Lady Diana Spencer
Sie war die meistfotografierte Frau des Globus. Der meistfotografierte Mensch der Geschichte. Die Paparazzis verfolgten sie bis in die entlegensten Winkel dieser Erde. Mit Teleskopkameras bewaffnet, versuchten sie Aufnahmen ihres Koerpers ueber Kilometer hinweg zu erhaschen. Sie trieben die arme Kreatur, Mutter zweier Soehne, unerbittlich vor sich her, seit dem Bekanntwerden der Liaison mit dem Thronfolger. Ihr Leben geriet zu einem einzigen Spiessrutenlauf, der auch im eigenen Haus, das nicht das ihre war, nicht enden sollte. Die koeniglichen Schwiegereltern korrigierten sie unentwegt, – so sagt man. Die Frau begann sich zu wehren. Koerperlich durch Schaeden an ihrer Gesundheit, und ansonsten durch das Zerbrechen des Hausgeschirrs. Das zu einem Zeitpunkt, als der Gatte, der Thronfolger, der all die Zeit ueber, aus welchen Gruenden auch immer, nicht von seiner Freundin lassen konnte, bereits sein telefonisches Embryonal-Vaginalgestaendnis abgelegt hatte, an eine Frau, die er spaeter heiraten sollte und die ihm den Thron kosten wird.
Doch zuvor, 1985, war die Mutter des zukuenftigen Koenigs William an der Hand von John Travolta ueber das Parkett des Festsaals des Weissen Hauses geschwebt, hatte den Soehnen William und Harry das Leben geschenkt. Dann die Enthuellungen aus einem Eheleben in Entfremdung, beidseitigem Ehebruch. Das liess die Koenigin die Scheidung fordern, zum dritten Mal gegenueber einem eigenen Kind.
Doch damit endete der Leidensweg der Verfolgten nicht, trotz aller zurueckgewonnener Freiheit. Die Prinzessin unterhielt zunaechst eine Beziehung mit einem pakistanischen Herzchirurgen, dann fiel sie dem aeltesten Sohn eines aegyptischen Milliardaers, Besitzer von „Harrod’s“ in London und des „Ritz“ in Paris, in die Arme. Sie liebte die Araber.
In einem Interview bezeichnete sie als die „Menschen persoenlichen Vorbildes“ Margreth Thatcher, Madonna und Mutter Theresa. Ma-Ma-Ma. Eine Kriegstreiberin, eine Buehnenprostituierte und die Heilige der Armen. Alle kannte sie persoenlich. Solche Bekenntnisse waren mit ein Grund, warum die „Bildungspresse“ sie als „mittelklassig“ einreihte. Doch der Verfolgungsjagd tat das keinen Abbruch.
Und so kam es zum Ende.
Am 30.August 1997, 16:30 Uhr, betreten Lady Diana Spencer und Dodi Al-Fayet das Luxushotel „Ritz“ in Paris. Der Galan gewissermassen der Besitzer im eigenen Haus. 16:35:04, eine muede, von der Anreise aus dem Badeurlaub gezeichnete, attraktive, blonde Frau im beigen Hosenanzug mit schwarzer Bluse, die Sonnenbrille ins Haar gesteckt, erwartet ihren Galan, dessen Leibesfrucht sie unter dem Herzen traegt, mit einem Laecheln im verspiegelten Hotellift. Der Geliebte tritt formell, leicht stelzend, hinzu, die beiden fahren auf ihre Suite. Was sie dort tun, wissen wir nicht. Wahrscheinlich nahmen sie eine Dusche und eine Erfrischung aus dem Kuehlschrank, legten sich zu Bett. Vielleicht fand der stolze Galan eine Nachricht seines Vaters auf dem Schreibtisch vor, in welcher jener ihm Allahs Segen und eine angenehme Zeit in seinem Haus wuenscht. Kurz nach Mitternacht faellt die Entscheidung, die Flucht von diesem Gestade, das mittlerweile von einer Sensationsmeute umlagert ist, fortzusetzen. Der Aufbruch geschieht in aller Hast. Der Security-Manager des Ritz, Monsieur Henri Paul, steigt, laut gerichtsmedizinischer Analyse betrunken und unvorbereitet hinter das Volant eines weissen Mercedes S 280, neben ihm der Leibwaechter des Aegypters. Sie fahren zum Hinterausgang. Das Liebespaar huscht durch das hintere Foyer, eine Sekundenaufnahme im Video, und steigt ein. Der Fahrer steigt aufs Gaspedal und jagt los. Niemand ist angeschnallt. Die Paparazzis riechen Lunte und rasen zu ihren Motorraedern, nehmen die Verfolgung auf. Im Tunnel der Pont de L’Alma, der „Bruecke der Seele“, blitzt eine Stroboskop-Kanone auf, von der ein englischer MI-6-Agent unter Eid aussagt, sie werde fuer Attentate verwendet. Der Fahrer wird geblendet und realisiert die Rechtskurve in der leitplankenlosen Fahrbahn nicht. Mit voller Geschwindigkeit prallt das Geraet wie ein Geschoss in die Betonsaeule.
