Die regen- und sonnenreichen Tropen des peruanischen Amazoniens sind wegen ihrer Freizuegigkeit Heimstatt vieler Transvestiten aus ganz Lateinamerika, die in ihrer Heimat , z.B. in Kolumbien, diskriminierende Verfolgung erleben. Man findet sie in allen Doerfern, wo sie ohne Aufsehen in die Gemeinde integriert sind. Zumeist Coiffeure im Beruf, gefaellt es ihnen, in ihrer Manie Volleyball zu spielen, wo sie keine schlechteren Schlaeger abgeben. Sie beteiligen sich an der Feldarbeit, manchmal haben sie ihre eigenen Parzellen. Ein betraechtlicher Teil der Burschen im Schulalter fuehlt sich von deren Lebensart angezogen und gleitet eines Tages ins Lager der Homophilie. Die amerikanischen aelteren Besucher, die oft paarweise auftreten und sich solche Burschen kaufen, tragen mit dazu bei, diese Lebensart zu kultivieren, auch wenn es die Lebenserwartung drastisch verringert. Aber das bleibt in Amazonien, wo die Vergaenglichkeit bei jedem Wolkenbruch ein Lied anstimmt, unerheblich.

Im Bethlehem von Iquitos vermischt sich alles unter dem brodelnden Leben einer auf den Moment verkuerzten Perspektive. An Hedonie wie im Diebstahl ist alles erlaubt, die Menschen leben in Verschlaegen, auf Flosshaeusern, Stelzenhuetten, Bretterverschlaegen oder Kartonschachteln. Der Verkauf der eigenen Haut setzt frueh ein, mit 12, die Kinder leben bald auf der Strasse, vogelfrei. Der Wind treibt sie eines Tages fort, in die geheime Prostitution. Manche Transvestiten erbarmen sich solcher Kinder, leben mit ihnen auf 12 Quadratmeter. Die Lust, die die Jungen treibt, faellt dem Besucher unweigerlich ins Auge. Die Lust, ein Kolibri, ein Schmetterling zu sein, die Arme im Fluegelschlag zu bewegen, stilisiert und manieriert in den Internet-Caf?s, wo sie sich vor der Kamera produzieren, stundenlang im Chat. Die elegisch-chinesische Musik von Tina Paukar und Sonja Morales, die um halb 6 aus den Lautsprechern ueber den rauchenden Fischstaenden dahintreibt, huellt den neuen Tag in den Hauch des letzten ein.

Crazy Horse gehoerte zu ihnen, doch er war ein Krieger. Heyokah, ein Anderer. Der Verkehrte, der verkehrt herum am Pferd sass und sich in Frauenkleider huellte. Doch er war stolz und unnahbar, gefuerchtet im Kampf. Er und seine Bande waren unter den Oglalla-Sioux ausgesondert, sie waren eben verkehrt, ja verrueckt. Vor dem Zusammenprall mit Custer am Little Big Horn gewandeten sie sich in ihre Geisterhemden, kugelsicher, wie sie ueberzeugt waren, eingeweiht in der Nacht zuvor. Derselbe Custer, der ueberhebliche, sich selbst affektiert stilisierende, erlebte sein Ende in der Schlacht mit seinem Gegenbild. Natuerlich, diese Niederlage trieb der U.S. Kavallery den Geifer ins Maul, und sie nahmen gnadenlose Rache, bis sie aller Anfuehrer habhaft wurden und die letzen, die sich bereits ergeben hatten, im Winterlager einfach abknallten. Crazy Horse war da schon nicht mehr, durch das Bajonett eines uebereifrigen Kadetten in Fort Summers eingebrochen, sein Lied des Abschieds, Wakan, das er anstimmte (eines der ganz wenigen Zeugnisse), hinaufgestiegen, zu Wakan Tanka.

Heute setzen sie ihm in South Dakota, nicht unweit vom Mount Rushmore, ein ueberlebensgrosses Zeugnis, aus dem Felsen gehauen. Die Nachkommen jener, die keinen einzigen Vertrag, den sie mit dem „ersten Volk“ unter dem Rauch der Heiligen Pfeife unterzeichnet hatten, eingehalten haben. Doch das Uran, das sie aus den Black Hills, den Heiligen Staetten der Lakota, scharren und von dem alle Prophezeiungen sagen, es muesse zurueck in die Erde, das sichern sie militant.

Darum wurde auch Oppenheimer „anders“.

Und das ist der Grund, warum die Jugend bereits „verrueckt“ ist. Sie weiss, dass die Kettenreaktion bereits in Gang ist und von niemandem gestoppt werden kann.

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