„Wo liegt Wilhering? Ich bin heimatlos. Sie haben Ihren Vater verloren. Ein Heimatloser fürchtet den Sturm nicht. Er geht hinaus vor die Stadt, um ihm die Stirn zu bieten. Winter is coming… Der Atlantik ist nicht das Mittelmeer. Ich verlor meine Brille in einer Woge. Was ist aus meinem Freund geworden?“ (Prof.Bernhard Winkler, wenige Monate vor seinem Tod, im Hospiz der Kreuzschwestern in Linz)
„Wie geht es der Familie, im Speziellen deiner Gattin? Du weißt, Mütter leiden im Stillen. Und du weißt, was du in ihr hast, auch wenn du dir damit bei anderen Weiblichkeiten massive Zores einhandelst. Die Kämpfe der Frauen kennen keine Rücksicht. Ich hatte das Glück, nur mit einer verheiratet zu sein. Die Ehe hielt 3 Monate. Für mehr war ich nicht gut. Ich weiß, du nimmst das ohne alle Mutmaßung. Das mag ich an dir. Du bleibst immer auf Augenhöhe, egal wohin in mich versteige. Wir werden einander vermissen.“ (Monsignore Umberto di Castello, knapp 3 Monate vor seinem Tod)
„Sie sind nicht versichert? Es wäre ratsam. Da kann immer was kommen, auch was Gröberes. Und die Kosten gehen dann ans Eingemachte.“
„Liebe Frau Oberschwester, ich lebe seit 23 Jahren in Peru, bei den Indianern. Das ist das erste Mal, daß ich in einem Krankenhaus bin, noch dazu in diesem Land. Das ist schon genug Ehrverlust. Wissen Sie wenigstens, was der Tagsatz hier auf der Chirurgie ausmacht?“ „Nein, dazu braucht die Buchhaltung eine schriftliche Aufwandsschätzung aller Ärzte.“
„Herr Kollege, Sie wollen auf Revers entlassen werden? Wir benötigen bitte ein paar Unterschriften.“ (Oberarzt A.)
„Herr H., eine Abstinenz von den Ihnen verschriebenen Antibiotika kann zu Sepsis und zum Tod führen.“ (Zweimalige schriftliche Nachreichung des unbekannten Primars, der mich nicht gesehen hatte und aufgescheucht verspätet erst nach einer Woche reagierte)
„Der Justiciero fürchtet den Tod nicht, Papi. Das ist sein Geheimnis. Er ist absolut geistesgegenwärtig und benutzt alles als Waffe. Er tötet die Verbrecher reihenweise ohne jede Reue.“
„Er ist ein Spitzenagent in einer offiziell nicht existenten Organisation.“
„Im Auftrag der Regierung, sanktioniert. Nicht wie Jason Bourne. Der wurde mißbraucht.“ (Salomon K.)
„Hättest du Angst, ein Monstrum zu sein, Elias? So wie ein Werwolf.“
„Nein. Woher kennst du meine geheimen Wünsche, Papi?“
„Weil ich es mir als Bub auch gern gewunschen hätte, aber mich nie getraut habe. In deinem Alter war ich ein Zwutschkerl.“
„Die ÖBB ist ein Freund des Volkes, Herr Nachbar.“
„Ja, davon kann ich ein Lied singen, Herr Schaffner. Unangefochten Nummer Eins in Österreich, noch vor der Post.“
„Immer wieder angenehm, so etwas zu hören. Wünsche noch eine angenehme Reise, wo auch immer es hingeht.“ (Dialog mit einem Schaffner im Zug)
„Auf der Post trifft man für gewöhnlich Leute, die einen nach so langer Zeit nicht mehr wiedererkennen. Ist es nicht so, Herr H.?“
„Ja, wirklich! Genau so ist es!“
„Manchmal erkennt man sie selbst auch erst nach einer kurzen Weile. Und wenn man sie dann nicht grüßt, verschwinden sie wieder, und vielleicht hat man sie dann zum letzten Mal gesehen.“ (Dialog mit Frau Mayr, Post St.Valentin)
„Der Hartlauer hat zugemacht. Das versteht er unter Kundennähe.“
„Kann man ihm nicht verübeln. Eine Sorge weniger. Der Sohn will ja auch nur zusehen, daß er nicht ebenso früh stirbt wie sein Vater.“ (Auf der Straße)
„Ihr Paket liegt auf der Abholstation beim Hofer.“ (Herr Xaver von der Post zum frisch importierten Kaplan Henry aus Nigeria. Der Schwarze im Sonntagsanzug samt Krawatte, obwohl mitten unter der Woche).
