Die Bundesstaaten Loreto und Ucayali begehen den Gedenktag des Heiligen Johannes des Taeufers als Fest, traegt doch ihre „Nationalspeise“, die „Juanes“, Curryreis mit Huhn, Olive und Ei, eingelegt und gekocht in einem Platanoblatt, den Namen San Juans. Zu feiern versteht unsere Bevoelkerung, wie arm sie auch sein mag. Bereits in der Nacht zuvor beteiligt sich ein Grossteil der maennlichen Bevoelkerung – samt der Kinder und Jugendlichen, die echte Maenner werden wollen – an naechtlichen Umzuegen, die im kurzen, stakkatierenden Laufschritt und unter Skandierung von militaerisch-martialischen Parolen vorgenommen werden. Das Dorf hallt von der Uebung wieder. Wohl keiner, der es nicht unkommentiert in seinem Bett wahrnimmt. Es ist 3 Uhr nachts, stockdunkel, nur die Mondsichel schenkt Glimmerlicht. Einige Frauen sitzen an der Tuerschwelle und begutachten die Ertuechtigung der Gatten und Soehne. Der Markt kann, so gesehen, frueh beginnen, um 4 ist bereits das halbe Dorf auf den Beinen.
6.00 Uhr: „Transtur“ und „San Mary“ sind bereits in trauter Eintracht Richtung Iquitos abgerauscht, es folgt die symbolische Taufe im Fluss, fuer die Baptisten mehr als nur Spektakel. Freilich springt ein Grossteil der Schaulustigen gleich in voller Montur den Glaeubigen nach. Die Marktfrauen und Frueheinkaeufer verharren derweilen oben am Platz schmunzelnd.
San Juan ist der inoffizielle, seit alters her verankerte Schutzpatron Tamshiyacus. Die Jungfrau wurde es erst mit dem Einzug der katholischen Konventfiliale und seit jenem Buergermeister, dem dieser Schachzug ins politische Kalkuel passte. San Juan ist der Heilige der Diebe, die an diesem Festtag in den Staedten frech auftreten duerfen. Standesehre. Zumindest ein paar Juanes wollen erstohlen sein. Es wird nicht den Kopf kosten.
San Juan, der Taeufer aus der Wueste, in der Armut des Dschungels. Verdreckt, armselig bekleidet, im Kerker des Herodes, Lehrmeister des Herrn, sein aelterer Bruder, wissend um das Ende der Zeit. Das Fallbeil, das mit dem ersten Wort bereits ueber ihm schwebte. „Tut Busse“, sagte er. Mehr nicht. Der eigentliche Anfang des Evangeliums.
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Das Fest zu Ehren San Juan ist 10.000 km entfernt.
Der Sohn von Elisabeth und Zacharias wurde der Ueberlieferung nach ein halbes Jahr vor Jesus geboren. Zacharias, ein schon alter Priester dessen Ehe bisher kinderlos war, opferte im Tempel und erhielt durch den Erzengel Gabriel die Verheissung, dass ihm ein Sohn geboren werde. Zacharias zweifelte, bat um ein Zeichen und wurde vom Engel mit Stummheit geschlagen. Elisabeth, trotz ihres hohen Alters, wurde schwanger. Im sechsten Monat ihrer Schwangerschaft besuchte sie ihre Base Maria, die bis zur Geburt bei ihr blieb.
Elisabeth wurde von den Leuten gefragt, wie ihr Sohn heissen solle und gegen die Familientradition wollte sie ihn aus innerem Wissen heraus Johannes [hebraeisch] nennen. Die Leute wandten sich an Zacharias. Auf eine Wachstafel schrieb er: sein Name ist Johannes . Nun erhielt er seine Stimme zurueck und brach in Lobgesang aus.
Der Bussprediger vom Jordan, der aus dem Alten in das Neue Testament ueberleitet, genannt Johannes der Taeufer, ist- neben der Gottesmutter Maria- der einzige Heilige, dessen Geburtstag gefeiert wird.