2,5 Milliarden Menschen sahen weltweit die Begraebnisfeierlichkeiten der „Queen of the Hearts“. Das groesste Medienspektakel bis dato. Der Freund der Prinzessin singt ihr zu Ehren das neukomponierte Totenlied am Piano: „Like a Candle in the Wind“. Seine Stimme hallt von den Waenden der hochaufragenden Westminster Abbey wider. Millionen draussen stehen still und weinen.
Sie starb einen Opfertod auf der Strasse, so wie Grace Kelly. Sie lebte ein Leben auf Zeit, und damit war sie ein Vorbild fuer uns alle. Sie bleibt es bis heute. Unser aller gestundete Zeit. Unser ganz persoenlicher Countdown.
Diana Spencer war anfangs eine Kindergaertnerin, Tochter aus behuetetem und doch geschiedenem Haus. Dann war sie Aschenputtel und stieg wie ein Phoenix aus der Asche, fuer gemessene Zeit.
Sie tanzte eine elegante Improvisation mit John Travolta auf dem Parkett des White House, und Ronald und Nancy Reagan hatten Traenen in den Augen. Denn die beiden alten Leute wussten, hier bewegte sich eine von hoeheren Gewalten Geweihte.
Lady Diana Spencer starb einen Opfertod, so wie ihr aegyptischer Geliebter, der Araber. Sie starben und wurden getrennt, – ein Frevel, ein vorhersagbarer, denn sie war von ihm schwanger. Sie brachte man auf die Insel, ihn ins Land der Pyramiden. Doch im Londoner Harrod’s, des korrekt denkenden Vaters Besitz, sind sie vereint, tanzend in Bronze, unter dem Albatros. „The dance of innocence“. Und allen, die daran vorbeigehen, treten die Traenen in die Augen. Denn wir denken an beide, an die Frau, die unser Herz bewegte, und an ihren Mann, der mit ihr starb – Zeichen wahrer Liebe -, wir denken an drueben.
Leben Sie wohl und unvergessen, Prinzessin.
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Gracia Patricia von Monaco
Sie war eine prägende Gestalt, eine Lichterscheinung. Sie verzauberte ihre Umgebung: Hollywood, dessen Filmstudios, dessen Regisseure, dessen Schauspieler. Gary Cooper, Clark Gable, James Stewart, und andere. Fred Zinnemann verdankte sie den Durchbruch, als Frau des Marshalls Kane (Gary Cooper) in „High Noon“. Doch erst Alfred Hitchcock, der „Meister der Sapnnung“, der sie kannte wie kein zweiter und dem sie sich scheinbar bedingungslos anvertraute, hob sie in den Ruhm der Unvergänglichkeit. 1955 erhielt sie den Oscar als beste Hauptdarstellin in „Ein Mädchen vom Lande“. Mit Hitchcock drehte sie „Über den Dächern von Nizza“. Dort und damit fiel sie dem Monegassen auf, dem Fürsten, der auf Anraten von Aristoteles Onassis und durchaus wegen staatsökonomischer Erwägungen Ausschau hielt nach einer Braut aus der US-Filmszene, einer Braut, die ihm als Leuchtfeuer dienen könnte zur vermehrten Bekanntwerdung Monte Carlos. Rainier III. verliebte sich standrechtlich in diese Lichtgestalt, und alles nahm seinen zwingenden Verlauf. Und dennoch keine leichte Entscheidung. Das Protokoll. Die drei Kinder, davon die beiden Mädchen Caroline und Stephanie nicht leicht zu führen. Die Fürstin kannte Lady Diana. Fünf Monate vor deren Trauung lernte sie sie in London kennen. Sie sympathisierten mit einander.