Dann draußen vor der Post: „Wissen Sie, wo der Hofer ist? Vielleicht wissen Sie gar nicht, was der Hofer ist? Soll ich Sie hinfahren?“
„Nein danke, ich habe mein eigenes Auto.“
„Umso besser. Also, ich erkläre Ihnen den Weg…“
„Zu Ihrer Sicherheit: ich bin nicht vom anderen Ufer.“
„Herr H., das wäre der schlechteste Witz des Jahrhunderts.“
„Doch ich bewundere Freddy Mercury um seine Stimme, wenn ich ehrlich bin.“
„Ja, ein ganz Heißer. Konnte nicht ausbleiben, daß ihn AIDS hinwegraffte. Ein Skelett, als er starb. Sie kennen ja wahrscheinlich die Fotos.“ (In between-Dialog in Mank)
„Hansel, du bist der letzte auf diesem Hof.“ „Hmhm. Dann wird er abgerissen. Nach mir.“ (Hansel, mein kranker Cousin)
„Wolfgang, du drehst mir einfach den Fernseher ab?“
„Ja, Sepp. Du rauchst dich draußen zu Tode und hier herinnen in der Stube läßt du während dessen dein Faschistenheimatkino weiterlaufen, sodaß ich gleich wie in der Gaskammer ersticke.“
„Sowas hätte ich anderswo nie gewagt. Hut ab!“ (Mit Cousin Sepp, dem Einsamen, am aufgelassenen Vierkanthof)
„Dieter, was ist los?“
„Ich habe seit Corona eine Reihe von schweren körperlichen Vorfällen erlitten. Ich weiß nicht, wo das hinführen soll. Die Ärzte sind alarmiert. Ich bin ein schwerer Symptomträger. Alles Leben ist Leiden.“
„Ich bin gerne an meinen Grenzen unterwegs. Nach oben hin gibt es immer noch etwas Luft.“ (Toni St.)
„Erst wenn ich bereits lange tot sein werde, wirst du verstehen, was dir das Schachspiel bedeutet, das ich dir an deinem 7.Geburtstag zu Weihnachten geschenkt habe. Das war das Jahr nach dem Tod meines Bruders Karl zu Heiligabend mit dem kleinen Mercedes mit Kabel, der damals nur 2 Tage hielt, als Geschenk. Der Vater bezweifelte, ob du am Schach Gefallen finden würdest, als ich in Linz auf der Landstraße im Spielgeschäft kurzentschlossen zugriff. Mir gefiel die Lackierung und die Einlegearbeit der Kassette. Ich sagte ihm, du wirst es dir selbst beibringen. Und war es nicht so? Dem Vater waren die Weihnachtseinkäufe immer eine Qual. Angeordneter Konsum war ihm zutiefst zuwider. Du kennst ihn ja.“ (Die Mutter vor wenigen Tagen, in einer wahrlich gänzlich anderen Dimension. Verwunderlich.)
