Nun, da sich die Trockenzeit nach und nach einstellt und die Tukane in den hohen Baeumen wieder um Wasser zu betteln beginnen werden, liegt das Camp unter einem allnaechtlichen Sternenzelt, durch das das duennsichelige Schiffchen des zunehmenden Mondes segelt. Waehrend Besucher und Besatzung des Camps ihren ruhigen Tagesgeschaeften nachgehen, liegt drueben im Schatten seiner kargen Huette ein Diaetant bei sieben Tagen alleinigen Wassers. Frucht einer seiner Visionen. Er reiht sich damit in die Gilde der waghalsigen Krieger. „Ich ass und trank 7 Tage lang nichts und schlief auch nicht 7 Tage. Danach konnte ich fliegen.“ (Agustin Rivas)

Der gute Mann, der sich das antut, kommt auch noch zu unseren Zeremonien herueber. Vielleicht gelingen die Zeremonien gerade wegen ihm so perfekt.

Die Diaethuette von Otorongo hat herzeigbare Kaempferinnen und Kaempfer beherbergt. Menschen mit Edelfassung, die sich den Pruefungen unterzogen:

Der Viper, die unangemeldet auftaucht und ein trockenes Plaetzchen sucht, mit einem Blick, der einen nicht loslaesst. Das tolldreiste Oppossum im Gebaelk, das sich ueber alles mit frech unschuldigen Augen hermacht und Geliebtes annagt, so wie die Kuechschaben, die auch vor dem Moskitonetz nicht haltmachen. Die Gekkos und Spinnen, die vom Palmendach auf das Raumgitter fallen, – und, eben, die Kolonnen der im Stechschritt anmarschierenden Ameisen und ihre friedlichen, aber umso appetitangeregter konsumierenden Nachbarn, die Termiten, deren Leibspeise Lederguertel, Lederportemonnaies und verschwitzte Kleidung darstellen. Das Ueberfallskommando, das sie in Abwesenheit des Hausbewohners bilden, ist filmreif. Da kann nur Oskar mit seiner Giftspritze die Inszenierung verhindern.

Die Heroen von Otorongo, die nach Yushin hinueberpilgern, wo sie von Agustin unter der Hand einen Tipp abbekommen. Dann duerfen sie wieder zurueck, den Wanderstock in der Hand. Sturm kommt manchmal auf, ein Uwaldriese faellt rumpsend. Zermalmt er die Huette? Aehnelt der gurgelnde Bach nicht einem Hoellenschlund? Die Nacht ist stockdunkel. Wo liegt nur meine Lampe? Draussen, am Stock. Die Hand greift tastend nach draussen.

Eines Nachts dann wird sie ergriffen. Eisern. Das Herz stockt. Er ist da.

Spaeter gehen sie schlafwandelnd durch den Dschungel, den Blick in einer anderen Welt. Der Otorongo schlendert in Griffweite vorbei. Im Schatten des Baumstammes, auf den sie sich setzen, der schlafende, zusammengeringelte Jergon. „Boa!“ sagt Salomon Karli, und es klingt wie ein Freudenschrei. Das Jubellied, das geheime, das angestimmt wird fuer jeden dieser Helden, die durchs Feuer gingen, es gilt ihnen alleine, jenseits des krankmachenden Laerms, der sie nicht mehr erreicht. Ein Jubellied nicht von Menschenzunge.

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  1. ………. und w?hrend ich in meiner H?tte liege, manchmal m?de durch den Urwald streife, schon etwas geschw?cht von der Di?t, herausgefordert vom Fasten, macht zu Hause mein Sohn sein eigener Prozess.

    Nicht genau wissend was ich da mache in Peru, sucht er auf seine Weise seine Kraft, jung, mit seinen 17 Jahren – und beginnt zu Fasten. Nur Wasser, erst in den letzten Tagen vor dem Fastenbrechen hin und wieder etwas Bouillon, weil das Salz ruft, er oftmals schwach ist. Gefastet hat er ?ber 30 Tage – ?ber dreissig Tage! – auf der Suche nach sich selbst, einer neuen Verbindung zu Nahrung, Ern?hrung, sich gen?hrt f?hlen und manchmal spricht er zu seinem Vater, als ob er ein 50- j?hriger Mann ist, angef?llt mit Weisheit und Einsichten aus einem gelebten Leben. Ich kann nur staunen, ergriffen sein, ber?hrt, voll Ehrfurcht!

    Ich selbst habe mir Gr?sse gezeigt, mein Sohn mir Sch?nheit!

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