„… bin nur Bob Dylan, wenn ich Bob Dylan sein muss; … meistens bin ich nur ich selbst“, sagte Bob Dylan ueber sich.
es ist die identitaet, um die es geht, was macht einen menschen zu einem menschen, was einen mann zu einem mann, was einen kuenstler zu einem kuenstler, was bob dylan zu bob dylan????
er ist zuallererst und viel mehr als einer, der antworten parat hat, ein fragender, einer, der auf viele verschiedene arten und weisen die wirklich wichtigen fragen stellt, – die frage nach dem sein, der identitaet – „hab wieder einmal meine bob-dylan-maske auf“, ruft er waehrend eines Konzerts dem Publikum zu -, vom sein und gegenueber-sein, das, wie samuel beckett schreibt, und von dem auch bob dylan nur allzugut bescheid weiss, „tiefe, wunde spuren hinterlaesst …. die ganze lachhafte tragoedie es menschen wird von ihm auseinandergenommen und in neuen, nie zuvor gehoerten, prachtvollen raetseln wieder zusammengesetzt. Natuerlich wissen wir, dass es nichts bedeutet, – „…i’m sick of people asking „what does it mean“ – it means mothing!“,
und doch bedeutet es so viel, nur kann niemand die grosse bedeutung hinter den vielen „nicht-bedeutungs-mosaik-steinchen“, die sich zu einem bild, einem grossen bild, immer wieder mal zu einem „masterpiece“, zusammenfuegen, ausdruecken, es gibt keine beschreibung dieses bildes, nur die mosaiksteinchen seiner worte, seiner klaenge, seiner stimme, – und doch hat man eine ahnung, wie dieses bild, dieses hindurchschimemrnde, hinter dem immer wieder neu komponierten meisterwerk aussieht, und hinter dem bild ahnt man dessen bedeutung, die aber, wie bei jedem grossen gedicht, letztendlich unaussprechlich ist.
Die Mosaikbilder zieren das haus des seins, das die sprache ist, wie herr heidegger sagt, aber auch die musik und die stimme, die stimme bob dylans, sind einer der hausmeister dieses hauses, ein freundlicher vertrauter, „a very good friend of us all, isn’t it, isn’t he?“
In seinem buch „chronicles vol.1“ schreibt bob dylan auf Seite 228: „Frueher oder spaeter wuerde jemand kommen, der diese welt kannte, jemand, der in sie hineingeboren und in ihr aufgewachsen war … einer, der sie verkoerperte, und nicht nur das … er wuerde mit einem bein auf dem drahtseil balancieren, das sich quer durch das universum spannt, und wenn er auftauchte, wuerde man ihn erkennen. Es wuerde nur diesen einen geben.“
Dylan spricht hier ganz allgemein und nicht von sich; das verbietet ihm seine bescheidenheit. Doch wenn man dieses so liest, ueberkommt einen der unabweisbare gedanke, dass er, ohne dies zu beabsichtigen, von sich selber spricht. Zumindest im Bereich der Musik gibt es wirklich keinen zu dieser zeit, auf den das gesagte zutreffen wuerde, – ausser auf ihn selbst.
Natuerlich ist er nicht er messias, aber auch nicht judas, wie man ihn waehrend eines konzertes in manchester beschimpfte. Aber ist nicht der allertreueste kuenstler der, der sich permanent „selbst verraet“, selbst neu erfindet?
So wie picasso. Immer wieder faszinierte mich als jugendlicher die parallelitaet der beiden, bob dylan und picasso. Eine voellig neue periode begann, ohne die fans vorgewarnt zu haben, und die bewunderer oder die, die es gerne waeren, die mussten schauen, dass sie hinterherhecheln konnten. Er verlor zwar einige, doch kamen bei jeder neuen phase neue bewunderer hinzu. Darum, weil ich ich zwar in mir die verbindung zwischen den beiden hergestellt, aber keine ahnung hatte, ob es denn zwischen den beiden irgendeine reale verbindung geben wuerde, welcher art auch immer, war ich sehr verwundert, bei bob dylan in den „chronicles“ auf Seite 58 zu lesen: „…picasso lungerte nicht auf ueberfuellten gaengen herum… er war ein revolutionaer, ich wollte auch so werden.“
Was picasso fuer die bildende kunst der ersten haelfte des 20.jahrhunderts war, das war und ist bob dylan – und das ohne jede uebertreibung – fuer die musik der zweiten haelfte. Und so wie picasso kein maler von traurigen menschen in blau oder artisten in rosa bleiben wollte, so wollte bob dylan kein wortfuehrer sein, kein hohepriester des protestes, kein bischof der anarchie (zitiert nach den „chronicles“).
Und so wurde aus dem maler, der die menschen „so getreu und genau“ in rosa und blau abbildete, PICASSO, und aus der stimme des ruhelosen und bewegten gewissens des jungen amerika BOB DYLAN. Beide sind so viel mehr als das zuvor genannte, naemlich boten des himmels, die dieser sehr sparsam ueber die erde verteilt. Wenn man sein geburtshoroskop sieht, wo der suedliche mondknoten auf der allerletzten bogenminute des letzten grades des tierkreises steht, und dann noch dazu im exakten sextil mit seinem geburtsherrscher jupiter steht – ein hinweis auf eine „karmische herkunft von oben“ – so koennte man direkt meinen, dieser geborene sei nicht auf die erde gekommen, weil er musste, sondern weil der himmel der menschheit im bereich der musik noch so vieles schenken wollte, das kein anderer ihr haette zu schenken vermoegen.
Ein ungewoehnlicher, seltsamer, seltener „boddhisattva“ der musik der wetlichen hemisphaere,…
… der uns jetzt, im alter von fuenfundsechzig, mit einem werk ueberrascht, das den vergleich mit den grossen alben seiner fruehzeit keineswegs scheuen muss. Nur sind jetzt dort, wo frueher jugendlicher Elan und unbekuemmertheit zu finden waren, die entspanntheit und weisheit des alters an ihre stelle getreten.
Diese platte, „Modern times“, verschlaegt einem den atem. Unglaublich. Go on, bob, do it again!