„Das Böse ist der Tod.“
„Wie kannst du das sagen?“
„Weil ich es weiß. Ich spüre es, jetzt als alter Mann.“
„Jetzt…“
„Ja, genau jetzt. Denn jetzt, in diesem Moment, erkenne ich, daß das Böse genauso unnötig ist wie der Tod.“
„Das läßt mich an den Sündenfall im Paradies denken.“
„Ja, damit fing alles an. Die ganze unnötige Malaise. Alles auf Gottes Mist gewachsen. Die Schlange wie der Tod.“
„Macht dich das wütend, Padre?“
„Wütend und zornig und verzweifelt, wenn du’s genau wissen willst, Wolf.“ (León vom Felde)
„Herr Professor, warum haben es Ihnen die Briefe des Apostels Paulus dermaßen angetan?“
„Eine gute Frage. Ich bin an ihnen gewachsen. Die Briefe sind historisch das Fundament des Neuen Testaments. Dieses Fundament muß man auf Atomebene prüfen. Jedes kleinste Wort, vom Komma bis zum Punkt. Man muß sich genau vorstellen, in welcher Situation sich Paulus befand, als er selbst, er, höchst selbst, diese Briefe schrieb, unter anderem, wie er schon im Gefängnis saß in Rom und seiner Hinrichtung gewiß war. Die Briefe sind ein Vermächtnis, wie es höher und wertvoller nicht geht. An ihnen ist direkt ersichtlich, unmittelbar spürbar, daß er Christus begegnet ist. Dem Christus aus dem Himmel, der unmittelbaren Gegenwart. In diesem Moment wurde ihm mit dem sprichwörtlichen Schlag klar, was er verbrochen hatte. Das warf ihn nieder. Er wurde vom Zyniker und Mörder zum Märtyrer. Ein Lebens- und Weltenüberwinder, immer mit Jesus verbunden. Die Verständnistiefe Pauli ist durch und durch erstaunlich. Visionär, kann ich nur sagen. Die erste und wertvollste aller theologischen Reflexionen. Man kann nur staunen. Ein im Grunde einfacher Mann, der zum Weitwanderer wird und elaborierte Briefe tiefster Ekstase verfaßt. Alles rund um Paulus war in Feuer. Einem solchen Geistes-Teufel war der Wassertod von Anfang an verunmöglicht. Was Lukas an seiner Seite erlebt hat, hat dieser erst viel später begriffen. Da gingen dem Medizinstudenten viele Lichter auf, erst recht auch das mit Maria, die sich ihm anvertraute. Den Paulus soll man regelmäßig lesen, immer wieder.“ (AKWH, St.Josef zu Margarethen).
„Die Wandlungsworte machen sich zeitweise selbständig.“
„Herr Professor, es geht nicht nur Ihnen so.“
„Ja, ist mir bekannt.“
„Man kann nur „Ja“ sagen.“
„Ja, mit dem „Ja“ wächst man. Nur gut so. Aber ich glaube nicht an Verblödung.“
„Es ist etwas Anderes.“
„Hmhm.“ (derselbe)
„Sie haßten Ihren Vater, nicht wahr?“
„Ja, er war insgeheim ein Zyniker. Er hatte gewisse Fragen an den Himmel, und da er diese nicht beantwortet bekam, griff er zu stillen Vorwürfen. Da er aber, wie er bald bemerkte, seinem Gott in puncto Stille nicht das Wasser reichen konnte, griff er wie sein cholerischer Vater zuvor zu äffischen Worten, die er klarerweise gehört wissen wollte. Die Worte äußerte er gegenüber Menschen, wie denn sonst? Das war sein Akt gewollter Übertragung. Bezeugter Zynismus. Er meinte, Zynismus, in welcher Form auch immer, sei legitim, gewissermaßen als menschliche Selbstverteidigung gegenüber der scheinbaren Unausweichlichkeit des Todes. Deshalb hegte er für Satan eine gewisse Faszination. Das zumindest darf ich so formulieren. Eine Person, die im Angesicht Gottes nicht verstummt, sondern redet, und noch dazu gegen IHN redet, somit die ihm gegebene Freiheit nutzt, um sich gegen IHN zu stellen. Das hat den Vater fasziniert.“
