Die einwoechigen Feiertage zum 122.Geburtstag von Tamshiyacu gehen zu Ende, und der Fluss steigt immer noch nicht. Sein Pegel ist mittlerweile um 8-9 Meter gesunken. Das Flussbett von grossflaechigen Sandbaenken und gebirgsartig aufragenden Lehmboeschungen begrenzt. Die Stroemung ist kaum mehr wahrnehmbar, Grund fuer ansonsten wasserscheue Nicht-Fischer, mit ihren Einbaeumen hinauszufahren und einen Auswurf mit dem Handnetz zu wagen. Die Kinder spielen derweilen ausgelassen in den nunmehr ungefaehrlichen Randgewaessern. Freilich, die Erwachsenenwelt sieht die Entwicklungen nicht so unbeschwert: Die Einfahrt zum Hafen von Mazuza in Iquitos ist ein enges Niedrig-Rinnsal, durch das die Lanchas von Hilfsbooten geschoben werden. Die groesseren Boote vom Mara?on bleiben ueberhaupt auf Trockendock. Das beschert uns eine froehliche Preissteigerung fuer Knoblauch und manches andere um das Doppelte ueber Nacht. Huayquito, der Tourismushafen, liegt ebenfalls im Trockenen. Das einzige Gewaesser, das rauscht, ist das Abwasser aus dem dicken Kanal, das sich mittlerweile ein eingenes Bett gegraben hat und immer noch stinkt. („Juengst habe ich dort wegen des Gestanks erbrochen“: Seltsamer Kommentar Agustins).

Die evangelischen Gemeinden zeigen in den letzten Tagen lebhaftes Treiben. Gegenseitige Besuche, das Treffen der Pfingstler zaehlte sogar 230 Leute, alle in Festtagsgewaendern, so standen sie im grauschwarzen Sturm, als 12 von ihnen, auch im Festgewand, von 3 Pastoren im Fluss getauft wurden, die Haende erhoben und ekstatische Lieder skandierend. „Los Pentecostes son todos locos“, sagt Do?a Betzabe, nachdem sie erfahren hat, dass Agustin den Sturm nicht abwarten wollte und ohne Bootsmann losgefahren ist.

Auch die Baptisten statten Ihre Hoeflichkeitsbesuche ab, es herrscht Euphorie. Ein Pastor schildert seine Erlebnisse beim Ueberfall durch Pistoleros in der Gegend um Pucallpa. Da er ohnehin nichts hatte, liessen sie ihn ungeschoren und auch sonst erregte sein Gesicht nicht ihren Unmut. Sie zogen mit ihrer Beute ab, doch die Marine war aufmerksam und enterte ihrerseits mit Schnellbooten das Piratenboot.

Im Gefaengnis von Huancavelica wird der Uebeltaeter, der juengst in Tamshiyacu ein 12-jaehriges Maedchen vergewaltigt hatte (zweieinhalbstuendige Notoperation vonnoeten), von anderen Insassen gepfaehlt. Das Urteil, das ihm die Bevoelkerung zugesprochen hatte, erfuellt sich. Doch auch das erweckt seinen Schwager, der aus Gram und Schande beim Vernehmen der Schandtat einem Hirnschlag erlegen war, nicht von den Toten. Er hinterlaesst seinerseits 3 minderjaehrige Toechter.

Und so sind alle Gruppenteilnehmer abgereist, Yushintaita und Otorongo sind verlassen, stille Oasen, in denen die Arbeiter wieder ihr Tagesgeschaeft aufnehmen. Grosse Menschen sind abgereist, nach vielen Zeremonien und Pruefungen, sie haben es ueberlebt. Die Begegnung mit dem verzauberten Wald, leider ohne verzaubernde naechtliche Vogelrufe, die manchen aufstehen und ins Dunkel hinauswandern liesse. Kein „Aymama“ hoch oben in den Aesten, „oh Mama, oh Mama“ ruft das vom Stiefvater verstossene Geschwisterpaar, aus Trauer in Voegel verwandelt. Sie rufen ihre Klage in die Nacht hinaus, die Mutter wird wahnsinnig. Eine der kleinen abendlichen Tischgeschichten des Meisters, bei dessen Lautmalerei die Runde ploetzlich aufsieht und das Essen vergisst.

So hinterlassen unsere Besucher ihre guten Gedanken, Lebendiges, das Gestalt annehmen wird. Zeichnungen an den Waenden der Diaethuette, in Tagen der Zeitlosigkeit geboren, auf hoeheren Befehl hin.

Schreibe einen Kommentar

Weitere Artikel