Das Leben im Fürstentum als Amerikanerin war nicht leicht, doch die Monegasssen dankten es ihr. Aristoteles Onassis kannte sie näher und schätzte sie, doch die Geschäfte, gewagte Geschäfte, unvermeidbarerweise zeitweise auch gegen den Fürsten gerichtet, gingen vor.
Die Fürstin hatte drei Fehlgeburten. Sie litt an innerer Zerrissenheit. Sie hatte einen inneren Freiheitsdrang, den sie, ob sie es sehen wollte oder nicht, ihren beiden Töchtern mitgegeben hatte. Zeitlebens rang sie um eine eventuelle Rückkehr zum Film. Robert Dornhelm gehörte zu ihren befreundeten Gesprächspartnern. Das ist ihm hoch anzurechnen.
Sie verkörperte die Reinheit. Dieses reine Gesicht. Diese Noblesse. Sie leistete sich keinen Seitensprung. Sie hatte Stil, Grazie. Sie war die Verkörperung ihres Namens schlechthin. Ihr verdankte der Fürst praktisch alles. Er hätte ohne sie nicht leben können, und ihr Tod brach ihm beinahe das Genick, doch er hielt noch 23 Jahre durch. Das rechne ich ihm sehr hoch an. Fürst Rainier III. von Monaco hielt ohne die Fürstin an seiner Seite noch 23 traurige Jahre lang einsam durch, bis zum eigenen Tod in 2005, dem Todesjahr Johannes Pauls II., während derer er das Scheitern der Beziehungen seiner drei Kinder mitansehen mußte.
Drei Kinder, geboren 1957, 1958 und 1965, die vom Tod der Mutter ihr Leben lang schwer geschockt bleiben sollten, erst recht die jüngste, Stéphanie. Der Thronfolger, der einzige Sohn, Albert, ein Playboy mit zwei unehelichen Kindern, die für die Thronfolge nicht relevant sind, heiratet schlußendlich erst mit 52. Zwillinge wurden ihm von der Gattin, einer südafrikanischen Schwimmerin, 20 Jahre jünger als ihr Gatte, im Jahre 2014 geboren. Spätes Vaterglück, gottgeschenkt.
Caroline ihrerseits verlor ihren zweiten Gatten, Stefano Casiraghi, 1990, auf absurde Weise, bei der Ausübung seiner Passion. Der Mann war Atlantikschnellbootfahrer. Die drei Kinder waren sieben, fünf und drei, als der Vater starb.
Stéphanie von Monaco schlußendlich, sie, so scheint es, ist eheunfähig. Zwei binnen eines Jahres gescheiterte Ehen, drei Kinder, ihre Liebhaber anfänglich ihre Bodyguards. Erinnerungen an Whitney Houston und Kevin Costner werden wach. Dramen über Dramen.
Der Mutter, Grace Kelly, der sportlichen, doch narkotisierten, blieb die sozialdramatische Rolle des sterbenden Schwans nicht erspart. Das gab reichlich Futter für die Sensationspresse, gegen die die Kinder später harsch und mit erfolgreichen Millionenklagen vorgehen sollten.
Montblanc lancierte jüngst zu Ehren der Fürstin einen Füller mit einer Rubinimitation, ich finde, er ist gelungen. Die Franzosen wußten zeitgerecht, was sie an ihr hatten. Wenn schon nicht de Gaulle, aber Jaques Chirac auf jeden Fall. Er blieb den Grimaldis immer verbunden, so wie Johannes Paul II., der viel für Caroline tat.