„Der meine war ähnlich. Er war ein kapitaler Kriegsverbrecher. Er war überzeugter SS-Offizier. Er hätte auch uns umgebracht, wenn wir uns gegen ihn gestellt hätten. Ich war Widerstandskämpfer, mit 16. Hätten sie mich und meine Kumpels erwischt, hätten sie uns standrechtlich in Wien enthauptet, und mein Vater hätte mich, den Staatsverräter, laut und deutlich verleugnet, oder schlimmer, meine Geburtsurkunde vernichtet und mich ein für alle Male aus der Familienchronik gestrichen. Doch am Totenbett, im Alter, bat er mich um Verzeihung. Davon wußte die sonstige Familie nichts, und ich habe es auch nicht weiter erzählt. Es hätte niemand geglaubt und schon gar nicht verstanden. Da habe ich verstanden, wie Gott wirkt.“ (derselbe)
„… und Sie haben an Ihrem Institut und in Ihrer Lehre immer verstanden, wie weit das Verstehen auslangt, nicht wahr? Bei Studenten und Kollegen.“
„Und bei mir selbst. Mein Freund Fridolin Wipplinger ging mir dabei mit gutem Beispiel voran. Er besuchte Heidegger auch persönlich, Jahre nach mir. Das Verstehen ist nie abgeschlossen. Es ist wie ein Blick in den Kosmos.“
„Sie benutzten gern die Theatralik.“
„Aus gutem Grund. Ein Schauspieler treibt sich selbst voran. Halten Sie mich für einen solchen?“
„Ja. Einen ehrlichen. Einen, der die Dialektik der Anschauung begriffen hat und keine Skrupel mehr hegt, mit gutem Beispiel voranzugehen, ohne Kontrolle.“
„Danke. Sehr nett!“ (derselbe)
„Hubert, bist du einverstanden, wenn wir uns wiedersehen, ich meine, drüben?“
„Was für eine Frage! Und bitte, recht verstanden, wegen mir brauchst du dich nicht zu beeilen.“ (Monsignore Umberto di Castello, 2020)
„Onkel Bernhard, was ist eine Sünde?“
„Gute Frage. Ich weiß, warum du mir diese Frage stellst. Ich höre oft deine Mutter, mußt du wissen. Die Anni ist eine Herzensfrau. Ohne sie wäre der Karli nichts. Sünde ist, seine Sünden nicht zu beichten. So wie König David. Der ließ seinen Heerführer töten und nahm dessen Gattin, auf die er es abgesehen hatte, zur Frau. Du kennst die Geschichte. Die 12 Stämme Israels zerfielen daraufhin im Nu. Der Prophet Isai redete ihm ins Gewissen: „Du Narr! Du willst König sein und nennst dich gottesfürchtig? Sieh zu, daß dich JHWH nicht vor dem Abend zu Staub verwandelt und du hinweggefegt wirst!“ (Nochmals Prof.Bernhard Winkler)
„Bub, was willst du einmal werden?“
„Sportmediziner.“
„Wieso das? Sagst du das von dir, oder hat dir das dein Vater eingeredet?“
„Wenn ich ehrlich bin, Herr Firmberger, ich weiß überhaupt nicht, warum ich etwas sage.“
„Was hältst du von deinem Vater?“
„Viel zu viel, als daß ich davon zu sprechen beginnen könnte.“
„Das wird sich noch geben. Du kennst ihn wenigstens. Ich kenne den meinigen nicht.“ (K.F., +1970)
„Abendsonne, Oma.“
„Ja, Wolfi. Sie verlischt gleich. Der Vater ist auch verloschen. Und er meinte immer, die Welt gehört ihm.“
„Der Hans ist lebensunfähig.“
„Wieso, Florian?“
„Das weiß ich nicht. Es bestürzt mich nur.“
„Seid ihr nicht Freunde, Florian?“
„Doch! Aber gerade deswegen geht es mir so tief rein.“ (Dipl.Ing.F.H., 1972)
„Deine Mutter hatte verborgene Seiten, junger Mann. Ich weiß das als Friseur.“
„Ich weiß, was Sie meinen, Herr Strasser. Ich hab’s am eigenen Leib verspürt.“
„Ja, ich hab’s dir angesehen, diese Demütigung. Das hast du ihr nie verziehen, nicht?“
„Nein. Damals starb sie endgültig.“
„Und dennoch wird es dir nicht erspart bleiben, alles zu verstehen. Dann bin ich auch schon nicht mehr.“ (Heinz Strasser, 1967 + 1980)
„Deine Tante Resi hat am Sterbebett nach dir gefragt, Wolfi.“
