Ueber den Politiker Joerg Haider wird nichts Erschoepfendes zu sagen sein. Unleugbar waltet nunmehr die Pietaet des Geschehens. Es bleibt auch ausserhalb der Absicht, an diesem Sonntag.

An dieser Stelle, getreu dem Ethos unseres Unterfangens, geht es dem Schreiber um einen Nachruf, einen Nachruf an einen getriebenen Heros.

Er war getrieben. Wovon, das wissen wir nicht, wir ahnen es hoechstens, aber es war zeitlebens in sein Gesicht geschrieben, ein Gesicht, das der Sueffisanz nicht entbehrte. Er brachte stets ein nicht zu unterdrueckendes Grinsen mit schiefem Mundwinkel zustande, das ihn ins Abseits stellte. Er wollte im Abseits stehen und von dort dirigieren. Er hatte mit dem Abseits etwas im Sinne. Er war ein Machtmensch, einer, der ueber Leichen ging, kaltbluetig. Er verstiess ueber alle Jahre hinweg all seine Freunde und Zieheltern – und er nahm keinen aus -, wie aus einem Instinkt, und forderte bedingungslose Unterwerfung. Wo wurde dieser Instinkt nur geboren? Aus einer "Jugend ohne Gott", um die Worte Oedoen von Horvath’s zu gebrauchen?

Er war vom Tempo getrieben, von der Zeit. Sie bedeutete ihm scheinbar nichts, – oder alles. Er verfuegte ueber ueberdurchschnittliche Kraefte. Mit 45 lief er den Wien-Marathon. Es machte ihm scheinbar nichts aus, sich auf seinem Waehlerfang durch die haessliche Gumpendorferstrasse zu quaelen, die Neugierigen stets im Blick. Seine damals gestreute Saat geht heute in der Bundeshauptstadt wieder auf, mit Folgen, wir werden es noch sehen. Aber Wien wird brennen, wenn die kritische Temperatur ueberschritten ist, und der Kollaps der oeffentlichen Ordnung wird das Gesicht der Stadt innert zwei Tagen veraendern.

In Wien hinterliess der Bad Goiserer seine naechtlichen Spuren der Verworfenheit, als sei er ein Findelkind. Die Stadt muss ihm ein Graeuel gewesen sein. So zog er nach Kaernten und wurde der lokale Heros. Er machte es allen Waehlern recht und wurde so zum Inbegriff der Umgaenglichkeit, eben "der Joergl". Ein Landesvater, dem sie alle huldigten. Beinahe alle.

Er war unser aller Heros, der Antiheld, der Nasenbaer. Wir spielten mit ihm, trotz all seiner Eskapaden. Er war die Verkoerperung unserer eigenen Verworfenheit. Er strapazierte sich bis auf’s Letzte. Woran wohl glaubte er wirklich? Er war paranoid und sterilisierte seine Umgebung. Aber er paralysierte sie auch, bis zuletzt. Noch bei der hastig anberaumten Gedenkfeier des Kaerntner Landtages im sogenannten Spiegelsaal starren alle minutenlang auf die verspiegelte Eingangstuer, durch die er stets notorisch verspaetet hereinzuschweben pflegte, der selbstherrliche Fuerst, den alle insgeheim fuerchteten. Wie seine Vorbilder, die ihre Umgebung zum Zittern brachten.

Bereits im vorigen "Jahrhundert" ueberlebte er einen fatalen Verkehrsunfall aus zu schnellem Fahren wie von Gottes Hand nur mit einer Kopfbeule. Vielleicht zog er daraus falsche Schluesse. Im Jahr 2000 wurde er in Kaernten mit Wolfgang Schuessel, dem spaeteren Kanzler und Koalitionspartner, im Ferrari gesichtet, beide grinsen in die Kamera. Spaeter schlossen sie den geheimen Teufels-Pakt und traten an die Oeffentlichkeit. Den Mann damals an der Seite des oesterreichischen Bundeskanzlers sitzen zu sehen, war fuer die breite internationale Oeffentlichkeit ein Schock. Fuer treuherzige Patrioten wie den Bundespraesidenten ebenso.

Aber er betrieb weiter seine Politik der verbrannten Erde und spaltete im steirischen Knittelfeld seine eigene Partei. Niemand haette das geweissagt. Als haette er sein eigenes Kind umbringen wollen. Er zog sich in sein Kaerntner Baerental zurueck, dorthin, wo er praktisch vor der Haustuere der vielgeschmaehten Slowenen ungehindert wueten durfte. Nicht einmal aus Urteilen des obersten Gerichtshofes machte er sich etwas. Er scherte sich einen Teufel darum und verbot zweisprachige Ortstafeln. Seine Kaerntner duldeten es. Es war ja gegen einen "Erzfeind" gerichtet, der vielleicht zur Okkupierung ruestete.

Nach dem duepierenden Wahlerfolg des 28.September (nur 14 Tage ist es her!), den er gemeinsam mit seiner Frau in pechschwarzer Kaerntner Tracht startete, rechneten viele mit einem Phoenix-Flug. Waere er so zahm und heimatverbunden geblieben wie auf den Wahlplakaten, ein 58-Jaehriger am Mosttisch und auf den Kornfeldern, er haette es wahrscheinlich innerhalb weniger Jahre, vielleicht sogar nur Monaten, geschafft, das Land in ein Erdbeben zu fuehren.

Aber dem war etwas vor. Das Verhaengnis des Janus. Und so ist es Zeit, in Andacht zu meditieren.

"Wem die Stunde schlaegt, er mag sie nicht wenden", sagt Doña Betzabe. "Vor Gott zaehlt das Bitten nicht, wenn er dich ruft".

"So schnell kann es gehen", sagt Anna, die das Rad anhalten will.

