„Die Politik des Geistes der Anakonda sind seine Diäten. Wir diätieren hier, reinigen uns dabei, heilen uns und lernen. Von Pflanzen zu lernen ist ein Zeichen edler Demut, wie sie jedem Menschen auf dieser Erde gut anstehen würde. Ayahuasca trinken wir, um zu sehen. Man wird durch die Mutter zum Sehenden, nach vielen nervenbeanspruchenden Reinigungsakten, die uns auf den Boden werfen und manchmal durch ihn hindurch. Ayahuasca ist nicht unsere Politik, sondern ein Gefallen. Ein Gefallen, den wir den Besuchern tun, die alle neugierig ankommen.“
„Die Geister kommen nach einem halben Jahr, manchmal sogar zu zweit. Sie nehmen Menschenform an und kommen zu dir. Du siehst sie, bisweilen sogar bei Tag. Sie setzen sich wie normale Menschen zu dir. Sie fragen dich direkt: „Was willst du?“ Dann mußt du antworten.“ (Guillermo Arévalo, Echo des Universums, Banco-Curandero der Shipibo-Conibo, 4.12.2009)
„Hungern ist Ausdruck der menschlichen Verfassung. Hungern ist ebenso Ausdruck der tierischen Bestie. Hunger, nicht Hungern, ist Ausdruck des Dämons. Das zu erleben, läßt den, der diätiert, vor Schreck in Ohnmacht fallen. Er fällt in Ohnmacht, weil er sich schutzlos wähnt. Aber das ist nicht der Fall. Er verfügt über einen dreifachen Schutz: Gott, seinen Meister und seine eigene Disziplin. Der Versucher, der ein Freßgeist ist, tritt so nur an einen heran, aber er fährt nicht in einen. Diätieren heißt, Himmel und Hölle zu erfahren. Deshalb lernt man in einer Diät Beten. Sogar die wildesten Hunde lernen es.“ (Maria Shupingahua, Shipibo-Conibo, Banca Ayahumera, 83)
Matthäus 4:1 „Zu jener Zeit wurde Jesus vom Geist Gottes in die Wüste geführt, um dort vom Teufel versucht zu werden.
4:2 Und nachdem er 40 Tage und Nächte gefastet hatte, hungerte ihn.
4:3 Da trat der Versucher an ihn heran und sprach zu ihm: „Wenn du der Sohn Gottes bist, sag, daß diese Steine hier sich in Brot verwandeln.“
4:4 Doch Jesus antwortete ihm: „Es steht geschrieben, nicht nur vom Brot allein soll sich der Mensch ernähren, sondern von jedem Wort und jeder Anlage, die aus dem Munde Gottes strömt.“
4:5 Danach entführte ihn der Teufel in die Heilige Stadt Jerusalem und stellte ihn auf die Zinne des Tempels,
4:6 und sagte zu ihm: „Wenn du der Sohn Gottes bist, wirf dich von hier hinab. Denn es steht geschrieben: Er hat dir seine Engel anheimgegeben, auf daß sie dich auf ihren Handflächen tragen, sodaß dein Fuß an keinen Stein stoßen möge.“
4:7 Jesus antwortete ihm: „Es steht ebenso geschrieben, Du sollst den Herrn deinen Gott nicht versuchen.“
4:8 Zuletzt führte ihn der Teufel auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm in einem Augenblick alle Reiche dieser Welt und ihre Herrlichkeit,
4:9 und er sprach zu ihm: „Alle diese Dinge werde ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest.“
4:10 Da antwortete ihm Jesus: „Hebe dich hinweg von hier, Satan, denn es steht geschrieben, du sollst deinen Herrn und Gott anbeten und ihm allein dienen.“
4:11 Damit ließ der Teufel von ihm ab, und die Engel kamen zu ihm und dienten ihm.
Nach dieser etwas länger geratenen Terrainvorbereitung ist es mir ein Anliegen, von dem, was mir unter den Nägeln brennt, zu sprechen. Es drängt nach außen.