„Und was habt ihr ihr gesagt?“
„Daß niemand weiß, wo du bist. Du schläfst wahrscheinlich im Ennserwald im Kukuruz, aber du würdest für sie beten, wenn du wüßtest, wie es um sie steht.“ (1982)
„Gratuliere zu Ihrer Rolle, Herr Qualtinger.“
„Keine Ursache. War meine letzte. Danach bin ich weg.“ (1986, Wien)
„Pater Pio schaut grimmig, doch das macht ihn nur sympathisch. Finden Sie nicht auch?“
„Ja, er hat bei Messen geflennt wie ein Weihwasserkessel. Er hatte Babywindel griffbereit zum Augenauswischen. Der Mann hat wirklich das Leiden Christi verstanden.“
„Finde ich gut, daß du das sagst. Deshalb brauchen wir ja gar nicht mehr weiterreden.“ (Ing.M.L., ca. 2017)
„Jetzt bin ich den Sockel hinuntergestürzt und habe mir die Sehne gerissen. Ich hasse mich!“
„Unkraut vergeht nicht, Delia, und die Sehne ist nicht gerissen.“
„Aber meine Geduld mit dir, du Verräter!“
„Die Rettung ist gleich da, Delia. Ich hab sie schon angerufen.“
„Welche Nummer?“
„144“
„Woher kennst du die? Egal. Welche Schande! Ich muß mir was Ordentliches anziehen. Ich kann nicht als stinkendes Schwein eingeliefert werden.“
„Delia, schmink dir das ab! Stell dir vor, du blutest wie ein Schwein. Dann könntest du dich auch nicht umziehen.“
„Wie kann ich nur auf diese Schnapsidee kommen und mich auf den unebenen Holzpflock hochstellen!? So blöd muß man einmal sein. Am liebsten würd ich mich selbst ohrfeigen.“
„Besser nicht.“
„Ja, besser nicht. Denn dann wäre ich wirklich verrückt, und diesen Triumph will ich dir nicht gönnen.“
(1994)
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Reden
„Dzogdchen ist die Essenz der buddhistischen Praxis. Ich kenne nur wenige, die von ihrem persönlichen Weg berichtet haben. Es ist ein Weg der Versenkung. Vielleicht könnte man es auch Überdenken nennen.“ „Muß ich bestätigen, Herr S.“
„Zazen und Christentum ergänzen sich ideal. Man richtet nur eben nicht den Blick nach Jerusalem, sondern nach Fernost.“ „Die Jesuiten hatten in Japan einen schweren Stand.“ „Ja, das nötigt allerhöchsten Respekt ab. Unbekannte, vergessene Märtyrer.“ „Und kein Papst reist nach Tokyo.“ „Hmhm…“ (AKWH)
„Das Ayahuascapublikum ist wahrhaftig bunt gemischt, Wolfgang. Doch eine Konstante läßt sich nicht löschen: die Verrückten sind in der Mehrzahl.“ „Liegt es nicht auch an den Scharlatanen, Toni?“ „Wohl, wohl. Aber lassen wir das, bitte. Es kommt ja sowieso nur auf die gute Medizin an. Wirklich gute Medizin. Die deine ist ja auch nur etwas für Küchenmäuse. Du verstehst mich.“ „Du mich auch.“ „Na freilich. Ich brauche nicht extra betonen, daß bei guter Medizin acht von zehn sofort krepieren. Die Lehrerinnen, die dem Schamanen zu Füßen liegen möchten.“ „…oder in die Psychose fallen.“ „Wie wir die gewissen Fälle kennen. Das ist das Netz der Lügen. Der weltweite Faschismus. Weißt du, daß sich Putin in Sibirien Schamanen hält, die ihn in ihre Zeremonien einbinden?“ „Nein, wußte ich nicht. Aber ich hätte es nicht a priori ausgeschlossen.“ „Ja. Die Medizin hält ihn gesund. Wenigstens das. Soweit man das sagen kann.“ (A.St.)
„Faschismus? Die weltweite Kampagne gegen das Rauchen.“ (H.Leupold Löwenthal)
„Herr Professor, Sie haben die Neuropsychologie mit Ihren späten Ayahuascaforschungen gewissermaßen revolutioniert. Warum solches nicht früher?“ „Es hat mir an Mut gefehlt, und im Grunde genommen meinte ich zuweilen, ich hätte mich heillos in einem Labyrinth verirrt. Die akademische Forschung ist und bleibt fragwürdig.“ (G.G.)
