Don Agustín Rívas Vásqez aus Tamshiyacu
Don Agustín Rívas Vásqez aus Tamshiyacu

Unter den Medizinmännern Perus ist Agustín Rívas Vásqez aus Tamshiyacu wohl einer der bekanntesten, erst recht unter den Mischlingen, den sogenannten Mestizen. Der Ehrenmann wird heuer, 2025, 92 Jahre alt. Eine Biographie von ihm, „Magie des Amazonas“, aufgezeichnet von Jaya Bear, gibt Aufschluß über sein bewegtes Leben und gewährt erste Einblicke in die geheimnisvolle Welt des peruanischen Dschungels. Don Agustín fand Ende der 70er-Jahre, als er zum Curandero initiiert wurde, endgültig zu seinem Weg der Pflanzenmedizin.

Durch sein mehrjähriges Engagement in den Vereinigten Staaten wurde er schnell als Kenner der Ayahuasca-Praxis international bekannt. In Peru selbst war ihm durch seine Kontakte mit einer Reihe von Staatspräsidenten die Fama eines „Brujos“ (Hexers) gesichert, weshalb er in den vom Terrorismus geschüttelten 80er-Jahren ins Fadenkreuz des maoistischen „Leuchtenden Pfades“ geriet und nach eindeutigen Drohungen bzw. Ultimati aus Pucallpa, der Dschungelstadt am Río Ucayali, zurück in sein Dorf der Geburt, Tamshiyacu, unter Zurücklassung seiner Familie blitzartig flüchten mußte. Seit 1990 lebt und praktiziert der Meister in Yushintaita, seinem Dschungelparadies im Inneren des Dschungels, 75 Gehminuten vom Dorf entfernt. Er empfängt Gäste aus aller Welt, mit einem gewissen Überhang von Interessierten aus Europa, wo er über knapp 15 Jahre hinweg regelmäßig mit Konferenzen auftrat und kraft seines kultivierten Wesens und Charmes genügend Anhänger gewann.

Agustín war während seiner Zeit in Pucallpa Schüler von Don Ramón Sanchez, einem gefürchteten Brujo, zu dessen Schülern, neben Don Agustín, auch Alberto Villoldo zählte. Beide wurden mit einander in einer Ayahuasca-Zeremonie mit Schlüsselcharakter bekannt. Von Don Ramón wurde Agustín wegen seiner Fähigkeiten etwa 1994 in Yushintaita zum „Altomando Murallo“ graduiert, damals Stufe 4 auf der allgemein unter Curanderos bekannten 5-teiligen Leiter der Qualitätshierarchie. Zu den ungeteilt akklamierten Künsten des Meisters zählt ein unvergleichliches Talent für Musik und eine mit seinem Cousin Julio Iglesias geteilte Baritonstimme (Agustins Vater war Spanier und Bruder der Mutter von Julio Iglesias), mit der er seine Medizinlieder, sogenannte Icaros, in den Zeremonien vorträgt. Er spielt Mund-harmonika, Gitarre, Trommel, den Zwergenbogen, Maraccas und Chacapa. Sein Repertoire ist wohl eines der umfangreichsten in der gesamten peruanischen Szene. Im Verbund mit seiner bedeutend jüngeren Lebensgefährtin Marlene Soto gestaltet er regelmäßig unvergleichliche Ayahuasca-Nächte, die in den ersten Jahrzehnten zuweilen 6 Stunden dauern konnten und mit Individualheilungen, sogenannten Operationen am Tisch, gespickt waren. Auf Grund seiner Diätpraxis erweitert Don Agustín sein aus der Geistwelt ihm übertragenes Repertoire kontinuierlich. Als Medizinmann steht er mit Pflanzengeistern in engem Kontakt, ebenso wie mit Wesen aus dem Wasser, Yacurunas, den sogenannten Doktoren des Wassers.

Als Brujo zeigt der Herr bei Tag ein höchst irritierendes Verhalten, das es praktisch niemandem erlaubt, in Kontakt mit oder bei ihm den eigenen Gewohnheiten lasterhaft nachzugehen. Er unterbricht die Kontinuität des Besuchers, dessen Welterklärung, und dies mit allen Mitteln der Provokation und des Schocks. Dies führt zu einer Atmosphäre des Ungewissen, der Gefahr und des jederzeit ausbrechenden Chaos. Genährt wird dieses Ambiente durch die anwesenden Patienten, Menschen mit zum Teil schweren Krankheiten oder mentalen Störungen. Es ist allerdings festzuhalten, daß Don Agustín in den letzten 10 Jahren in Anbetracht seines Alters und der Zerbrechlichkeit vieler seiner Besucher an Gefährlichkeit nachgelassen hat. Seit 2006 bekleidet der Meister den höchsten Rang im peruanischen Curanderismo, „Banco Zumai Icaruna“. Die Initiation dazu fand während einer seiner Ayahuasca-Zeremonien am Ufer des Amazonas vor Zeugen statt. Kennzeichen des Banco ist seine Fähigkeit, sich in ein Tier seines Geschmacks zu verwandeln, Menschen auf Distanz zu heilen und mit der Geistwelt frei zu kommunizieren. Der Vollständigkeit halber sei zudem an dieser Stelle angeführt, daß Don Agustin vor seiner Berufung zum Medizinmann wohl der bekannteste Kunstschnitzer Perus war und als solcher von Dr.Helmut Schmidt, dem damaligen deutschen Bundeskanzler, mit dem er sich später befreundete, unter großer Anteilnahme der peruanischen Medien nach Deutschland eingeladen wurde. Im Zuge seiner unzähligen Ayahausca-Zeremonien traf er auf viele bedeutende Persönlichkeiten, auch aus dem Vatikan und dem Königshaus der Windsors. Die Wirkungsstätten Don Agustins im Dschungel, heute „Charápa Máma“, glichen immer einem Paradies, mit Geschmack und Sachverstand konzipiert und ausgeführt. Ihr ergebener Autor, meine Wenigkeit, arbeitet seit 1999 mit dem Meister zusammen. Die gemeinsam gefeierten Ayahuasca-Zeremonien sind Legende. Danke.

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