Joerg Haider, Kaerntner Landeshauptmann, besteigt betrunken seinen brandneuen VW-Phaeton, schwarz, allradgetrieben, und jagt nach Mitternacht von Velden am Woerthersee durch Klagenfurt hindurch nach Hause, in "sein Baerental", wie es in ganz Oesterreich immer hiess. Noch im Ortsgebiet, in einer Zone mit 70 km/h-Berschraenkung, steht die Tachonadel seines Geschosses auf ueber 150. Blanker haarstraeubender Irrsinn. Hundert Meter weiter voran wird Tempolimit 50 gefordert. Er ueberholt eine naechtliche Fahrerin, die ihren Augen wohl nicht getraut haben wird. Der schwarze Landesfuerst ist unterwegs. Seine letzten Sekunden haben geschlagen. Er verliert die Kontrolle ueber den Boliden, geraet vom Bankett, rasiert eine Ortstafel weg und prallt seitlich gegen einen Gartenbetonpfeiler, die Tachonadel bleibt bei 142 stehen. Dann ueberschlaegt sich das Gefaehrt in hohem Bogen rasend. Der Mann ist auf der Stelle tot, multiple toedliche Verletzungen, wie die Obduktion ergibt.

Der herbeigerufene Notarztwagen liefert das zu erwartende Schauspiel rund um eine Leiche mit Namen. Man haette alles getan, um sein Leben zu retten, sagen sie, doch er sei waehrend des Transportes verstorben.

Derweilen schwebte der Geist des Mannes ueber dem Schauplatz. Und er sah die Laeuterung, wie sie auf ihn zukam.

So wie auf uns alle, wenn es soweit ist, ohne Widerruf, und der Wahnsinn ein Ende hat.

"Er war bekennender Christ", attestiert ihm der Kaerntner Dioezesanbischof bei der ueberquellenden Totenmesse. Auch dieses Wort wird ein anderer messen.

0 Antworten

  1. "Durch eines wird alles erkannt.

    Durch eines wird auch alles gesehen."

    (Buddha)

    "Wenn du deine falsche Vorstellung von dir selbst genau erkannt hast,

    solltest du dies geistig auf alle Phaenomene anwenden.

    Alle Phaenomene sind voellig leer

    von einer ihnen innewohnenden Existenz, wie der Raum.

    Durch eines wird alles erkannt.

    Durch eines wird auch alles gesehen."

    (Buddha)

    "Eine Person ist nicht Erde, nicht Wasser,

    nicht Feuer, nicht Wind, nicht Raum,

    nicht Bewusstsein, und nicht alle diese zusammen.

    Welche Person gibt es, anders als diese?

    Eine Person besteht nicht wirklich aus sich selbst heraus,

    da sie abhaengig entsteht aus der Ansammlung der sechs konstituierenden Bestandteile.

    Genauso existiert jeder einzelne dieser konstituierenden Bestandteile nicht wirklich aus sich selbst heraus,

    da sie alle ebenfalls wiederum in Abhaengigkeit von einer Ansammlung konstituierender Elemente gebildet werden."

    (Nagarjuna, Kostbarer Kranz an Ratschlaegen)

    In den letzten Sekunden des Mannes, der den Namen Joerg Haider trug, entschied sich sein Schicksal als Mensch.

    Vielleicht erkannte er, umnaechtigter, alkoholgetraenkter Geist, nicht einmal in den letzten Sekunden, dass er nun sterben wuerde.

    Oder er erkannte es, doch wusste nicht, was es bedeutet.

    In dem Moment, als er an der naechtlichen einheimischen Frau und deren Auto vorbeifuhr, ein rasender Getriebener (sosehr rasend und getrieben, dass einem unweigerlich die Phrase "Auf dem Weg zur Hoelle" in den Sinn steigt), der sich unverwundbar glaubte, entschied sich sein Schicksal.

    Kannte er es? Hatte er das im Sinn?

    Doch nicht im Sinn hatte er dieses Profane. Oder kannte er es bereits, aus dem Unfall im BMW in den 90er-Jahren? Kannte er dieses "Die- Kontrolle-ueber-den-Boliden-Verlieren" und zu hoffen (glauben), nichts wuerde passieren?

    Ein Mann rast mit einem Luxusauto, dem sein ganzer Stolz gilt, auf einer Dorfstrasse mit 150 km/h in den Tod. Reiner Wahnsinn, der einen Landersfuersten demaskiert. Und niemand derer, die ihm zu Fuessen lagen, kann es glauben, dass er dermassen wahnsinnig und ueberheblich war, dass ihm sein Leben und seine Familie dermassen wenig bedeuteten. Er prallt seitlich auf den verkleideten, unsichtbaren Betonpfosten eines Gartenzauns eines Kaerntners, nicht eines Landsmannes. Dieser Anprall mag ihm vielleicht bereits das Genick gebrochen haben.

    Doch dann ueberschlaegt sich das rasende Gefaehrt wie ein metallener, toll gewordener Spielball waehrend vielleicht 4 Sekunden, die Kraefte trennen ihm einen Arm ab, zertruemmern den Schaedel, zerbrechen das Rueckgrat.

    Ein bereits blutueberstroemter Leichnam faellt vom Himmel, kommt zum Stillstand, und damit bricht die Realitaet, die einzige Realitaet, wie eine gigantische Meereswoge ueber das traeumende Land herein.

    In diesen letzten 4 Sekunden wirkten Physik und Metaphysik gemeinsam.

    Der Mann sah die Wahrheit, die einzige Wahrheit in seinem Leben.

    Er sah, dass der einzige Moment von Gewicht, der einzige Moment von Bedeutung gekommen war. Er sah es mit einem anderen Auge, einem entkoerperten. Er entschwebte, bewusst, entmenschlicht, weltueberhoben.

    Er erkannte alles und sah alles.

    Und seine Treuen, die, die ihm auf’s Wort gehorcht hatten, die, die ihm zu Fuessen gelegen hatten, die, die sich an seiner statt die Haende schmutzig gemacht hatten, sie alle spuerten, nein, sie wussten es, dass die wahre Autoritaet, die ganz andere, gesprochen hatte.

