Ein wegweisender Kollege aus Gmunden, der in Wien gestrandet war, meinte einmal bei Tisch, "Zu diesem Mann kann und will ich nichts sagen". Er gebrauchte tatsächlich den Ausdruck "Mann", höflicherweise. Er meinte den König des Pops, den Mann, der bei den Reagans und bei George Bush zu Gast gewesen war. Den Mann, den alle kennen, und dem die hysterisierenden Groupies, die wohl nie aussterben werden, mit feuchten Augen zu Füßen lagen. Den Mann, der sich unter anderem so auffällig – warum, bleibt mir unbegreiflich – zwischen die Beine griff, – eine Unart, die auch nie aussterben wird und vor deren Versuchung selbst gewisse ins Alter kommende Frauen, die sich "Madonna" nennen, nicht gefeit zu sein scheinen.

Michael Jackson war wohl, wie viele schreiben, der Inbegriff des amerikanischen Showbusiness, ein Kunstprodukt durch und durch. Ein kalkuliertes Menschenopfer. Ein Mann, der keinen anderen Ausweg sah, als sich selbst zu opfern.

Mit der angehaupteten Vergewaltigung durch den Vater, der nie belangt wurde, nahm alles seinen Anfang. Und es endete mit der dezitierten Ausschließung des Vaters aus dem letzten Willen. Es muß damals begonnen haben, und es wirkte verheerend. Der Mann ging durch die Hölle und verstümmelte sich selbst. Er lebte in einer Welt der Triebtäter. Ein Freak, der von Hannibal Lecter besucht wird und der sich diesem zuliebe im Popper-Rausch mit einer Spiegelscherbe selbst das Gesicht zerschneidet. Ein Mann, der voll erglüht war, ein Gas-Brenner der blauen Art. Ein Mensch, dessen Zeit streng limitiert war. Ein Mensch, dem die Welt eine Hölle war, und der dieses Leiden auf ganz sublime Weise zur Schau stellte, wie ein Hilfsbedürftiger. Natürlich war Michael "Jacko" Jackson hilfsbedürftig, folgerichtig und zurecht. Erbarmungswürdig. Ja, man hätte sich seiner erbarmen und für ihn beten können. Nur wenige standen ihm bei: Liz Taylor, Lisa Maria Presley, und einige weniger Auffällige. Die weite Legion der anderen fiel wie Heuschrecken über ihn her. Sie hatten ihn bereits aufgefressen, so weit, daß es nicht zum Revival in Kalifornien kommen konnte.

Ein Mann, der im "Niemals-Land" lebte, einem Flecken von 12 km², dessen Marktwert nur durch die Anwesenheit seines Besitzers von 17 Millionen auf über 100 Millionen $ stieg. Ein Mann, der sich nur mit Gesichtsmaske zeigte und der den Tag in einem Sauerstoffzelt, von Visionen, Träumen, Phantasien und Inspiration heimgesucht, liegend verbrachte. Ein Freak, der es verstand, in seiner Brennschweißtemperatur eine Nation in televisionären Bann zu legen. Ein Mondgänger auf der Suche nach Befreiung. Ein Außeriridischer, der sich mitten in die Pause der Superbowl schießen läßt und dort 7 Minuten bewegungslos verharrt, ganz der Gegenentwurf zu der knochenbrechenden Barbarei auf dem Kriegsfeld. Doch niemand versteht die Absicht, die auf dieser Ikone liegt, und so heulen sie voller Tränen, bis er nach 7 Minuten mit seinem Tanz beginnt.

Ein Mann, der nicht altern wollte. Ein Vater, dessen Vaterschaft, wie könnte es anders sein, für drei Kinder ominös bleibt.

Er kleidete sich wie ein Freibeuter, bewegte sich wie ein Roboter auf einem Stahlseil, hielt einen Flammenwerfer in der Hand. Er sang vom Hinsterben des Planeten und spendete 500 Millionen. Sie übertrugen sein stilgerechtes Begräbnis weltweit. In den Slums von Lateinamerika plärrte noch für ein paar Wochen millionenfach die Gier der finalen Ausschlachtung, die Stimme eines toten Säuglings, dann war Ruhe. Und der King of the Pop, der die Tochter seines Vorgängers geheiratet hatte, ging in jene Welten hinüber, von denen er phantasiert hatte, von niemandem mehr erreichbar.

Michael Jackson, ein Unverstandener, den alle zu verstehen glaubten. Ein unvergeßbar geglaubter Wegbegleiter für viele Großgeworden, solange, bis der Krieg auch diesen aus dem kollektiven Gedächtnis tilgt.

"Nothing more to beat, no Sir?"

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