Die Beschreibung der Welt war ein buergerliches Unterfangen und ist es geblieben. Sie ist eine exemplarische Spielwiese der Wissenschaft, in deren selbiger Fakultaet auch die Astronomen zuhause sind.
Aber es gelingt ihnen nicht, unseren Blick zurechtzuruecken. Wir sehen die Mappe vor uns, und sie ist falsch. Eine geschaelte Zwiebel mit einem vereinfachten Aufblick, so wie ihn die Atlanten der Grundstufe darbieten.
Wir sagen, alles recht, doch Manches machen wir uns nicht klar: Nicht, dass die Nordhemisphaere 3 mal mehr Landmasse aufweist, die Meeresflaeche 71% einnimmt. Das, weil wir dort hinzuschauen gewohnt sind, wo es von Menschen wimmelt. Im Norden.
Wir sehen nicht den Stillen Ozean.
Aber nicht einmal einen Gedanken schenken wir dem Land unten, dem Siebten Kontinent. Warum auch? Kein Land.
Kein Land.
Der Siebte Kontinent ist ein Mysterium. Vielleicht unsere Rettung. Vielleicht sind sie, die dort unten wohnen, die spirituellen Regenten unseres Planeten. Die Adelie- und Koenigspinguine. Wie sie dastehen, zu tausenden, 2 Meter gross. Dicht gedraengt, ein Kreis. Sie wechseln sich ab im Guertelbilden gegen den eisigen Wind. Minus 55? Durchschnittstemperatur. 6 Monate Finsternis. Das Ei, das das monogame Paar ausbruetet, tragen sie auf ihren Fuessen. 5 Monate hungern sie, dann bricht das Maennchen auf zum Fischfang. Zielsicher findet es zurueck, uebergibt das Gefressene seiner Partnerin.
Wir sprechen vom Nordlicht und vom Nordpol. Wir sehen die Erde von oben und denken an Novaja Semlja, Spitzbergen und Kanada, die Eskimos und Groenland. An den Eisberg, der vor Neufundland die Titanic aufschlitzte.
Der 7.Kontinent aber bleibt ein Geheimis. Er beherbergt unser Leben. Mehr als die Haelfte allen trinkbaren Wassers auf diesem Planeten ist in seiner Eiskappe gebunden. Eine Kappe, die 4200 km im Durchmesser und 3 km Dicke misst. 150 Kubikkilometer sind in den letzten vergangen Jahren dahingeschmolzen. Ein Berg brach vom Rossschelf los, 120 km lang, 15 km breit, eine Katastrophe fuer die Pinguine. Niemand hat sich die Muehe gemacht, zu berechnen, wieviele von ihnen deswegen starben.
Der 7.Kontinent war und bleibt ein prototypisches Spiegelbild fuer unsere Art. Amundsen und Scott liefern sich einen toedlichen Wettlauf, denn sie haben nichts Besseres zu tun. Arved Fuchs und Reinhold Messner geraten sich in die Haare, grad dass sie nicht die Messer zuecken. Die 64 Forschungsstationen produzieren ausser Daten vor allem eins: Muell. Die Amerikaner, wer sonst, sitzen im Herzen.
Vom 7.Kontinent wird die Rettung kommen, denn er wird das Eiland sein, zu dem sich die paar gottglaeubigen Ueberlebenden fluechten. Von der Raumstation im All aus werden sie die Feuerwolken beobachten, die ueber den Kontinenten explodieren, und sie werden einander anblicken, bleich und wortlos, denn sie wissen, sie koennen nicht mehr zurueck. Ein eisiges Grab.
Wir aber, deren Auge bricht, sehen in der Stille der naechtlichen Schlachtfelder den „Grossen Wagen“, den „Grossen Baeren“. „Ueber den Norden verlaesst die Seele der Menschen die Welt“, sagen die Eismenschen, waehrend unten das Kreuz des Suedens steht, unbeachtet, das Kreuz, aus dem alles geboren wurde.
Tierra antarctica, das Lied deiner Winde sei mir der Sphaerenklang, der Trost, allzeit.
(„Die ganze Zeit waren wir bereit, zum Depot aufzubrechen, das 20 km entfernt war, aber draussen jagte der Sturm immer noch dichte Schneewirbel vorbei. Jetzt muessen wir alle Hoffnung aufgeben. Wir werden bis zum Ende durchhalten, aber wir werden allmaehlich schwaecher, der Tod kann nicht mehr weit sein.
Es ist furchtbar, ich kann nicht mehr darueber schreiben.
Um des Himmels willen – steht unseren Familien bei.“
Robert Falcon Scott)