    Und das liess alle verstummen, auch wenn sie meinten, stammeln und weinen und trotzig mit den Beinen aufstampfen zu muessen. Denn eines wurde in diesen dramatischen Tagen jedem, aber wirklich jedem, bitter klar: Auf jeden von uns richtet sich einmal das Auge.

  2. Mein zerrissenes Oesterreich

    Oesterreich, mein Geburtsland. Meine ehemalige Heimat, um die ich mich heute noch sorge, mehr als um alles Andere, die Familie und den Urwald einmal ausgenommen.

    Oesterreich, Europas Herz, wie die Bundeshymne in der zweiten Strophe es faelschlicherweise tituliert. Das Herz Europas ist Polen, geographisch. Karol Wojtyla hatte vollkommen recht, da einmal eine Korrektur zugunsten seiner Heimat, der unbekannten und missverstandenen, anzubringen. Polen, Retterin des Abendlandes vor den Osmanen.

    Oesterreich, ein gequaeltes Land. Die Oesterreicher, ein geknebeltes, geschlagenes Volk. Ein Volk, systematisch in die Perversion getrieben. Das Volk der Duckmaeuser und Mitlaeufer. Das Volk der Faschisten, die Stuetzer der SS.

    Peter Handke kann ein Lied davon singen, wie sie in Frankreich von uns denken. Aber wer von den Oesterreichern macht schon Urlaub in Frankreich oder findet es wert, dort zu leben? "Mon Dieu", rufen die Pariser aus, "sag bloss, du bist Oesterreicher!" Was hat nicht Thomas Bernhard, dieser grosse, einzigartige, unvergessene Dichter gelitten an diesem Land, und wohl auch Ingeborg Bachmann, die aus Rom schon gar nicht mehr zurueckkehren wollte. Aber was taten die unbarmherzigen Stadtvaeter von Klagenfurt? Na erst recht brauchten sie der Bachmann Leichnam zum Aufputz ihres Friedhofs. Diese identitaetslosen Kaerntner. Und wir, heute, wir bleiben in den Augen jener benachbarten Nation, die den Inbegriff der Borniertheit darstellt, auf ewig die "Oessis", die Bewohner der "Ostmark". Schulbuben, die man auf dem Spielfeld abklopfen kann, wie es die Tageslaune will, und die man auf der Autobahn auf die dritte Spur weghupt, wenn WIR kommen. Das haben wir alles nur uns selbst zu verdanken. Unserer Rueckgratlosigkeit und dem zum Haare zerraufenden Missbrauch der gemeinsamen deutschen Sprache. Diesem Missbrauch, wie er uns eklatant aus dem "Hohen Haus" (aber nicht nur von dort; siehe die von deutscher Hand gelenkte und an bornierter Primitivitaet nicht zu ueberbietende Boulevardpresse) entgegenschreit und wofuer sich jede Staatsbuergerschafts-Exkursionsklasse – vielleicht gar unter einer Deutschlehrerin – nur schaemen kann, abgesehen davon, dass die Jugendlichen einen halbleeren Plenarsaal vorfinden. Bereits dort findet massive Desillusionierung statt. Ein Parlament mit nicht wenigen feisten Bonvivants und Packerl- plus Mehrfachpostenwirtschaftern, die nicht den mindesten Anstand von Benehmen kennen. Nein, nicht den mindesten Anstand. Vielmehr gewinnt man den Eidruck, sie wollten den politischen Gegner bei der naechstbesten Gelegenheit wieder vergasen oder beschiessen, so wie 1934, als wir in ein paar Staedten Buergerkrieg hatten. Dieses ewige Lagerdenken, mit dem wir seit 55 Jahren grossgezogen werden.

    Kaum bewerben wir uns irgendwo, werden wir von einem Herrn in Brille und Krawatte unverbluemt gefragt, "… und wie, Frau Magister Rosenkranz, ist Ihre politische Einstellung?" "Ja, wissen Sie, Herr Doktor Magenschab, ich bin vom Scheitel bis zur Sohle auf KPOE eingestellt. Ich bewundere Elfriede Jellinek und Alfred Hrdlicka." "Schaemen Sie sich nicht, Frau Rosenkranz, so zu reden?" "Nein, Herr Magenschab, mein Grossvater starb bereits 1938 in Dachau, und wenn Sie mich weiter befragen wollen, werde ich wohl meinen Schwager anrufen muessen. Er ist Neapolitaner und ist einer der wenigen, die noch ein Verständnis von Ehre unterhalten." "Na ja, Frau Rosenkranz, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten, aber ich habe das Gefuehl, wir werden nicht zusammen kommen." "Ehrlich gesagt, moechte ich auch nicht", antwortet couragiert Frau Rosenkranz.

    Oesterreich, das Land der Packler. Jener Packler, die das Land ruiniert haben. Das Land der politischen Privilegienreiter: Bundebahn, Post, VOEST-Alpine, Sozialversicherungen, Lehrer, Kommunalbedienstete, Bundeswirtschaftskammer, Gewerkschaften, Bauern, Regierungsbeamte. Und so weiter und so fort bis zum Sankt Nimmerleinstag.

    Das Land, das nur von einem Traum lebt: So frueh als moeglich in die Pension. Wer die Pension bezahlt, ist mir egal. Der Stehsatz: "Ich bin doch nicht bloed und schenk dem Staat auch nur einen einzigen Tag meines Lebens." Das Land der Hochstapler und Mieselsuechtigen, der Invalidenrentner mit 30. Das Land, in dem all jene, die nicht organisiert sind, mit einem Federstrich ruiniert werden. Das Land der Betriebsratskaiser, die nichts Anderes gelernt haben als sich wie die Maden im Speck durchzufretten. Das Leben in Pomp auf Pump. Das Land der Perversitaet, angesteckt vom pornographischen Nachbarn im Nordwesten. Maenner mit Geheimverliessen im Keller.

    Ein Land der Sodomie, zumindest gilt es fuer diese, dem Provinzler schreckenerregende, Stadt an der Donau, nur einen Katzensprung von Bratislava entfernt.

