Als Karl Heinrich Waggerl, Salzburger Heimatdichter aus Wagrain, damals, in vielen unbekannter Vorzeit, seine Adventslesungen im Radio vortrug, gab es noch wenig Autos auf den Strassen. Erst recht in der Weihnachtszeit, der stillsten, dunkelsten und mit Schnee überladenen. Seine Erzählungen handelten vom Winter auf dem Land, der Schneelandschaft und den Menschen in ihr. Alles war in Frieden eingetaucht.

Waggerl ist lange tot, doch er lebt fort, auf geheimnisvolle Weise. Die Erinnerung verlischt nicht so einfach. Und schlußendlich sorgt ein anderer dafür, daß sie wiedergeboren wird, wenn auch als unverstandene. Die Erinnerung an die Stille Zeit wird nie verlöschen. Die Welt wird, sie muß, so hat es den Anschein, durch den Wahnsinn gehen, vielleicht sogar den kollektiven, um zur Besinnung zu kommen. Vielleicht treiben wir in Kürze in den Malstrom, in dem das Leben des ach so gepriesenen, umworbenen Konsumenten nur mehr ein Fingerschnippen wert ist, und wir fassen uns das nötige Herz, es zu erkennen. Denn wir leben nicht in Afrika, sondern auf dem Kontinent der Illusion, die beständig auf uns herniederprasselt.

Der reale Nihilismus des Jahres 2008 treibt also wiederum kalendergemäß auf das Fest der Provokation zu. Und weil wir diese Provokation nicht zu unseren Ohren vordringen lassen wollen, öffnen wir dem Wahn des Konsumismus und damit der Geschichtslosigkeit Tür und Tor. Ein einziges der aus der Zwangsbeschallung dahertrudelndes Weihnachtslied aus Kindermund, künstliche Lauterzeugung, nichts weiter, leugnet die Weihnachten des Vorjahres.

Weihnachten lastet auf den Schultern der Menschheit. Treiben wir so im Malstrom der Geschichte mit jedem Jahr weiter fort von Bethlehem? Endete die Geschichte gar damals auf Golgotha? Sind wir einfach nur unfähig, an die Erlösung zu glauben, an die Auferstehung? Ist es nur eine trottelhafte Folklore, dieses Vorzeigen eines putzmunteren, fröhlichen Kindes in der Krippe? Charakterisiert sich das nunmehrige Weihnachten nicht vielmehr durch das Genre der Sendungen im Fernsehen am Christtag, wie zum Beispiel die 10.Wiederholung von "Stirb langsam 2"?

Die Ankunft des Herrn, diese vermaldeite ewig jugendliche, verläuft diametral zu unserer Bestimmung, dem Tod in der Müdigkeit der Zeit. Ich will nicht mehr erinnert werden. Ich will meine Füsse ausstrecken und mich im Sofa zurücklehnen, den Schluck "Johnny Walker" genüsslich süffeln. Alles Andere soll mir heute egal sein. Ich will meine Ruhe. Nur keine Gedanken. Zumindest heute, am Christtag. Die Ankunft des Nazaräners zum Zwecke des Heils, ich kann nur müde darüber lächeln. "Das Heilswerk der Versöhnung zwischen Gott und den Menschen." Die, die solches erfunden haben (christliche Dogmatiker), gehörten heute noch ausgepeitscht! So denkt der müde Mann im Sofa, den Cognacschwenker in der Hand.

Aber wir bekommen Weihnachten nicht weg, selbst wenn wir uns alle ins Höllenfeuer des Konsumismus stürzen. Der Konsumismus lebt von Weihnachten. Wir können zumindest die Sinnentleerung von Weihnachten mitverfolgen, aber die höhere Gesetzlichkeit sorgt dafür, daß es nicht verschwindet. So wird also das Fest der Geburt des Herrn noch die nächsten 70.000 Jahre überdauern. In 70.000 Jahren wird die Krippe Bestand haben, doch nicht mehr die Hymne von Peru, die sie heute martialisch über Lautsprecher, vor leeren Rängen und geistesabwesend herumstehenden Polizisten, abspielen. Die korrupten "Stadtväter" sind heute, am 4.Adventsonntag, nicht auffindbar. Zu sehr stinkt ihr während des Jahres angehäufter Betrug am Volk zum Himmel.

Die Ankunft des Herrn überdauert alles Menschenwerk, solange es Menschen gibt, und das alleine sollte alle niedrigen Gesinnungen in uns zum Verlöschen bringen.

"Wer klopfet an?"

"Oh zwei gar arme Leut‘."

"Was woll ihr denn?"

"Oh gebt uns Herberg‘ heut‘!"

"Das kann nicht sein!"

"Wir wollen dankbar sein! Oh durch Gottes Lieb‘ wir bitten, öffnet uns doch eure Hütte!"

"Nein, das kann einmal nicht sein, nun schert euch fort, ihr kommt nicht rein!"

Soweit das Volkslied der Herbergssuche.

Im Geist der Eremitage von Otorongo allen Kämpfern der Selbstüberwindung "Frohe Weihnacht‘! Dank für die geleistete Arbeit! Laßt nicht ab in eurem Streben!"

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