Das Werk unseres Freundes aus Kalifornien kulminiert in 2 Wellen.
In der ersten Welle zerbricht er selbst seine Welt, in der entscheidenden Pruefung, ohne die Gesamtheit dessen, was er gelernt hatte, zu realisieren. Er springt in den Abgrund und erwacht, mehr als 1000 Kilometer entfernt, in seinem Wohnbuero in der Stadt der Engel.
Die zweite Kulmination, im Zustand des „erhoehten Bewusstseins“, in einer parallelen Welt, wenn man so will, geschieht auf der Plattform fremdartigen Traeumens. Im Kern verzweigt sich die Kulmination, die Pruefung, noch ein drittes Mal, schon zuvor, als er mit den beiden Lehrmeistern wie immer auf der Parkbank sitzt, und dann von dannen ziehen muss, woanders hin, fort von dieser Welt.
Doch die Plattform des Traeumens ist die dem Leser am leichtesten nachvollziehbare. Das Erreichen ihres Randes wird eingeleitet durch eine Textpassage von Dylan Thomas, die der eifrige und so mitgenommene Schueler seinem Wohltaeter vorliest.
„Ich sehne mich fortzugehen
vom Geklapper verbrauchter Luegen,
vom Geschrei alter Aengste,
das schrecklicher wird, wenn der Tag
ueber die Berge schwindet im Meer…
Ich sehne mich fortzugehen, aber ich fuerchte,
etwas vom unverbrauchten Leben wird bersten
aus alten, am Boden brennenden Luegen,
die in der Luft explodieren und mich fast blenden.“
(C.C., Die Kunst des Traeumens, Frankfurt a.M. 1994, S.206)
Eine Gedichtpassage, von der der alte Zauberer ihm sagt, es sei „zu jenem Zeitpunkt von groesster Bedeutung fuer ihn.“
In der Zauberei ist Ehrlichkeit eine Saeule. Sie ist gewissermassen die Eintrittskarte in die „Liga der Gentlemen“. Es ist eine Eintrittskarte, die Tricks von der Art des Dorian Gray schlussendlich entleibt, der sich Unsterblichkeit um den Preis eines sich immer mehr entstellenden Bildnisses seiner selbst, eines verhuellten, erkauft.
In mehreren Wellen und mehreren Jahren Nacharbeit wird unser Musterschueler gezwungen, sein Leben punktuell nochmals zu rekapitulieren, gemaess den Eingebungen des Geistes. Diese Zeit muendet in die Steigung ein, die das ungleiche Gespann schlussendlich wieder auf die Parkbank fuehrt.
„Mein Energiekoerper fuehlte, dass alles in Ordnung ist. Heute abend geht der Vorhang auf. Du bist ein Hauptdarsteller. Ich bin eine Charakter-Charge mit einer kleinen, aber wichtigen Rolle. Im ersten Akt gehe ich ab.“
…
„Ich habe nicht die Macht, dich auf irgendwelche Proben zu stellen, aber der Geist wird es tun.“ Dies sagte er grinsend, und dann fuhr er fort: „Ich bin nur sein Handlanger.“
„Ich kann nur sagen, du wirst heute nacht eine Lektion im Traeumen bekommen, in der Art, wie Traumlektionen einmal waren, aber du wirst diese Lektion nicht von mir bekommen. Jemand anderer wird heute nacht dein Lehrer und Fuehrer sein.“
(S.209 f.)
So bereitet sich die Kulmination vor. Der Meister schleppt seinen Schueler schlussendlich in den Pruefungssaal, eine Kirche. Man sieht es foermlich vor den Augen.
Die Eintrittskarte in den Schamanismus hatten wir alle einmal in der Tasche. Den meisten wurde sie gestohlen. „Wir leben in einem raeuberischen Universum“, sagt der Alte. Aber wir erinnern uns, und das macht uns krank, bleich. Wir uebergeben uns, weil wir das Flimmern der Welt nicht mehr aushalten. Die Luege. Wir schwitzen bei Kaelte. Eines nachts fahren wir mit aufgerissenen Augen aus dem Schlaf hoch und beruhigen uns nicht mehr. Der einsame Weg beginnt. Der ganz persoenliche, einsame Weg, auf dem wir nicht mehr zurueckfinden zu unseren alten Staetten. Nicht mehr zurueck nach Ixtlan, wie uns der teure Genaro gesteht.
Mit der Kulmination, in der Mitte der Nacht, die selbst die Sonne verfinstert, tritt uns die Macht gegenueber, die alles aufloest.
Vielleicht setzt sie uns wieder zusammen, anders, solange, bis es ihrem Willen entspricht, uns wieder aufzuloesen. Endgueltig.