    Das Land, in welchem Volksverhetzer oeffentlichen Faschismus praktizieren duerfen. Volksverhetzer, die sich neben dem "Steffl" in Positur werfen und ein Kreuz hochhalten duerfen. Das Land, in welchem der bisexuelle Oberteufel (das Volk wollte DAS, diese Perversion nicht wahrhaben), der die Nation, in die er geboren wurde und die er gleich zu Beginn eine "ideologische Mißgeburt" nannte (vielleicht verstand er sich insgeheim selbst so), nur aufs Nachhaltigste ruinieren wollte, bevor er daran ging, sich im finstersten aller Gemuetszustaende selbst aus dem Leben zu katapultieren, aus einem Leben, das ihn einfach nur anekelte, dieser Oberteufel fand es sogar zumutbar, im Spaetsommer auf den Zentralfriedhof zu gehen und dort die Totenrede fuer den unerwartet fruehverstorbenen Wiener Parteiobmann (er hiess Peter Pawkovic) zu halten, so wie er auch keine Scheu hatte, an einer vom Fernsehen gefilmten Bergmesse teilzunehmen. Und dessen Nachfolger, eine Ausgeburt an Unverfrorenheit, der den verrueckten Discogroupies mit Filzstift das Autogramm auf den Busen kritzelt, dieser Kerl, der Bundeskanzler sei will (er wird es nie und nimmer), er wuenscht sich am liebsten eine Generalvergasung aller Tuerken in Oesterreich. Fuer diesen Kerl, ich bin mir ziemlich sicher, war Srebrenica eine Notloesung. Die Serben, die er neuerdings hofiert, mussten eben handeln angesichts dieser "Bedrohung". Ja, und dieser Kerl, dem es am gewissen Effeff mangelt, er vernadert in Graz bei der Abschlusswahlveranstaltung das Volk der Andersdenkenden, denn "Liebe deinen Nachsten", wie er es ohne jeden Genierer propagierte, gilt ja nur in dem Sinne, dass ich bestimmen kann, wer mein Naechster ist, sprich, jener, dem ich mich zuwende. "Und Ihr, Ihr pfeifenden Unruhestifter in der letzten Reihe, haltet eure Gosche!"

    Oesterreich, das versulzte Land. Die Heimat, die jene, die sie lieben, leiden laesst. Aber eins moechte ich zu aller Gerchtigkeit doch anbringen: Ein dreifaches "Hipphipp Hurra!" fuer unseren Budespraesidenten, den allseits beliebten Dr.Heinz Fischer. Wie er Evo Morales bewirtete, war allerfeinste Sahne. Und der arme Bolivianer sass 10 Stunden in Schwechat fest (und hatte allen Grund, zuhause, in La Paz – das heisst auf Deutsch "Der Friede" – bei einer fulminanten spontanen Volksversammlung zu erzaehlen, "Liebe Landsleute, in Hinkunft braucht ihr euch nicht mehr "Drittweltland" schimpfen lassen! Ich komme gerade aus der Dritten Welt. Ruehmliche Ausnahme: Die Oesterreicher. Sie haben mich landen lassen, und der Wiener Kaffee kommt gleich nach dem bolivianischen"). Das hielte nicht eimal der sitzfleischabgehaertetste Parlamentarier aus. Da muss zwischendurch mal ein Paar Debreziner im Saft mit "an Seiterl" her.

    Ich weiss, was ich an meiner alten Heimat habe. Auch wenn sie mir zu verstehen gab, "Wir brauchen Dich nicht mehr…", ich habe mich zu ihr umgedreht, und immer noch wende ich mich ihr zu. Ohne Traenen und ohne Bedauern. Vielleicht hat der "Himmelvater", wie man in meiner Kindheit die oberste Autoritaet oft ganz unschuldig nannte, seine Haende doch noch weit mehr in unserer geliebten Heimat Geschick inne, als wir es fuer moeglich halten. Jenseits allen Blutes und aller Traenen. "GRUESS GOTT! Habe d´Ehre!"

  3. Meine Heimat, das Land der Träumer

    (29.September, Tag der Nationalratswahlen)

    Abseits der Politik (auch wenn alles, wie manche Kluge behaupten, Politik ist; nein, das glaube ich nicht. Nicht alles ist Pollis. Nicht alles Sozietät. Es gibt Einblendungen des Jenseits. Einblendungen zur Genüge, praktisch mit jedem Sterbenden, und bisweilen bereits zuvor, in nicht alltäglichen Bewußtseinszuständen, dann, wenn uns die Übermacht gemahnend überfällt) haben wir vor uns und noch mehr (glücklicherweise) IN uns das andere Österreich, das Österreich auf das wir, die hier Geborenen, stolz sind. Das Land der Künstler, dieser, wie mir scheint, außerordentlichen, dieser Marksteine der Geisteslandschaft. Ich denke an die Dichter, die Maler, die Architekten, die Erfinder. Die Theater- und Filmregisseure, die Schauspieler. Die Lebens- und Performance-Künstler. Österreich "sandelt" nicht, wie es der mieselsüchtige Christoph Leitl in einem Rülpser des Unwohlseins aushustete, nein, es wird getragen von denen, die eigentlich nichts zu lachen haben. Den Hungerleidern auf den kalten Winterstrassen, die in den Gruften und Sandkisten, die in den abgestellten Waggons der ÖBB, die, die irgendwo im Gestrüpp liegen und dort ihre Notdurft verrichten, jene Armen, die mehr und mehr werden, die sich aber öffentlich nicht zeigen dürfen, weil die blauen Kettenhunde in Uniform das als Störung des öffentlichen Bildes nicht durchgehen lassen wollen, ja, das ist Österreich, das Land der armen, der einfachen, der redlichen Menschen, die irgendwann früh bereits hingefallen sind und die nie mehr richtig hoch kamen. Es ist das Land der Kirchgeher und jener, die nichts dabei finden, jeden Tag um 3.30 Uhr aufzustehen, weil sie zur Schichtarbeit müssen. Früher gingen diese Leute aus dem Mühlviertel noch fünf Kilometer bis zur Busstation oder fuhren 25 Kilometer mit dem Rad. Das Österreich, das ich meine, ich jenes der Friedhofsweibleins (so wie jene im serbischen Petrovaradin neben Novi Sad, die die Gräber der unbekannten Deutschen pflegen), die da auf unbekannten Gräbern auf Knien herumkriechen und ausjäten, gießen und Stiefmütterchen einsetzen; das Österreich der Wallfahrer, der Berggemsen, der Morgenmessengeher, der Landschafts- und Geschichtsbewahrer; derjenigen, die sich an die Altvorderen unvergeßlich erinnern, an die Hörbigers, an die Wessely, an Ernst Fuchs, ach Gott, ich will gar nicht anfangen.

