"Und selbst wenn sie mich toeten, werde ich im salvadorianischen Volke wiederauferstehen…
Die Kirche darf sich nicht in die Politik mischen, doch wenn die Politik den geweihten Altar der Kirche besudelt, hat die Kirche das Recht, ihren Altar zu verteidigen…
Auch dem Unwaegbaren kann mit Gottesvertrauen begegnent werden. Er verliess nie seine Maertyrer, und wenn es noetig ist, und sei es bald, werde ich meinen letzten Atemzug ihm uebergeben. Aber wichtiger als dem Tod zu begegnen, ist es, IHM das gesamte Leben mit Courage zu ueberantworten…
Wenn ich das Unrecht anprangere und verdamme, dann, weil es meine Verpflichtung als Hirte eines unterdrueckten und verletzten Volkes darstellt…
Das Evangelium treibt mich voran und laesst mich alles auf mich nehmen…"
Óscar Romero kam als zweites von 8 Kindern des Telegrafisten und Brieftraegers Santos Romero und der Guadalupe Galdámaz in Ciudad Barrios zur Welt. Er wird als zartes, zurueckgezogenes, schweigsames Kind beschrieben, das fruehzeitig einen Hang zu naechtlichen Gebeten und Anrufungen des "Unbefleckten Herzens Mariens" zeigte.
Mit 13 tritt er in das Seminar San Miguel ein, 7 Jahre spaeter in das Priesterseminar San José de la Montaña, reist im selben Jahr nach Rom, wo er unter Giovanni Batista Montini, dem spaeteren Paul VI., seine Studien fortsetzt und dortselbst mit 24, am 4.April 1942, also mitten im 2.Weltkrieg, zum Priester geweiht wird. Er kehrt nach El Salvador zurueck und beginnt seine Pfarr-Arbeit. Nach 2 Jahren als Sekretaer der Bischofskonferenz bestimmt ihn Paul VI. zum Auxiliar-Bischof von El Salvador und 1974 zum Bischof der Dioezese Santiago de María. 1977 beruft ihn sein paepstlicher Fuersprecher, nicht ohne landesinternen Widerstand des Klerus, schliesslich zum Erzbischof von San Salvador.
Bereits am 10.Februar 1977 bekennt Óscar Romero inmitten der gefaehrlichen Verhaeltnisse seines Landes – einer Militaerdiktatur samt linken und rechten Extremisten – Farbe: "Die Regierung darf einen Priester, der von sozialem Recht spricht, nicht als Politiker oder subversives Element verstehen, nur weil er seine Mission in einer Politik des Allgemeinwohls erfuellt." Am 20.Februar, mitten in der Uebergabeprozedur des erzbischoeflichen Amtes, finden landesweite Wahlen statt, aus denen der General Carlos Umberto Romero auf Grund massiven Wahlbetrugs siegreich hervorgeht. Das Volk, das sich umgehend zu Protesten versammelt, wird mit gezielten Schuessen zerstreut. Mehrere Dutzend der Demonstranten bleiben in ihrem Blut liegen, eine unbekannte Anzahl wird verschleppt. Eine Vielzahl von Priestern wird des Landes verwiesen oder gar eingekerkert. Am 5.Maerz 1977 prangert Monseñore Romero die Verfolgung der Kirche in seinem Land oeffentlich an. Nur eine Woche spaeter wird sein Freund, Pater Rutilio Grande, zusammen mit zwei Bauern am helllichtem Tag in Aguilares, wo er ueber Jahre die Pfarre geleitet hatte, erschossen. Der Praesident der Republik gibt vor, den Vorfall untersuchen lassen zu wollen. Eine Woche darauf, am 20.Maerz, liest Monseñore Romero eine oeffentliche Gedenkmesse, von der ihn Kollegen und der paepstliche Nuntius, die um die drohende Eskalierung fuerchten, abzuhalten versuchen. Doch Romero haelt nicht inne. Die Jahre 1978 und 1979 sind gekennzeichnet durch flammende Predigten, in denen er den Gewaltstrudel, in dem sein Land und mit ihm die Entrechteten zu versinken drohen, unablaessig verurteilt. Seine Messen werden im Radio uebertragen. Er wendet sich explizit gegen die Machenschaften der Militaerregierung und deren verlaengerten Arm, die gefuerchteten, das Land allgemein terrorisierenden "Todesschwadrone". 1978 verfasst er einen oeffentlichen Brief, in dem er das Recht des Volkes auf ein Leben in Wuerde und unter Respektierung der Menschenrechte hervorhebt. Die Versprechen der im Oktober 1979 nachfolgen Militaerjunta auf eine Beilegung der Unterdrueckung erweisen sich als reine Lippenbekenntnisse.
Einen Tag vor seinem Tod wendet sich Monseñore Romero an das salvadorianische Militaer:
"Ich moechte einen ausdruecklichen Zuruf an die Maenner des Heeres vornehmen, und im besonderen an die Garnisonen der Nationalgarde, der Polizei und der Spezialkraefte. Meine Brueder, ihr seid vom selben Volk. Ihr toetet eure Brueder, die Bauern. Und wenn ein Mann Toetungsbefehl gibt, muesste er sich des goettlichen Gebotes besinnen, das sagt: "Toete nicht!" Kein Soldat ist verpflichtet, einem Befehl zu gehorchen, der sich gegen ein goettliches Gebot richtet. Einem unmoralischen Gesetz braucht keiner zu dienen. Es ist an der Zeit, dass Sie Ihr Bewusstsein wiederfassen, und dass Sie zuvorderst Ihrem Gewissen anstatt dem suendigen Befehl gehorchen. Die Kirche, Verteidigerin der Rechte Gottes, des Gesetzes Gottes, der menschlichen Wuerde, der Person, kann nicht schweigen vor soviel Missbrauch. Wir moechten der Regierung ernsthaft klarmachen, dass keine Reform greifen wird bei soviel Blutzoll. Im Namen Gottes und im Namen dieses sosehr gequaelten Volkes, dessen Klagen mit jedem Tag in staerkerer Verzweiflung zum Himmel hinaufsteigen, bitte ich Sie instaendig, flehe Sie an, befehle Ihnen im Namen Gottes: Stoppen Sie diese Unterdrueckung."
Am 24.Maerz 1980 geschieht das Unglaubliche, das von niemandem fuer moeglich Gehaltene: Waehrend einer Messe in der Kapelle des Hospitals "Von goettlicher Herkunft" in Miramonte wird Erzbischof Romero in dem Moment, als er das Allerheiligste zur Wandlung hochhebt, von einem Scharfschuetzen mit einem Schuss ins Herz getoetet….
2004 verurteilt ein Gericht in den USA Kapitaen Álvaro Saravia, Mitglied der rechtsradikalen Todesschwadrone "Arena", fuer schuldig an der Ermordung des Geistlichen und auferlegt ihm Reputationszahlungen an die Familie von Monseñor Romero. Óscar Romero gilt in Lateinamerika als ein "Heiliger des Volkes", obwohl seine Kanonisierung noch nicht abgeschlossen ist. Bereits jetzt wurde sein Zeugnis als "Maertyrer des 20.Jahrhunderts" in Form einer Steinstatue in die Aussenwand-Galerie der Westminster Abbey zwischen jener Martin Luther Kings und Pastor Dietrich Bonhoeffers aufgenommen.
("Fuer euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ". Augustinus, Sermo 340,1.
"Wenn man gut nachdenkt, so bedeutet es wesentlich mehr, Christ zu sein als Bischof …" Johannes Paul II.)