Die Mutter litt unter lavierten Depressionen aus Zerrissenheit. Sie hielt sich eisern in den Zügeln. Dann kam die Schicksalsfahrt, so wie jene von Lady Diana, doch nicht als Schwangere, und nicht an der Seite eines Arabers, und nicht als Geschiedene. Denn sie liebte ihren Mann, und sie war durch und durch gereift. Doch mit ihren Töchtern lag sie immer wieder im Streit. Auf der Fahrt nach Paris zu einer Modevorführung mit Stéphanie, im Rover 3500, erleidet sie, wie in der Notoperation festgestellt wurde, eine Hirnblutung im Schläfenlappen, die ihr Denkvermögen außer Kraft setzte. Sie kann eine Haarnadelkurve im felsigen Küstengebirge nicht mehr meistern. Das Gefährt stürzt 40 Meter in die Tiefe. Die Fürstin erleidet beim Aufprall eine zweite Hirnblutung, die die Ärzte zu spät orten. Sie stirbt am 14.September 1982 im Krankenhaus von Monte Carlo. Ein Engel auf Erden verblaßt. 100 Millionen Fernsehzuschauer wohnen auf Distanz dem Begräbnis bei. Der Fürst gebrochen. Aber er hielt durch, als Witwer. Das Andenken an seine Gattin überstrahlte alles.
Das Licht, dieses ominöse, erlosch. Umso heller strahlt es in der Erinnerung. Eine Fürstin, eine amerikanische Ikone, die den Opfertod starb. Wie weh wird mir ums Herz, wenn ich an sie denke.
Primadonna assoluta
Maria Callas, die Tigerin
Sie war Griechin, geboren am 2. Dezember 1923 in New York City. Die Eltern griechische Einwanderer, der Vater Apotheker. Die Eltern lassen sich scheiden, als die Tochter 14 Jahre jung ist. Die Tochter kehrt mit Ihrer Mutter und der Schwester Yakynthy nach Athen zurück. Wir schreiben das Jahr 1937. Ein Jahr später, das Mädchen ist knapp 15 und Studentin am Athener Konservatorium, betritt sie die Bühne der Oper, Cavalleria rusticana. Im August 1942 singt sie an der Nationaloper von Athen zum ersten Mal die Partie der Tosca, im April 1944 erstmals die Rolle der Marta in Tiefland. Bei der griechischen Erstaufführung von Fidelio im Theater des Herodes Attikus im August 1944 übernimmt sie die Titelrolle. 1949 heiratet sie den italienischen Unternehmer Giovanni Battista Meneghini und nimmt die italienische Staatsbürgerschaft an.
Maria Callas, die unbestrittene Primadonna assoluta des 20.Jahrhunderts. Eine unerreichbare Traumerscheinung. Eine Mensch gewordene Göttin. Eine Hohepriesterin. Medea.
Die Callas trat in vielen Rollen auf. Ihr Repertoire, so lesen wir in Wikipedia, umfasste 43 vollständige Partien, sowie Arien aus weiteren 34 Opern. Dabei reichte ihr Stimmumfang vom fis in Verdis Sizilianische Vesper bis zum f3 in Rossinis Armida. Neben dem Tonumfang von fast drei Oktaven, besaß ihre Stimme große Biegsamkeit. Callas beherrschte alle stimmlichen Tontechniken des Belcanto-Gesangs. 1951 trat sie als Aida im Palast der schönen Künste in Mexiko-Stadt auf. Das Ende der Siegerszene im 2. Akt beschloß sie, abweichend von der Partitur, mit einem glasklaren es3. „Das Publikum drehte durch“ beschrieb die Plattenfirma EMI die Reaktion. Die historische Aufnahme ist erhalten und wurde in den 1990er Jahren als Aida Live 1951 von EMI als CD herausgegeben.
Ich habe diese Aufnahme ein Mal gehört, zuhause, als Schüler, vor dem Mittagessen, an einem Wochenende, auf dem Klassik-Sender des Österreichischen Rundfunks, Ö1. Ich weiß nicht, warum ich vom ersten Mal an, als ich den Namen Maria Callas hörte, von dieser Frau dermaßen gebannt war. Es war wohl ein Foto von ihr, auf einem Plattencover, in der Auslage eines von mehreren Musikgeschäften in Linz Landstraße.
Dieses Gesicht. Deser Stolz. Diese Noblesse. Eine Göttin.
