit jeder Faser deines Traumkörpers) lassen nicht los. „Dieses bißchen Leiden ist dir zumutbar. Du weißt es ja selbst nur allzu genau. Ein bißchen Ärgern wie in Zeitlupe. Ein bißchen Grollen, verzögert, wie nach 50 Jahren. So merkst du es und lernst es anzuerkennen. Wir sind jetzt in Zeitlupe unterwegs und mit Briefmarkenlupe obendrein, so wie der Herr Dr.Seidl, der auf seinen eigenen Sohn schießt, sosehr plagt ihn der Jähzorn. Seine arme bucklige Assistentin kanzelte er an jenen stillen Sommernachmittagen unwirsch ab. Er machte keinerlei Hehl aus seinen Launen, und du warst verschreckt. Derselbe Zahnarzt, der im Bordell der Prostituierten den Slip mit seinem Skalpell von der drallen Hüfte schnitt. Sachen gibt es! Ganz schön heftig, gelle? Vielleicht hätten wir auch noch ein bißchen Revisionsbedarf, mein Lieber? Jetzt, wo du ja schon dein Altenteil riechst und von Eskapaden keine Spur mehr zu sehen ist. Das sind die Vorteile von Impotenz und Sparsamkeit. Das nennt man geregelte Lebensführung. Achtsamkeit, Freundlichkeit. Können wir uns darauf einigen?“ Solche Ehre wird einem zuteil. Diese Leute lassen sich nicht lumpen. Wie denn dann ich nicht auch? Kleiner Hosenmatz mit einer warmen Leberkäsesemmel in der Hand. Doch leider, im Traum riecht meine Nase nichts. Und das hat wohl seinen berechtigten Grund.

     

    undefined

Schreibe einen Kommentar

Weitere Artikel