Er hat die Menschen seiner Zeit wachgeruettelt und sie zur Umkehr aufgerufen. ?Kehrt um! Aendert euer Leben! Es ist Zeit. Gott hat euch eine letzte Frist gesetzt.? Diese Worte waren damals nicht beliebt und sind es heute ebenso wenig.
So faellt es uns leichter in diesen Tagen wieder dem ?heidnischem? Brauchtum zu gedenken. Heute wissen die meisten, dass um den 24. Juni herum auch die Sommersonnwende gefeiert wird, der laengste Tag und die kuerzeste Nacht des Jahres. (Genauer am 21. Juni, also drei Tage vor dem Geburtsfest Johannes. So ist am 21. Dezember Wintersonnwende, die dunkelste Nacht des Jahres, die das Licht gebiert ? drei Tage vor Christus Geburt.)
Traditionell werden in laendlichen Gegenden heilkraeftige Kraeuterbuschen an Johanni gebunden, deren Mittelpunkt die Koenigskerze, oder auch Muttergotteskerze, Wetterkerze, Unholdskerze, ist. Ein Schutzkraut, zur Abwehr von Geistern, das das Innerste zu erhellen vermag. Das Johannisfeuer wird mit ihr entzuendet.
Das Johanniskraut blueht um den 24. Juni. Seine Blueten sehen wirklich aus wie ein kleines Abbild der Sonne. Weil das Johanniskraut nicht nur boese Geister, sondern auch den Teufel verjagte, bekam es mancherorts den Namen Jageteufel oder, da man dachte, der Teufel verstuende kein Latein, auch fuga daemonum – ?treibt die Daemonen in die Flucht?. Die Loecher in den Blaettern sollen vom Teufel stammen, der aus lauter Wut ueber die Macht, die das Kraut ueber ihn besass, versucht haben soll, es zu zertrampeln. Hypericum kommt aus dem Griechischen und bedeutet ?ueber?(hyper) ?dem Bild?(eikon). Hypericum hebt die menschliche Psyche hinaus ueber die dunklen inneren Bilder, die Angst und Depression ausloesen, und durchflutet sie mit Licht.
Mancherots gehoerten ?Quellgaenge? zum Johannistag, um ?alles Unglueck fuer das kommende Jahr abzuwaschen?.
Johannes der Taeufer ist der, der im hellsten Sommer auf den dunkelsten Winter verweist und das Kommen des Lichts der Welt, Jesus Christus ankuendigt.
In unserer hochmuetigen Blindheit sehen wir das Dunkel, welches uns umgibt, nicht.
Gerade geniessen wir die Sommerhitze und wissen doch, dass die Naechte schon wieder laenger werden. Unwetterstuerme mit gewaltigem Regen ziehen ueber uns hinweg, noch freuen wir uns ueber die willkommene Abkuehlung.
Wie weit seit ihr Peruaner uns doch voraus. Ihr feiert die Feste zur rechten Zeit. Wir haben sie aus Scham wegrationalisiert. Auch in Rom herrscht die Bequemlichkeit.
Der Dieb in Tamshiyacu im klaren Bewusstsein seines Handels, mag das Unrecht, das er tut, feiern, denn er ist mit seinem Tun, doch ehrlicher als wir. Wir beluegen uns doch meist selbst und haben aus Angst noch nicht mal hineingeschaut in unsere schwarze Seele. Es ist so einfach uns zu verfuehren ? Selbstgefaelligkeit und Hochmut. Jeder muss durch das Dunkle gehen, um ans Licht zu kommen.
Meinen Dank an den Verfasser jener Erinnerung und Mahnung.
Nie war es so deutlich, dass die Zeit der Reinigung da ist. Verdraengtes und vergessenes wird an die Oberflaeche gespuelt und wertvolle Schritte in Richtung Heilung werden gemacht. Neue Wege liegen vor uns, die bislang unmoeglich erschienen. Es ist an der Zeit mutig zu sein.