Der Maienmonat, der uns hierzulande gehäuft Feiertage beschert, saust kalt über unsere Häupter. „Wir sind hier in Deutschland“, sagt der Freund. Es ist ein Festtag, Anlass, über das Festmotiv nachzudenken.
Christi Himmelfahrt ist eine von drei Erhöhungen unseres Herrn. Die erste, am Berg Horeb, vor seinen Jüngern Petrus, Jakobus und Johannes (dem Jungspund). Sie wird in der Schrift auch als Verklärung beschrieben. Relativ spurlos geht sie vorüber, und doch muss sie unvergleichlich gewesen sein.
Die zweite, die Erhöhung am Kreuz. Das Kreuz wird aufgerichtet, die leidende Kreatur an ihm. Christus, der Menschensohn, stellvertretend für die Millionen misshandelter, gefolterter Menschen und Kinder. Es ist nicht Penetranz, die die Kirche das Kreuz als Symbol für ihren Glauben wählen hat lassen, obwohl unsägliches Leid im Namen des Kreuzes zugefügt wurde. (Eingedacht sei an dieser Stelle nur der Opfer der Kreuzzüge und der Inquisition.) Es ist die tiefe Betroffenheit über das Leiden eines Messias, dem wir die Heilserwartung zuschreiben. Die Erhöhung am Kreuz ist ein Moment, der sich in jeder Verletzung der Menschenwürde wiederholt, stündlich, minütlich, jede Sekunde. 170.000 Einwählungen in Kinderpornoseiten sind alleine in Nordrhein-Westfalen zu verzeichnen. Mit der Schutzlosigkeit des neugeborenen Lebens geht jede Zukunftshoffnung zu Grunde. Die Ungeheuerlichkeiten unserer Zeit, in der man einem Vielreisepapst allerorten Jubelempfänge bereitete und um Privataudienzen bat, in einer solchen Zeit gären die Stürme, Feuersbrünste der Perversion, innerhalb der Mauern von Luxuswohnungen und Eigenheimen, Priesterseminaren und Kloestern, und innerhalb der anonymen Gefängnisse im exterritorialen Niemandsland. Und draußen tobt der Orkan der zähnebleckenden materialistischen Gier, die jede soziale Solidarität, jede dörfliche Identität mit Putz und Stingel ausrottet. Das ist die Erhöhung unseres Herrn, sein Mahnmal, das wir als Feiertag konsumieren.

Schließlich kehrte er zurück zum Vater, um an dessen rechter Seite Platz zu nehmen. Die endgültige Erhöhung. Nicht nur religiöses, auch schamanisches Mysterium. Schamanismus ist immer auch Versöhnung mit Gott. Versöhnung mit seiner Schöpfung, mit unserem Menschsein.
Wer sind wir, fragen wir. Niemand gibt uns Antwort. Und gäbe sie uns einer, wir glaubten ihm nicht. Deshalb gehen wir an die Grenzen, bis sich eines Tages der Vorhang teilt und wir Frau Lot’s Auge, das neugierige, erblicken. Unsere persönliche Wahrheit. In diesem Moment des Rauschens der Wogen, in der wir die uns verbliebene Liebe unseren Kindern schenken, folgen wir dem Herrn nach, als seine Schafe.

Christi Himmelfahrt 2006, Besuch des deutschen Papstes in Auschwitz-Birkenau. „Die Machthaber des Dritten Reiches wollten das jüdische Volk als Ganzes zertreten. Im tiefsten wollten jene Gewalttäter mit dem Austilgen dieses Volkes Gott töten, der Abraham berufen, der am Sinai gesprochen und dort die bleibend gültigen Masse des Menschseins aufgerichtet hat. Denn das jüdische Volk gibt einfach durch sein Dasein Zeugnis von Gott, …. der den Menschen in Verantwortung nimmt.“ Das seine Worte.

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