„Ihre Anwesenheit in diesem Landstrich flößt in mehrfacher Hinsicht Vertrauen ein, Dr.H. Der Geist, der hier schwebt, berührt jeden Besucher bereits am Eingang. Spätestens am Eingang. Ein Amerikaner wie ich riecht an einem Ort sofort, ob gewisse andere Herren, Landsleute, hier zu, sagen wir einmal: Erholungszwecken bereits zuvor abgestiegen sind. Das ist hier offenkundig.“ „Ja, Steve. Ein Veteran aus dem ersten Irakkrieg. Schreibtischtäter aus Philadelphia.“ „Wie lange blieb er?“ „Zehn Tage.“ „Der Arme.“ Mein Besucher summt wie ein Kolibri auf der Suche nach Nektar in der Luft herum. „Waren hier schon Herren aus dem Vatikan?“ Ich staune nicht schlecht. „Ja, eigentlich schon.“ „Und?“ „Auch nur zehn Tage.“ Breites Grinsen.
Ein paar Minuten später, wir sind bereits per „Du“ und sitzen mit hochgestemmten Beinen bei Tisch. Es ist immer noch nicht Mittag. Die Zeit scheint stillzustehen. „Wolfgang, ich muß es dir nicht auf die Nase binden, doch bei dir liegen die Dinge zum Glück anders, und außerdem möchte ich hier völlig frei und ungehindert durchatmen können. Also: Stört es dich, wenn ich dir sage, daß ich markiert bin?“ Seltsamerweise verstehe ich ihn augenblicklich, so als ob ich mit einer derartigen Frage gerechnet hätte. „Nein.“ „Kennst du sowas?“ „Ja.“ „Hmhm.“ Kurze Pause. „Bei mir ist es allerdings so, ich bin doppelt markiert.“ Ich weiß Bescheid. Nimmt nicht Wunder. Doch eine Neugierdsfrage muß erlaubt sein. „Wie schnell sind deine Leute im Notfall hier, Steve?“ „In fünf Minuten.“ „In fünf Minuten? Lange Zeit.“ „Kommt auf die Umstände an, Wolfgang. Manchmal sind fünf Minuten kurz, manchmal lang. Aber hier ist die Luft sauber. Das liegt an deiner Kirche. Freundlicher Schuppen. Kann ich in ihm schlafen?“
„Eine, sagen wir mal, therapeutische Frage: Diese Killer, ich meine die mexikanischen, wie kommen die zum Töten?“ „Das ist für die Buben Ehrensache. Mit 15 oder 16. Sie haben bereits keinen Vater mehr. Der Capo ist ihr Ziehvater. Ein mehrfacher Mörder als Vorbild.“ „Hast du eine Erklärung, warum der polnische Papst sosehr an Mexico hing?“ „Doch, sehr wohl. Er fühlte sich aufgerufen, in einen titanischen Kampf einzutreten. Wohl wegen der Jungfrau. Meine Mutter hatte mir, ich erinnere mich, als Kind versucht, das Wirken der Gottesmutter nahezubringen. Sie sprach von Tränen von Blut in der Basilika am Hochaltar, wenn ich mich recht erinnere. Ich meine die von Guadalajara.“ „Wie war deine Mutter, Steve?“ „Eine Urfrau. Meine geheime Göttin. Mein Vater wirkte neben ihr inexistent, wie ein blasser, farbloser, immer schon weißhaariger amerikanischer Zwerg, eine Art Spitzmaus. Ich habe nie endgültig verstanden, was sie an ihm fand und habe sie aus Trotz und innerem Konflikt auch nie danach gefragt.“
Sorgen
Immer klarer
„Die eigentlichen Geschehnisse sind direkte, menschliche, keine theoretischen und auch keine phantasierten. So wie bei Freud. Als er die Diagnose des Gaumenkrebses erfuhr, wußte er, das jetzt ist Realität. Das wird seine Todesstraße sein, die haßerfüllte. Da hatte er sich schon innerlich von seiner Frau getrennt.“