    Österreich, das mehrere Nationalhymnen kennt, doch der beliebteste bleibt wohl der von Reinhard Fendrich, den die AUA eine Zeitlang beim Landeanflug auf Schwechat immer gern einspielte, "I am from Austria". Und wenn wir nur einmal bei Fendrich bleiben: Der natürlich für das Video am Glockner stand. Soviel mußten seine Wadln hergeben, wie wir hierzulande sagen.

    Das Land mit Geschichte. Blutige Schlachten, gerechte Schlachten. Und ungerechten. Das Land, das den Osmanen die Stirn bot, das Land, das von diesem absurden französischen Völkervernichter und dessen Kavallerie überrannte wurde. Das Land, das unter Maria Theresia, der gutmütigen, sich wegen nichts und wieder nichts in einen Krieg mit den Preussen treiben ließ, aber erst der steinalte Kaiser, die Majestät von Gottes Gnaden, Franz Josef der Erste, in eine Völkervernichtung (und es war nichts Anderes) wegen eines Doppelattentates in Sarajewo. Und die heroischen Tiroler, die zu den stolzesten einmal gehörten, boten den Bayern und Franzosen die Stirn.

    Dieses Land der sieben Zwerge hinter den sieben Bergen mit seinen eigentlich 10 Bundesländern, wenn wir das pittoresk-abenteuerliche Osttirol einmal gesondern zählen wollen; dem Südtirol und die Südsteiermark in den Wirren der Geschichte abhanden kamen. Das Land am Balkan, ja im Balkan. Ach, wie mag ich den Balkan mit seinem Vieh- und Marktleben mitten auf der lehmigen Dorfstrasse. Dem Ziegen- und Schafsfleisch, das sie so gerne braten, bis nach Wien.

    Das Land der Geschichte. Der bebilderten Geschichte. Das Land aus Millionen und abermillionen Eindrücken. Das Land des Lebens, der Hellseher, der Raunzer, der Schlawiner. Ein Land, das niemals Deutschland werden wird und für dessen Okkupierung sich die Deutschen heute noch schämen, denn der Braunauer, dieser Mörder in Hampelmanngestalt, er wollte zuerst mal nur das Gold der Nationalbank. Die Deutschen, die sich auf unseren Autobahnen unwohl fühlen, weil alle brav ihren 130er fahren, und die sich in ihrer moralischen Hilflosigkeit nicht anders zu helfen wissen als dumme Witze zu reißen über dieses Volk der so seltsam anders Tickenden. Ja, wir ticken anders, das ist gut so und das Schöne. Wie bei einem Schachturnier. Nach einer Weile ticken alle Schachuhren im Gleichklang. Und alle verfallen ins Träumen. Sie starren aufs Brett, aber denken an was Anderes. Woran dachten die alten Größen der Monarchie? Carl Schlechter (starb den Kältetod am Bahnhof von Budapest), Wilhelm Steinitz (Hirnschlag in einer New Yorker Irrenanstalt), Karl May (sprach eine Woche vor seinem Tod vor einem überfüllten Konzerthaus über die würdevolle Zukunft des Menschen)?

    Woran denkt der stilvolle André Heller? Woran dachte die wortgewaltige Ingeborg Bachmann Minuten, bevor sie mit der Zigarette in der Hand im Bett einschlief? Woran dachte der Henker von Wien, der mit der Seidenschlinge? Woran dachte der mutige Prinz Eugen, als er hinausritt aus Wien? Woran dachte der gottbegnadete Mozart, als er wußte, er würde jetzt sterben? Woran dachten Ernst Waldbrunn und Karl Farkacs, die beiden Conférenciers? Und woran dachte der traurige Ludwig Hirsch, als er im Wilhelminenspital das Fenster öffnete und hinaussprang? Tote über Tote, und sie bleiben immer hier, noch in Millionen Jahren. Vielleicht. Doch ihr Geist, wie Agustin zu reden pflegt (nicht der liebe Augustin, aber auch ein lieber, vor allem ein weiser, weitgereister Agustín), wo wohl geht ihr Geist hin, und von wo wohl kommen all die Geister, all die Engel, all die Heiligen, wenn sie uns besuchen, bei Tag und bei Nacht, von wo wohl kommt der Heiland, wenn er dem braven, armen, fröhlichen, dem lieben Augustin die letzte Ölung spendet, bevor sie ihn, so wie alle Namenlosen, hinauskarren auf den Zentralfriedhof?

    Oder wenn einer, ein ebenso braver, beschließt: "Ich sterbe in Neuseeland, und da ist mir der Herrgott vor." Ein Mann mit Namen Friedensreich Hundertwasser. Und wir könnten noch bis morgen so weiterreden, und wahrscheinlich wird es auch nötig sein, doch jetzt, jetzt gemma amoi auf an Kaffee und daun schaumma uns aun, wos d’Woin brocht hom. Hob d’Ehre!"

  4. Die Wahlen sind geschlagen. Doch was jetzt?

    Über das österreichische Wahlresultat zu schreiben, sei erlaubt. Vielleicht kann man es ein Glück nennen, in einem kleinen Land zu leben. Die Hoffnung, ein kleineres Schiff einfacher durch Stürme bugsieren zu können, zerrinnt nicht so schnell wie im Land der Giganten und Diktaturen.