Guten Abend, werte Leserinnen und Leser des Forums, geschätzte Freunde Otorongos! Heute ist Heiligabend. Ein seltsamer Tag. Ein unbegreiflicher Tag. Ein Tag, der uns fordert. Die Erde brennt, und es ist Weihnachten. In manchen Erdteilen unerträgliche Hitze, in anderen klirrende Kälte. In Amazonien strömender Regen, anderswo Wüste.
Ein Stimme sagt mir, öffne dein Herz, stelle dich der Herausforderung. Nun gut, gehen wir es an, rückhaltlos. Lösen wir unseren Anspruch ein. „Was willst Du?“
Was will ich zuinnerst, immer und ewig?
Gehorsam sein. Im freien Willen das Wirken Gottes erkennen und anerkennen. Seine Ansprache anerkennen. Hören und beantworten. Mit ihm reden. („Das nennt man Beten!“ Danke, Hubert!)
„Das Vater Unser verlangt von uns, aus der Verschlossenheit unseres Ich herauszutreten.“
„Die Schöpfung ist da, weil Gott einen Raum der Antwort auf seine Liebe, einen Raum des Gehorsams und der Freiheit schaffen wollte.“ (Benedikt XVI.)
Was zuvorderst Not tut, ist eine Seele, so rein wie ein blankpolierter Metallspiegel. Wie kann ich überhaupt daran denken, auf den Berg des Heiligen Gral zu steigen, ohne reine Hände und ohne lauteres Herz, das nicht betrügt und keinen Meineid schwört? Das erfordert Kopfsenkung und Brustklopfen, hier und jetzt.
Wir wollen auf den Horeb, um ihn zu schauen, sein Gesicht. Der, der ihn immerwährend sah und sieht, Aug in Aug, er ging uns vor. Also, was anders als sich ihm anschließen, seiner Aufforderung folgen? Ja, Emmanuel, Bruder, wir folgen dir nach!
Der Nazaräner hatte Brüder. Sie folgten ihm nach, so wie seine Mutter.
„Wenn ein Schamane zu dir spricht, gibt er dir eine Seele. Ihre Worte sind Seele, und das ist es, was die Guarani-Indios „Wort-Seelen“ nennen. Ayvu, „Wort-Seele“ ist der Hauptaspekt des Lebens der Guarani. Wort-Seelen werden geschaffen, wenn dein Herz vom Großen Geist berührt wird, sodaß es überquillt und du zu sprechen beginnst. Sie ist so rein, daß, wenn sie deinen Körper überkommt, sie reine Weisheit und Wahrheit verkörpert. Wenn du nicht richtig handelst und du die Harmonie zwischen deinem Körper und den Wort-Seelen, der Gemeinschaft und der Natur brichst, wirst du wahrscheinlich sterben. Die Quelle der Wort-Seelen sind der Eine Gott und die minderen Götter. Unsere Vorfahren, die verstorbenen, zeigen sich nicht in Wort-Seelen. Doch die Wort-Seelen von Schamanen bringen Harmonie. Jeder Lebende kann seinem Mitmenschen Wort-Seelen als Geschenk darbringen. Darin besteht das Leben einer Gemeinschaft.“ (Ava Tape Miri, Kleiner Möwen-Mann, Paraguay).
Bei klarem Licht zeigt sich noch eines, nämlich die tiefste Gefährdung, die eigentliche Hybris des Menschen, auch meine – die anmaßende Selbstherrlichkeit.
Und genau das ist die Pforte, wo wir Babylon betreten und der Pförtner, ein Baal, seine Zähne bleckt und vor Freude mit den Flügeln schlägt. „Deine Lehrmeister, die in Weiß gekleideten, behaupten, Gott stelle sich in Beziehung zwischen ihm und euch. Er mache sich anrufbar. Er träte in Beziehung zu euch und ermögliche euch so, mit ihm in Beziehung zu stehen. Er, der liebe Gott, gäbe sich irgendwie in eure Menschenwelt hinein. Er werde damit ansprechbar und damit auch verletzbar. Da horche doch einer auf: Verletzbar! Der gute Mann da oben nähme das Risiko der Beziehung, des Mitseins mit euch auf. Glaubst Du etwa diesen Schmarren? Ich sehe es an deinem Gesicht. Deswegen stehst du ja da wie ein armer Jakob, aller Hoffnung beraubt. Tritt ein! Wir spielen nicht mit gezinkten Karten!“
Baal, der König von Babylon, der durch seine Pförtner, acht an der Zahl, zu jedem Wüstentorkler spricht, erweist sich als Schriftkenner. Er weiß die Psalme zu zitieren. Er tritt als Theologe auf, denn er hat die Entstehung der Schrift mitverfolgt, auf Schritt und Tritt, im Wüstenwind, im Wüstensand. Baal, der schrecklich anzusehende Antichrist, empfängt von der Universität Tübingen den Ehrendoktor der Theologie. Er ist ein ehrfurchtgebietender Bibelgelehrter.