Pasolini dreht mit ihr 1969 Medea, an mehreren Orten, doch zentral, unter anderen Orten der Ägäis und des italienischen Festlands, in Kappadokien, rund um Göreme. Pasolini, neben Bergmann DER Regisseur schlechthin. Pasolini hatte auch gar nicht vor, eine Oper zu verfilmen, er läßt die Callas in ihrer ersten (und einzigen) Filmrolle keinen einzigen Ton singen, nur wenige Dialoge sprechen, er inszeniert sie, die für ihre expressive Bühnenpräsenz berühmt ist, über weite Strecken gegen ihr Image, statuarisch, streng, zurückgenommen.
„Über ihre professionellen Fähigkeiten bin ich sehr wohl im Bilde, doch sie interessieren mich kaum“, teilte er in einem Interview mit, „die individuellen Züge der Callas sind es, aus denen ich die Medea formen kann. […] Hier ist eine Frau, die in gewisser Hinsicht als die modernste aller Frauen gelten kann; doch in ihr lebt eine Frau aus uralten Zeiten – fremdartig, mysteriös, magisch, mit furchtbaren inneren Konflikten.“ Pasolini entdeckte im Leben der Callas Parallelen, sah in ihr eine moderne Medea: sie stammte aus einem einfachen sozialen Umfeld und war in eine andere, fremde Welt der Stars und des Großbürgertums gegangen – und sie steckte nach der 1968 gerade vollzogenen, schmerzhaften Trennung von Aristoteles Onassis in einer schweren Krise.
Ihr Verdienst, so die Fachwelt, liegt u. a. in der neuerlichen Interpretation und Darstellung von Belcanto-Opern Rossinis, Donizettis und Bellinis. Ihre Auftritte in Rossinis Il turco in Italia und Armida, Donizettis Anna Bolena und Lucia di Lammermoor oder Bellinis Norma und Il pirata bereiteten den Weg für Sängerinnen wie Joan Sutherland und Montserrat Caballé, die Jahre später in diesen Rollen bekannt wurden.
Ich habe die Aufnahme der Lucia di Lammermoor in Erinnerung, die sogenannte „Wahnsinnsszene“, wo sie dem Wahn verfällt. Ich sah es bildlich vor mir, während der Hörens im Radio. Der Vater lag in seinem Mittagsfauteuil, wo er seine halbstündige Siesta abzuhalten pflegte. Er unterdrückte seine Bewunderung. Es war ihm immer peinlich, jemanden im Raum zu wissen, der an seinen Leidenschaften Anteil nehmen hätte können. Er spielte seine Beeindrucktheit systematisch herab. „Die Callas…, dem Wahnsinn nahe…“ Ich studierte sein Gesicht. Er war tief betroffen.
Im Juli 1959 wurde Callas durch Elsa Maxwell mit Aristoteles Onassis bekannt gemacht und begann kurz darauf eine Liebesaffäre mit dem griechischen Milliardär, die 1959 zur Scheidung ihrer Ehe mit Giovanni Battista Meneghini und 1960 zur Scheidung Onassis’ von seiner damaligen Ehefrau Athina Livanos führte. Auch nach Onassis’ Eheschließung mit Jacqueline Kennedy wurden er und „Die Callas“ in den 1970er Jahren wiederholt in der Öffentlichkeit zusammen gesehen. (Zitat Wikipedia)
Das Gesicht der Callas. Eine Maske. Pure, verhaltene Leidenschaft. Klassische griechische Schönheit. Eine Maske. Noblesse. Verwundbarkeit, weil aus einer anderen, eben der mythologischen Zeit. Heraufgekommen, wiedergeboren aus dem Altertum, aus der Vorzeit der Brand- und Menschenopfer, der Fruchtbarkeitsopfer. Das Gesicht einer Hohepriesterin aus dem Archaïkum, tausende von Jahren, wenn nicht zehntausende, alt. Unantastbarkeit. Unermeßliche Einsamkeit. Gemiedenheit. Pures Leiden, maskenhaft, titanenhaft, priesterhaft getragen. Eine Göttin auf Erden.