    Wer gestern die Konferenz der Parteiverantwortlichen im Fernsehen mitverfolgen konnte, bekam ungeschminkt einen Lagebericht zur österreichischen Nation geliefert.

    Der Bundeskanzler hat immerhin eine Stärke, so wie all seine Vorgänger zuvor. Sie sagen bereits am Wahlabend nein zu den Faschisten. Das nenne ich Rückgrat, bei aller sonstiger Farblosigkeit.

    Der Chef der ÖVP: eine aufgesetzte Plastiksprechpuppe.

    Der Klubchef der Roten: jenseits der 60, ausgelaugt, und immer noch bereit, sofort polemisch zu werden. Außerdem ein Dreinplapperer. "Das stimmt nicht!" Er thematisiert sein Dreinreden nicht. Doch wenn er meint, ihm sitzen Lügner gegenüber, dann möge er das klar aussprechen.

    Der Blaue ein Möchtegernmörder, der den Bundeskanzler mitten im Parlament einen Lügenkanzler nannte. Stelle man sich das in Berlin vor.

    Die grüne Chefin: ausgelaugt vom Wahlkampf, hypergeschminkt, aber seriös. Sie hat Stil.

    Der Milliardär, eine Peinlichkeit noch und nöcher. Ein unzurechnungsfähiger Revanchist, der die Politik mit Mafiamethoden zu knebeln versucht. Dem es an der Machtdemonstration seines Geldes gelegen ist. Dem daran gelegen ist, den Österreichern vor Augen zu führen, wie ihre Politiker, die Politiker des Faschismus (und nicht nur sie), käuflich sind. Wir wissen nicht, ob er tatsächlich ins Parlament einzieht. Ich glaube es nicht. Ein Multimilliardär mit dubiosem Vermögen in den hinteren Reihen und nicht, wie der Schwerverbrecher Berlusconi, der Italien aus Ressentimentgründen (Allmachtsphantasien der allerschlimmsten Art, so wie sein Freund, der Zar im Kreml) in den Abgrund stürzen will, auf der Regierungsbank. Ein Mann, der meint, er lebe ewig. Einer, dem der eigene Klub Wahlkampfgeld auf Kredit schuldet. Einer, der auf internationalem Parkett seine dubiosen Geschäfte "zum Wohl der Menschheit", wie er ungeniert in der TV-Runde einschleust, abwickelt, mit seinem Privatjet wie Bill Clinton und Arnold Schwarzenegger. (Wußten Sie, daß der Leibnitzer schon wieder eine Blut- und Gewaltorgie gedreht hat? Diesen Leuten, so wie Sylvester Stallone, ist nichts zu peinlich.) Was, wenn er in den kommenden fünf Jahren verbleicht? Das vorprogrammierte Desaster, so wie bei Haider.

    Der neu ins Parlament einziehende Liberale, der einen Ausblick auf 2045 wagt, um sein Engagement für Europa griffig zu unterstreichen. Aber immerhin, ein gutmeinender Hansdampf für Wähler, der andere mit seiner Vitalität anstecken kann.

    Es kann einem schon angst und bange werden bei diesem Schmierentheater. Sie nehmen sich das Recht heraus, an jeder Bushaltestelle, in allen Straßenzügen – und das in Serie, von Partei Küssermund über Auge Bleibtreu bis zu Busen- und Gänseblümchenfan – Maulaffen überlebensgroß feilzubieten. "Wähler, du hast uns gefälligst zu wählen. Wir machen das Geschäft, wir sind die Staatslenker. Knie nieder vor uns!"

    Und das mit unseren Geldern. So wie sie ihr Bezugssystem intern beschließen, anstatt diesen Job z.B. an die Parlamentspräsidentin, die todkranke, auszulagern.

    Frau Prammer, verlieren Sie nicht die Hoffnung! Kämpfen Sie! Sagen Sie der Politik "Adieu!" Lassen Sie sich nicht krank machen!

    War es denn jemals anders? In den 57 Jahren seit unserer neugewonnenen Unabhängigkeit haben die Regierungen 53 Jahres-Staatshaushaltsdefizite und tausende von verblichenen Wichtigtuern, die sich gegenseitig spinnefeind waren, produziert. Nur vier Jahresergebnisse waren positiv. Mit anderen Worten, unsere staatslenkenden Politiker sind nicht fähig, das hart erarbeitete Volksvermögen zusammenzuhalten oder gar gewinnbringend zu vermehren. All das, was uns vor- und aufgeführt, was uns hingestellt wird, sind Potemkinsche Dörfer, Filmkulissen, – im besten Fall, doch mit den Kriminalstücken in Kärnten können wir nur sagen, es ist Selbstmord. Krieg auf dem Finanzsektor. Und wer löffelt die Suppe der Hypo Alpe Adria aus? Doch wohl nicht die Eigentümerin, die Bayrische Landesvereinsbank! Das ist das Kriegserbe wie anno dazumal, Berlin, Mai 1945. Der Führer tot, die Stadt, der Staat zerbombt.

    Und das ist die bodenlose Ignoranz des gelernten Zahntechnikers, Busenbegrapschers und zuerst Wiener Nachfolgers von Peter Pawkovitch, der fürchterliche "HC", dem keine Posse zu schmierig ist. Doch gebt ihm die Macht (gleichwohl nur die österreichische), und ihr werdet sehen, wohin er euch führt. Sie werden ihn nirgendwo willkommen heißen. Dann wird er zu rasen beginnen, und die Altparteien in einem Handstreich "liquidieren".