Beim Durchqueren der mächtigen Stadtmauer Babylons gibt uns der Wächter noch einen Kommentar mit auf den Weg: „Vergiß nicht, Gott ist nun wirklich in seinem menschgewordenen Sohn ansprechbar geworden. Er gehört nun wirklich in eure Welt da draußen hinein. Er ist in euren Händen. Bravo! Wie habt ihr das angestellt? Ach ja, schau dich nur um, hier bei uns ist er auch in unseren Händen. Schau doch nur, was wir mit seiner Schöpfung aufführen. Wir nennen das intern „Die Huren von Babylon“. Nett, nicht wahr?“
Und der knieschlotternde, furchtsame Jakob traut es sich kaum einzugestehen, aus Angst, der zurückgebliebene Wächter könnte gar noch seine Gedanken lesen. „Sie besudeln sogar den Namen Gottes.“ Und schon hallt es ihm mit einem Staubwirbel in der Gasse nach: „Ganz recht, Freund! Und du drückst dich sogar noch vornehm aus, du Unverbesserlicher!“
„Zerbeisse die Hostie nicht, Kind, denn du verletzst damit Jesus, der in der Hostie wohnt.“
„Siehst du, du Narr, so haben sie geredet, die eifernden Frauen. Erinnere dich doch nur deines Onkels Anton Resch, der, dem seine eigene Mutter, als er 9 war, ins Gesicht spuckte: „Schleich dich von hier, ich kann dich nicht mehr sehen.“ Und er schlich sich fort und kehrte nie mehr zurück. Er schlich sich nicht in den Dschungel, um von der guten, barmherzigen Fee in einen Aymama-Vogel verwandelt zu werden, Ay Mama, Ay Mama, warum hast du mir das angetan?, nein, Anton Resch zog in die Welt und lernte, alles, was man ihm vorsetzte, zu verschlingen, Essen, Zigaretten und schnelle Autos, und seine Gattin, die sich seiner erbarmte, Hannelore, eine Hebamme, nahm mit ihm ein Martyrium auf sich, und Anton, ihr Gatte, nutzte die Gelegenheit, seinem Schwager einmal bei einer Speckjause reinen Wein einzuschenken, in Anwesenheit der beiden Schwestern, ja, die Pichler-Schwestern sind alle bigott, also, Schwager, gib dich keinen falschen Hoffnungen hin, ich hoffe, wir verstehen uns, du wirst es sicher verstehen, es wird dir nicht viel besser gehen als mir. Und da konnte Hannelore zu ihrer Schwester Anna nur stammeln, „Schau nur, so frech sind sie, ohne Vorwarnung. Das ist ihr Herz.“ Und sie bezog ihren Schwager mitein. Also Jakob, geh’ doch bitte zuerst mal gleich auf die erste öffentliche Toilette da vorne rechts, und damit du siehst, daß wir nicht kleinlich sind, bei uns ist sie gratis, so wie alles, was du hier siehst. Nur damit wir uns verstehen!“
„Zu Gott zu beten ist Ausdruck menschlicher Naivität. Dem liegt ein falsches Gottesverständnis zu Grunde, eine falsche Christologie. Der Sehende erkennt, daß es unsinnig und zwecklos ist, zum Grund unseres Lebens zu beten, denn diese Macht, die alles erfüllt, ist von überwältigender Erhabenheit. Die Menschheit macht in ihrer Größe innerhalb dieser allerfüllenden Macht, dem Ursprung aller das All erfüllenden Emanationen, einen verschwindend kleinen Anteil aus, sodaß es dem Menschen unmöglich ist, diese Macht in irgendeiner Weise zu berühren.“ (Nagual Tzotzelquin von Sonora, 1969).