„Pasolini war so ziemlich der am wenigsten wahrscheinliche Regisseur, der die Callas schließlich zum Film bringen sollte,“ schreibt der Biograph David Schwartz in „Pasolini Requiem“, und tatsächlich war die Ausgangslage mehr als unwahrscheinlich: auf der einen Seite der kommunistische Intellektuelle, bekennende Homosexuelle, Skandalregisseur, Publizist und Autor, der zudem mit der Oper nicht sonderlich viel anfangen konnte, und auf der anderen Seite die in Italien (wohl zu Unrecht) für ihre Launenhaftigkeit berüchtigte, großbürgerliche und völlig unpolitische Diva, die Teorema, einen der letzten Filme Pasolinis, entrüstet mitten in der Vorführung verlassen und den Regisseur Freunden gegenüber kurzerhand zum Verrückten erklärt hatte. Doch ein weiterer Faktor kam hinzu: die Callas befand sich nach der Trennung von Onassis in einer schweren Krise, nun wollte sie unbedingt ihre Unabhängigkeit beweisen und sich neu erfinden. Das Angebot zu Medea hätte wohl zu keinem günstigeren Zeitpunkt kommen können: die Callas war eng mit Rossellini befreundet, vertraute ihm, und sagte zu.
Tatsächlich entwickelten sich die Dinge völlig unerwartet, von Beginn an gab es zwischen Pasolini und Callas ein Gefühl des gegenseitigen Vertrauens und Respektes, die „schwierige“ Diva erwies sich trotz fehlender Filmerfahrung und der teils sehr schwierigen Drehbedingungen als absolut unkompliziert, professionell und zuverlässig. Bald entstand zwischen beiden eine tiefe, gegenseitige Zuneigung, sie verbrachten während und auch nach den Dreharbeiten viel Zeit miteinander, Pasolini zeichnete sie und widmete ihr öffentlich Gedichte, sie fuhren gemeinsam zu Freunden und in den Urlaub: Griechenland, Afrika, …; in der Boulevardpresse wurde bereits über eine bevorstehende Heirat spekuliert. Soweit kam es nicht, doch nach Pasolinis Tod 1975 sprach die Callas davon, dass sie einen Bruder verloren habe.
So reicht der Mythos ins Jenseits und weht uns von dorther immer wieder aufs Neue an. Am 16. September 1977, zwei Jahre nach ihrem „Bruder“ Pasolini, stirbt Maria Callas mit 53 Jahren in Paris, 36 Avenue Georges-Mandel, an einer Lungenembolie. Ihrem Wunsch folgend, wird ihr Leichnam eingeäschert und ihre Asche vor der griechischen Insel Skorpios im Ionischen Meer verstreut. Im Kolumbarium des Pariser Friedhofes Père Lachaise befindet sich ein symbolisches Urnengrab.
La primadonna assoluta. Ein Hand-, eine Kopfbewegung. Ein Anheben der Stimme. Verletzbar durch jeden Gedanken, verletzbar durch jeden Blick. Reine, unverfälschte Empfindung. Ewiger Hauch, so wie er hereinströmt, hier, jetzt, über die Kohlefelder.
Ich kehrte damals heim am 16.September 1977, aus Kappadokien, Göreme und Nevshehir. Ich war dorthin gereist, voller Melancholie, auf der Suche nach Maria Callas und Pier Paolo Pasolini. Medea hatte ich vier Monate zuvor gesehen, im Filmclub der Zentralsparkasse in Wien 7., Siebensterngasse. Eine unvergeßbare magische Strecke. Aguirre, der Zorn Gottes. Nosferatu. Kasper Hauser.
Tiefe Trauer. Ich höre also das Mittagsjournal, es ist 12 Uhr mittags, 17. oder 18.September. Die Nachricht: Maria Callas ganz unerwartet tot. Mein Denken hält an. Ich blicke ins Leere hinaus, durch die Fensterfront, so wie jetzt, da ich mich erinnere. Mein Vater in seinem Fauteuil läßt sich nichts anmerken, doch ich weiß, er hat alles gehört. Er bleibt stumm. Heute, 38 Jahre später, weiß ich, warum.