    Doch, wiewohl, gemach: Das ist Zukunftsalbträumerei. Jetzt gilt es zuerst einmal, in die nächsten fünf Jahre hineinzusegeln, in aufgewühlte See. In von Beginn an aufgewühlte See. Und auf dem Schiff sind noch andere Passagiere, nicht nur das Stimmvolk, vulgo Stimmvieh. Auf dem Schiff sind die 26% der Wahlberechtigten, die nicht gewählt haben. Auf dem Schiff sind die 850.000 Erwachsenen, die nicht stimmberechtigt waren. Und die unter 16-Jährigen. Von all diesen redet niemand, nicht einmal die Innenministeriin bei der Verkündung des Wahlergebnisses. Aber ganz sicher schon niemand mehr, wenn die Parteisekretäre und Fraktionschefs nur wenige Minuten danach reflexhaft bereits wieder Schaum vor dem Mund zeigen.

    Und die Wetterprognose, die seriöse Wetterprognose der Hohen Warte zu Wien Döbling – nicht die hausgemachte des ORF -, sie wird uns sagen, die Zeichen stehen auf Sturm. Der Sturm wird wüten, und dann werden sich die einen verkriechen und die anderen zur Waffe greifen. So wie es immer war. Und das Jahr, in dem dieses geschieht, wird nicht mehr wichtig sein, denn die Geschichte, so wie alles Andere auch (auch das Parlament), wird seinen Sinn verloren haben. Dann, wenn wieder ein Bocksfüßiger im gespenstischen Fackelschein die Gewissensfrage stellen wird: "Wollt ihr den totalen Krieg?"

  5. Brief an Dr.Michael Spindelegger, Finanzminister der Republik Österreich

    Sehr geehrter Herr Dr.Spindelegger!

    Dies ist der Brief eines Auslandsösterreichers. Eines Patrioten, der seit langem im Ausland lebt, fern der Heimat. Die alte Heimat ging mir verloren. Beinahe niemand grüßt mich dort mehr, wenn ich einen Besuch abstatte. Hier werde ich von 100 Menschen am Tag gegrüßt und diese lassen mich zurückgrüßen. Hier bin ich zuhause. In der sogenannten Dritten Welt, nahe Bolivien. Sie haben ja mit dem Bundespräsidenten in Schwechat Evo Morales begrüßt, Sie damals in der Funktion des Außenministers. Dafür sei Ihnen so wie vor allem dem Bundespräsidenten gedankt.

    Dieser Brief richtet sich an Sie, ein Österreicher an einen anderen, ein Patriot an einen anderen. Dieser Brief entspringt einem Entschluß, Ihnen in, wie mir scheint, schwerer Stunde zu schreiben. Mehrere andere Herren wie der hochgeschätzte Herr Roland Düringer haben das bereits getan, aus dem selben Anlaß. Ich verwende einstweilen mein eigenes Forum. Es bietet mir mehr Platz und erlaubt mir zudem, einen eigenen Grad der Ehrlichkeit zu pflegen.

    Ich habe, sehr geehrter Herr Dr.Spindelegger, nie ÖVP gewählt. Meine Eltern jedoch beinahe immer. Ich war ein Grüner der ersten Stunde, und in Studentenzeiten wählte ich die Kommunisten. Ich hege eine Schwäche für das wahrlich soziale Modell, die UTOPIE, die Kommune, das Gemeinsame, wenn Sie so wollen. Gleichzeitig bin ich praktizierender Katholik aus glaubender Überzeugung. Ich lehne, so wie die Kirche, Abtreibung ab und ebenso das Adoptions- und Erziehungsrecht für homosexuelle Paare beiderlei Geschlechts. Nicht jedoch, wohlverstanden, Homosexualität. Das nur als unbescholten dargelegter Hintergrund.

    Der Anlaß des Schreibens ist die gegenwärtige politische Situation in Österreich, die die Zukunft unseres Landes im höchsten Maße präjudiziert.

    Diese Situation wurde in größter Perversität, Verantwortungslosigkeit und Verabscheuungswürdigkeit heraufbeschworen von dem Bad Goiserer, dem Ungeist schlechthin, für den Österreich immer nur eine ideologische Mißgeburt war. Ein moralischer Mörder, der sich mit dem rückgratlosen Dr.Schüssel in Kärnten in den Ferrari setzte. Ein perverser Mann, der immer sein dreckiges Grinsen zeigte, sein ihn entlarvendes Grinsen, denn Jörg Haider glaubte nur an die menschliche Niedertracht.

    Ihm ist es zu verdanken, daß wir vor einem veritablen Staatsbankrott stehen. Warten wir ab. Das ist das eine.

    Das andere, das sind die Machenschaften all jener, die sich bereichert haben. Kriminelle Spekulanten. Dazu gehören auch die Bayern und vielleicht noch andere deutsche Banken. Aber ganz sicher kriminelle Klüngel im ehemaligen Jugoslawien und wer weiß noch wo auf dem Balkan. Bis hin zur Ukraine. Diese kriminellen Finanzhaie zögern nicht eine Sekunde, unsere Republik nachhaltig auszubluten.

    Denn diese Frage beantwortet niemand aus der Hypo Alpe Adria: Wer aller hat Kredite bekommen und hat sich geschlichen? Das ist das eigentliche Verbrechen. Die Verschleuderung des Volksvermögens an kriminelle Spekulanten, Diebe, Lügner und Betrüger.

    Was hat dieser vom FBI gesuchte Verbrecher Firtasch in Wien zu suchen? Und so einen Mann vertritt Herr Böhmdorfer, ein ehemaliger Justizminister von Jörg Haiders Gnaden. Ein Scharfrichter! Und einer Ihrer ehemaligen Parteigänger ist Sprecher dieses ukrainischen, skrupellosen Geschäftshais, der keine Sekunde zögert, ihm Unliebsame wie auch immer aus dem Weg zu räumen.

    Solche Typen besudeln unsere Republik aufs Nachhaltigste, und das Volk erschrickt. Und Sie, sehr geehrter Herr Dr.Spindelegger, schaffen es nicht, eine klare öffentliche Sprache zu ergreifen. Eine patriotische Sprache. In der Wahlkampagne gaben Sie vor, Kanzler werden zu wollen. Herr Dr.Spindelegger, Sie leiden an Realitätsverlust. Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen. Sie und die "graue Maus" Werner Faymann wurden "abgestraft". Aber, was glauben Sie, wird bei den Europawahlen passieren?