„Dein Reich komme…“
„Um das Reich Gottes zu bitten heißt, zu Jesus zu sagen: Lass uns dein sein, Herr! Durchdringe du uns, lebe in uns; versammle die zerstreute Menschheit in deinem Leib, damit in dir alles Gott untergeordnet werde und du dann das All dem Vater übergeben kannst, auf dass „Gott alles in allem sei“.“ (Benedikt XVI.)
Auf seinem Weg durch die Straßen der mächtigsten und reichsten Stadt der fruchtbaren Erde, vorbei an Mauern und Marktplätzen, Chausseen ohne Bäumen, Straßen voller Fußgänger aus aller Herren Länder, gelangt Jakob zum Stand einer nie gesehenen, prallen, schwarzhaarigen Frau, umwandet von einer Überfülle von Gewändern, die Augen schwarz, die Lippen rot geschminkt, vor sich die Kristallkugel auf einem violetten Tuch. Sie winkt ihn zu sich heran: „Setz dich her zu mir, Kleiner! Du bist wohl neu in der Stadt? Hab’ keine Angst, ich beiße dir nichts ab, im Gegenteil, ich gebe dir reichlich. Hier, willst du meine Brust? Ich säuge dich. Willst du die Geschichte sehen? Schau doch nur, mein Kleiner, das ist der Mensch.“ Und Jakob starrt gebannt in die Kugel und sieht den Lauf der Geschichte, wie die Menschen sterben, und er denkt, „Tatsächlich, alle Todesarten. So viele Schlachten! Sie haben sich gegenseitig abgeschlachtet. Sie wollten es nicht anders. Sie hielten es nicht mehr aus, am Leben zu sein.“ Und die ehrfurchtgebietende Meisterin des Kriegsinventars vom Rang einer wahrhaftigen Diablera, sie lacht belustigt auf beim Anblick des kreidebleichen Jakob, „Nun mach dir mal nicht in die Hose, Kleiner, sei froh, daß dir das erspart blieb. Der Chef hat wohl Gefallen an dir gefunden, daß er dich rechtzeitig aus dem Verkehr gezogen hat. Aber, tu mir doch einen Gefallen, Kleiner, ich meine einen Gefallen eines Kleinen, nicht das, was dir gerade durch den Kopf schießt, sag mir doch mal, es macht mich neugierig, was sagst du dazu? Schuldig oder nicht schuldig?“ Und sie bäumt sich über den Stuhl, auf dem sie sitzt, nach hinten auf in einer Lachsalve und zeigt ihm ihre Zähne, die makellos weißen. „Schuldig oder nicht schuldig?“ und packt ihn, den zappelnden Jakob, mit der zur riesenhaften Klaue gewordenen Rechten an der Gurgel und blickt ihm mit glühenden Pupillen in die schreckgeweiteten Augen.
