William Morris, ein Nachfahre Karl Marxens im viktorianischen London, pflegte die Phantasie einer kommunistischen Zukunft in seinem Heimatland England. Aehnlich wie das Paradies auf Erden der „Zeugen Jehovas“ bestand es in einer Versoehnung des Menschen mit der Natur, dem Leben in kleinen Kommunen am Land, an den Ufern lieblicher Fluesse. Eine Rueckkehr zum Kindsein, freilich als souveraene, gebildete Geschichtsbewaeltiger. Ein Traum. Er unterliess den Radschlag, was wohl das Gesicht der „Gesellschaft“ in 80 Jahren, heute, sein wuerde. Das tat auch sein Zeitgenosse Einstein, ein Pessimist, nicht. Vor mehr als 6 Milliarden Erdbewohnern verstummt irgendwann jeder Kommentar. Damals hatte man keinen Grund, sich mit der Vermehrung der Menschheit zu befassen. Haben wir einen Grund? Wie wird es in 80 Jahren sein, 2086?
Die Kunde von Nirgendwo. Nie gesehen, wann wird sie kommen?
„Und wenn es nicht dieses Jahrhundert ist, viele andere werden es sein“, gibt Jos? Ortega y Gasset als Leitspruch fuer alle Verzweifelten, deren individuelle Revolution unter Blut und Traenen gescheitert ist.
Wir haben die Daten, zu denen wir damals vorausschauen wollten, groesstenteil bereits ueberschritten:
Jules Vernes „Mondkanone“ geplant fuer ein Jahrhundert nach Verfassung seines Romans „Reise zum Mond“. George Orwell’s „Grosser Bruder“ im Jahr 1984, Truffaut’s „Fahrenheit 461“, wo alle Buecher verbrannt werden; Kubrick’s „2001“. Ridley Scott’s „Blade Runner“ aus dem Jahr 2021 steht noch bevor, so wie Charlton Heston’s „2021, die ueberleben wollen“, wo wir zum industriellen Kannibalentum zurueckkehren.
Auch unter Zauberern und Medizinleuten geht das Zukunftsgespenst hausieren. Auch wenn Meister Casta?eda seinen Lesern und Zuhoerern das „energetische Hier und Jetzt“ verdeutlichen wollte, er sprach gegen Ende seines Lebens sehr wohl davon, wir sollten versuchen, von der Erde so schnell als moeglich wegzukommen (er hatte dabei magische Praktiken im Sinn), es verschlechtere sich ohnehin alles. Es ist verstaendlich, dass ein so prononcierter Kaempfer wie er einen tiefen Zugang zum Gedanken des „Chaos“ hatte. Und es nimmt auch nicht wunder, dass jene, die ihn und seine Bewegung verunglimpfen, seinem engsten Kreis nach des „Naguals“ Tod einen kollektiven Selbstmord unterschieben wollen. Aber das sind amerikanische Phantasien aus einer Kultur des Jim Jones und der Wiederkehr der Ausserirdischen, eine Kultur der sektiererischen Schierlingsbecher. Flucht um den Preis der Beendigung des eigenen Lebens.
Agustin Rivas geht einen jahrelangen Leidensweg in Ayahuasca, die ihm quaelende Visionen von apokalyptischen Zeiten beschert. 2013, das Ende des Maya-Kalenders, ist auch fuer ihn das Ende der Zeit. „Man darf sich vorbereiten, in Wuerde zu sterben.“ Die meisten Besuche beim Meister verlaufen anders als geplant.
Die „Star Trekker“ und „Star Warrior“ werden kompetenterweise die Zeit angeben koennen, in denen ihre Episoden von Laser-Schwert und Faser-Pistole spielen, waehrend uns, den Hollywoodproduzenten, der Stoff fuer griffige Zukunfts-Erzaehlungen ausgeht. Die Phantasie gerinnt, waehrend uns die „Realitaet“, die menschliche, einholt. Die Aussichten, die wir aus Angst nur in Worte, nicht in Bilder fassen, nisten sich in der einen oder anderen Weise in jedem ein. Die menschliche Realitaet, die vordergruendige, ist zu einer der Gewalt und des Irrsinns geworden. Es ist die Realitaet der biologischen Waffen, von denen „Grizzly“ in diesem Forum schreibt (ein Mensch, der seinen Schlaf aufgibt, um dem, was draussen ist, gegenueberzutreten, dann, wenn seine Zeit gekommen ist). Es ist die Realitaet der Ressourcenausbeutung in den Laender der „3.Welt“. Es ist die Anbetung des Geldes, der die Milliardaere froenen, jene, die die Phantasie strapazieren muessen, um Moeglichkeiten fuer die weitere gewinnbringende Anlage ihrer Gewinne zu finden. Fuer diese existiert die Zukunft: Die Sicherung des Wassers, die Sicherung des Lebensraumes, die Sicherung des Oels und der Minerale, die Sicherung des Weizens, all das mit entsprechenden Mitteln der Kontrolle, sprich, der militaerischen Intervention, deren Forschung nicht innehaelt.
Wir haben in Yushintaita und Otorongo immer wieder Gaeste, die an Verschwoerungstheorien glauben: Die unbeflaggten militaerischen Flugzeuge, die im Sommer ueber Europa eine Mischung aus Barium und Aluminium in die Atmosphaere spruehen, um so das Sonnenlicht zu reflektieren und der Erderwaermung entgegenzuwirken. (Und tatsaechlich, Seltsames laesst sich da oben beobachten.) Die amerikanische Regierung, die systematisch Fluor ins Wasser mischt, um die Bevoelkerung gefuegig zu stimmen. Und vieles mehr.
Horrend aber das Bekenntnis eines Amerika-Kenners, das ich juengst las, seine Antwort auf die Frage, warum diese ruecksichtlose, jedes Mass sprengende Ausbeutung, die diese Reichen im engeren und weiteren Umfeld der Bush-Administration praktizieren: Ja, sie seien gottglaeubig. Gott habe ihnen die Gaben der Vernunft, die Mittel und die Gelegenheit geschenkt, deshalb koennten sie alles versuchen. Es ist alles erlaubt, denn am Ende, am Weltenende, dem vielleicht nicht allzu fernen, dem „Judgement-Day“, dem unvermeidlichen, richte Gott sowieso. Das die Ueberzeugung dieser „Potentanten“.
Diesen psychiatriereifen Braten riecht ein humanistisch erzogener Europaeer. Aber was kann er tun?
Die Antwort faellt einem manchmal in den Schoss, so wie der Taubenkalk auf die Schulter: „The only thing that is real is the being in you that is going to die. To arrive at that being is the NOT-DOING of the self.“ (Reise nach Ixtlan)
Hier und Jetzt.