    Herr Dr.Spindelegger, bei den Europawahlen Ende Mai werden die SPÖ und die ÖVP ihr Waterloo erleiden. Leider. Diese unsäglichen Herren von der FPÖ werden grölen, denn deren Partei schnellt über die 40%-Marke. Vielleicht täusche ich mich. Das Volk hat von Europa die Nase voll, Herr Dr.Spindelegger, und das sollte doch wohl verständlich sein. Aber niemand will das sehen, niemand will darüber sprechen. Das ist in Deutschland und in vielen anderen Ländern nicht anders. Doch die europäische Idee ist bankrott. Diese Idee hat nie existiert. Sie ist eine Illusion. Fragen Sie doch das Volk auf der Strasse. Wo verläuft die Grenze Europas? Das Volk wird es nicht wissen. Manch einer mag vielleicht an den Eurovisions-Song-Contest denken. Sehen Sie?

    Der Disco-Busen-Autogramm-Maler "HC" wird sich am Wahlabend mit seinem Ziehonkel Mölzer bei einem Bier zusammensetzen, und dann werden sie überlegen, wie sie die Republik mit diesem Wahlergebnis und dem entsprechenden Wind im Rücken nachhaltig aufmischen wollen. Und HC wird es sich sogar leisten können, hinauszuposaunen, "An der Hypo Alpe Adria bin ich nicht schuld! Wer bitte hat die Bank an die Bayern verschenkt?" Und er wird dem ganzen noch eins draufsetzen. "Wir arbeiten", so wird er Muskeln zeigen, "als nächstes an vorgezogenen Parlamentswahlen, denn die Regierungsparteien haben keinen Rückhalt mehr. Oder glaubt der Finanzminister, die Österreicher sind bereit, den Verbrechern aus Osteuropa ihre Steuern in den offenen Rachen zu schieben?"

    Herr Dr.Spindelegger, ich phantasiere nicht. HC wird alle Karten ausspielen, im richtigen Moment. Alles Trümpfe. Und Sie haben keine Trümpfe in der Hand. HC dreht zu, wie man das beim Schnapsen nennt. Er spielt die Trümpfe aus: Maßregelung durch Brüssel in futzekleinen Details. Bevormundung der Österreicher. Die offenen Grenzen. Die Türken. Die Neger.

    Sagen Sie bloß, Sie haben diesen Begriff in ihrer Kindheit und Jugend nicht gebraucht, Herr Dr.Spindelegger.

    Die Türkei gehört nicht zu Europa, haben Sie im Gymnasium gelernt, Herr Dr.Spindelegger. Sie waren doch Außenminister. Sie können es sich nicht leisten zu lügen, genau so wenig wie ich. Denn Sie sind Christ, Herr Dr.Spindelegger.

    Brüssel will uns die Sprache verbieten.

    Wo ist die europäische Einheit? Glauben Sie, Sie können als Deutscher einfach so in Frankreich wohnen? In der Richtung könnten wir 20 Beispiele aufzählen.

    Wer bitte diskutiert einmal offen mit den Briten? In einer Diskussion, die europaweit im Fernsehen übertragen wird?

    Warum sind Norwegen und die Schweiz nicht in der EU? Fragen Sie das Volk! Das Volk, unseres, wird Ihnen eine Antwort geben.

    Wir leben in einer massiven Lüge, Herr Dr.Spindelegger. Das Volk wird geknebelt, schlimmer als Houdini, der ein Entfesselungskünstler war. Doch wie uns die Wallstreet knebeln möchte, das geht auf keine Kuhhaut mehr. Das goldene Kalb der Finanzmärkte ist eine Bestie, der sich manche mit Haut und Haaren, mit ihrem Blut verschreiben. Deutschland und Österreich werden ausgeblutet. Der gute Wille, der Arbeitswille, die Bescheidenheit, diese Kreuzbravheit des Österreichers wird aufs Gröbste mißbraucht von diesen zynischen Geldpokerspielern, diesen Pornographen und Verherrlichern der Gewalt. Es kann heute schnell jedem x-beliebigen Staatsbürger passieren, durch eine Verkettung unglücklicher Umstände auf der Strasse zu landen.

    Dieser Gedanke war Bruno Kreisky ein Gräuel. Sie erinnern sich doch. 1978 schrieb die VÖEST durch ein Desaster in Texas 20 Milliarden Schilling Verlust. Kreisky stellte die Vertrauensfrage.

    Rechnen Sie doch einfach nach, Herr Dr.Spindelegger, Sie als neu amtseingeführter Finanzminister. Das war vor 36 Jahren. Bei 3% jährlicher Inflation in einer mathematischen Reihe wären das heute knapp 55 Milliarden Schilling, das sind 3,97 Milliarden Euro. Wegen 3,97 Milliarden Euro stellt heute kein Bundeskanzler mehr die Vertrauensfrage. Ich nenne das die moralische Verkommenheit von Politik und Wirtschaft.

    Ende Mai wird es Sturm geben in Europa, und wir sollten uns alle einmal hinsetzen, ohne Großmannsgehabe. Wir alle. Das Volk. Vor laufenden Kameras. Dieses Jahr 2014 wird sehr heiß, und die Hitze wird jeden treffen, lieber Herr Dr.Spindelegger. Irgend jemand wird einbekennen müssen, was das Volk schon längst ahnt und im "Standard" zu diversen Artikeln immer wieder freimütig postet: "Wir sind mit unserem Latein am Ende." Denn es wird so sein wie am 30.September 1939 in vielen Landstrichen Österreichs. Ein blutiges Abendrot.

    Und was sagte das österreichische Volk damals, Herr Dr.Spindelegger? Sie werden es wissen.

    In patriotischer Freundschaft,

    Dr.W.H., Tamshiyacu, Loreto, Peru

Schreibe einen Kommentar

Weitere Artikel