„Der Gedanke, dass Gott sich die Vergebung der Schuld, die Heilung der Menschen von innen her, den Tod seines Sohnes hat kosten lassen, ist uns heute sehr fremd geworden.“
„Gott konnte zwar die ganze Welt mit einem Wort aus dem Nichts erschaffen, aber die Schuld und das Leiden der Menschen, die konnte er nur überwinden, indem er sich selbst ins Spiel brachte, in seinem Sohn selbst ein Leidender wurde, der diese Last getragen und durch seine Hingabe überwunden hat. Überwindung von Schuld kostet den Einsatz des Herzens – mehr: den Einsatz unserer ganzen Existenz. Und auch dieser Einsatz reicht nicht aus, er kann nur wirksam werden durch die Gemeinschaft mit dem, der unser aller Last getragen hat.“
Im Kontor des Großmeisters der Gegeninquisition erheischt der furchtsame Jakob nur einen lapidaren Kommentar: „Laß sie reden. Wenn sie sterben, vom Krebs gepeinigt, machen sie ein anderes Gesicht. Hör dir doch nur die Ärzte an! Die schlagen die Hände über dem Kopf zusammen ob solcher Ignoranz. Die Bürokraten der Bischofssitze lassen die armen Geistlichen im Hinterland vor die Hunde gehen. Keiner kümmert sich um sie, wenn’s ans Sterben geht. Arm wie eine Kirchenmaus sterben sie in ihrer eigenen Kirche. Das ist doch zum Lachen. Da müssen wir doch einspringen, oder?, und das tun wir. Was meinst du? Ist nicht grad deine Tante, die Nonne, an Brustkrebs gestorben?“
Und Jakob, in schweren Zweifeln, die Skepsis geradezu im Blut, betet: „Der Feind vermag nichts wider mich, wenn es ihm nicht vorher gestattet wird, sodaß meine Furcht, meine Hingabe und meine Achtsamkeit sich auf Gott richten, weil ja dem Bösen nichts verstattet ist, wenn ihm nicht Vollmacht dazu gegeben wird.“ Und der nüchterne, gar nicht gefährlich wirkende Großmeister in Anzug und Krawatte zieht die Augenbraue hoch. „Was stammelst du da? Wo glaubst du denn, wo du hier bist? Du liebst es wohl, mit Karten im Ärmel zu spielen!“
Und Jakob, im Glauben erzogen, richtet ein Stoßgebet nach oben. „Gott ist treu; er wird nicht zulassen, daß ich über meine Kraft hinaus versucht werde. Er wird mir in dieser Versuchung einen Ausweg schaffen, sodaß ich sie bestehen kann.“ Und sein Gegenüber rümpft nachsichtig die Nase.
Baal, der Herrscher von Babylon, spricht eine mächtige Sprache. Seine Sprache ist hörbar.
„Mein Reich braucht nicht ewig zu dauern, doch euch, ihr Menschen, zu gewinnen, ist mein Triumph. Ich gewinne eure Seelen, denn mein ist dieses Erdenreich. Ihr habt euren Auftrag, euch von IHM her verstehen zu lernen, vergessen, und noch mehr habt ihr es vermißt, im Anderen, eurem Mitmenschen, das Geheimnis des Vaters zu sehen. Ich bin Satanas, der Ankläger, ein Sohn des EINEN. Ich war vor dem Menschen. Mir wurde die Vollmacht gegeben. Meine Lehre ist nicht meine Lehre. Das sagte mein Gesprächspartner damals in Jerusalem, und das sage auch ich. Meine Lehre ist nicht meine Lehre. Ich bin nie allein. Ihr aber, ihr werdet eure wahre Höhe erst beweisen müssen, dann, wenn es ernst wird. Den armen Lazarus konntet ihr erkennen, ihr hättet erkennen können, das ER es war. Wenigstens in dem Moment, als er auf der Höhe war. Auf Augenhöhe meines Vaters. Mich werdet ihr nicht erkennen, denn dazu gebe ich euch die Freiheit nicht.“
Das also der Stand der Dinge.
Wir stehen vor dem Abgrund. Wir sind dabei, uns anzuschicken, in einem Akt kollektiven Wahnsinns in den Abgrund zu springen. Das ist das eigentliche menschliche Experiment, vor dem der Mensch nicht zurückschreckt. Die Geschaffenheit des Menschen nach göttlichem Ebenbild ein für alle Male zunichte zu machen. Wir töten Gott, indem wir uns selbst töten. Wenn niemand – und wirklich niemand – von uns übrig bleibt, wird auch Gott tot sein. Wie also es anstellen, daß wir dieses Vorhaben schaffen? Jene, die Babylon heute besetzt halten, halten selbst dafür Operationspläne parat.
Doch am 21.Dezember 2012, der finalen Trennscheide, vielleicht um 13 Uhr, wird sich in einem Augenaufschlag, dem Wimpernschlag einer von den Vietkong hingerichteten südvietnamesischen Geheimdienstoffizierin, eine globale Umwendung vollziehen, die alle Linearität außer Kraft setzt. So, nur so, endet ein Kalender, der in seiner Absicht nur als ephemer eingesetzt wurde. Und nur das wahre Jerusalem und seine Gläubigen werden vielleicht, so Gott will, davor bewahrt, weil sie sich leiten lassen vom Stern von Bethlehem. Amen.
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Ein Jahr (das letzte?) hält den Atem an
August 2014.
Die Bilder des Internet, die uns erreichen, lassen uns vornüber fallen. Die Hinrichtungen der Schiiten im Irak, der Christen, der Yeziden. Hektoliterweise Blut. Bilder wie aus dem II.Weltkrieg, als die SS Polen und die Ukraine menschenleer fegten. Hektoliterweise Blut. Die Isis-Mörder haben damit kein Problem. Alles gedeckt durch die Schariah, das Heilige Gesetz, wie sie vermeinen. Der Unterschied: Nur mehr in Ausnahmefällen, im rituellen Fall, ist es das Schwert.
Die Mörder kommen auch aus Europa. Von mindestens 2.000 jungen Männern spricht die EU-Kommission. 900 Franzosen, 400 Deutsche, 100 Österreicher. Dort wurden sie rekrutiert. Denn die örtliche Staatspolizei spricht nicht Arabisch. Sie vermag die Schilder in den Spaziergängerparks nicht zu entschlüsseln. Die Jugendlichen sehen sich eine Zukunft als religiös legitimierte Mörder. Das verleiht ihnen Identität. Etwas, das sie bitternötig haben, um am Leben in Anonymität in diesem verhaßten System nicht zu verzweifeln. Sie konvertieren zu einem Staat, der klare Gesetze jenseits der positivistischen Beliebigkeit propagiert. Das Brechen der Gesetze wird standrechtlich geahndet, blutig. Andersgläubige werden getötet (die Männer) oder versklavt (die Frauen).
Derweilen weilt Europa in den Sommerferien. Barack Obama sieht sich gezwungen, von seinem Feriensitz Martha’s Vineyard eine breite Militäraktion zu lancieren. James Cameron unterbricht seinen Urlaub. Der Vespa-Franzose schickt Transportflugzeuge. Der Rest ist Schweigen … nicht ganz. Die europäischen Bischöfe stehen auf. Sie schließen sich dem Vorstoß ihres Chefs an und befürworten dezitiert eine Militäraktion. Nicht zu besänftigende Sorge spricht aus den Worten von Reinhard Marx, dem deutschen Kardinal. Er spricht für Zehntausende orthodoxe Kopten, deren Hingemeuchelt-Werden oder Verdursten niemand einfach hinnehmen kann. Nicht heute und kein Christ.
Mesopotamien brennt. Die syrische Wüste brennt. Europa im Urlaub. Manche der kampferfahrenen Extrem-Muslime kehren nach Wochen oder Monaten im "Heiligen Krieg" in ihre Heimat wieder zurück. Lebendige Sprengminen auf Zeit. Jetzt könnten die Abhörgesellschaften aktiv werden. Doch oh weh, in den Zentralen spricht keiner Arabisch, schon gar nicht Dialekt.
In der Ukraine tobt ein wahrer Krieg. Die Bürger von Donezk hocken in Luftschutzbunkern aus der Sowjetzeit. Das kümmert in Europa mittlerweilen keinen mehr. Doch der Winter wird kommen, und dann bleibt den Granden in den Regierungslogen keine plumpe Ausrede mehr. Und die Ukraine wird, wenn es ganz schlimm hergeht, erfrieren.
Und Bagdad, diese bereits jetzt zerstörte Zitadelle menschlichen Wahnsinns, wird zu einem zweiten Saigon. Und wenn der Teufel Abu Bakr al Baghdadi gegen den Botschaftskomplex der USA – ein wahrhaft schreckenerregendes militärisches Versailles – vorrückt, dann steht Barack Obama mit dem Rücken zur Wand. Und dann wird er alle Zurückhaltung verlieren. Denn ein zweites Saigon, das nimmt er nicht hin. Dann wird auch die Zweck-Freundschaft mit Hillary Clinton zerbrechen. Dann wird es keine "Operation Wüstensturm" mehr geben. Die Amerikaner und die Engländer werden in die Offensive gehen, und der kleine Hollande wird mitziehen.
Und dann werden wir sehen, was passieren wird. Sicher kein zweites Vietnam mit einer Flotte von B52ern in 10.000 Metern Höhe.