Harry of Wales
Hat er doch die Kurve gekratzt, dieser sympathische Herr, Engländer, Jahrgang 1984 (15.September), nach dem Tod seiner geliebten Mutter in Paris, als er erst 13 war. Welche Wut muß in ihm gekocht haben gegen all die Papparazzi, die seine Mutter in den Tod getrieben hatten. Nunmehr ist er mit Meghan Markle liiert, einer feschen Braut, sie ihrerseits drei Jahre älter als er. Das sind gute Voraussetzungen. Ein Faktor der weiteren Stabilisierung. Gestern waren sie, die Royals, in Sandringham im Weihnachtsgottesdienst, die ganze Clique, ich wünsche ihnen von Herzen alles Gute. Ich finde, Harry schaut gut aus und auf seine Spur gesetzt. Mein „Guardian“ hat gestern vermeldet, es gibt ein Weihnachtsradiointerview mit Barack Obama. Man sieht die beiden in einem Videoclip bei den Aufnahmevorbereitungen. Das wird ein „Muß“, auf alle Fälle. Ja, ich bin es ihm von Herzen vergönnt. Harry hat Kanten und bekennt sich zu seinen Werten, die nicht Mainstream sind. Er marschierte auch schon gute 350 Kilometer zum Südpol und hätte nicht davor zurückgerschreckt, sich im Irak einsetzen zu lassen. Das hat alles Profil und Kern.
Er schreckte nicht davor zurück zu bekennen, er habe in den Jahren der Krise, als die Trauer um die Mutter ungehemmt hervorbrach, eine psychoanalytische Therapie in Anspruch genommen. Endlich mal ein Royal, der vom eigenen Innenleben spricht. Von seinem Vater wissen wir zu diesem Thema leider nur Unwesentliches, auch wenn Charles für seinen fortgeschrittenen ästhetischen Geschmack bekannt ist. Und mit Ästheten kommt man bekanntlicherweise doch eher ungezwungen ins Gespräch. Das erleichtert Vieles. Ja, ich finde, Harry ist ein Hoffnungsträger, mein persönlicher Hoffnungsträger, für eine ganze Bandbreite von Themen, die auf der Agenda stehen, nicht nur für das Vereinte Königreich, sondern für, sagen wir einmal, den bewohnten Globus. Ich finde, wir brauchen Intelligenz und Charisma, Ehrlichkeit und … Bescheidenheit. Gut, als Royal kann er unverdrossen und womöglich auch ohne Zeitdruck (was auch immer das heißen mag) an seiner Bescheidenheit arbeiten. Er ist abgesichert. Doch gerade das wird ihm als Prüfstein für seine moralische Integrität dienen. Harry ist fähig, sich zu hinterfragen. Das ist ein Wert, der bei mir ganz oben steht. Harry mag einer sein – ich hoffe es inniglich -, der mal brummt und die Hand auf seinen Mund legt, bevor er im gepflegten Gespräch loslegt. Auch wenn er das Privileg der bereits durch das Protokoll abgesicherten vornehmen Gesprächsatmosphäre genießt: gerade das kann ihm als moralische Herausforderung der jederzeitigen Gewissensüberprüfung dienen. Einer somit, der weiß, es geziemt sich nicht, auf alles und jedes Standardantwortsätze parat zu halten, die jedes weitere Gespräch müßig und obsolet erscheinen lassen. Nein, so einer ist er nicht, und daran ist nicht sein blaues Blut maßgeblich beteiligt, sondern einfach nur Anstand und Ehrlichkeit.
Ich hege, ehrlich bedacht, gesteigertes Interesse an der Frage, wie die Royals denken. Die Royals sind keine Außerirdischen. Was für ein Blödsinn. Als solche hätte sie auch keiner der Päpste im Vatikan vorgelassen. Und die Aufwartungen im Vatikan hatten immer etwas Historisches. Pittoresk, aber historisch, und natürlich souverän. Und sobald Souveränität ins Spiel kommt, lehne ich mich zum ersten Mal zurück, so wie bei „2001 – Odyssee im Weltall“ in 70 Millimeter. Aber ich kann, retrospektiv betrachtet, gestehen, ich denke regelmäßig an die Royals und an deren Leben. Das war schon als Kind so. Ich wüßte wirklich gern, was so in ihnen vorgeht. Vielleicht mache ich noch auf Butler, wenn ich die Zeit in den Griff bekomme. Mich interessiert da so einiges, Unschuldiges natürlich. Was essen sie, was trinken sie? Worüber reden sie so? Was lesen sie? Worüber denken sie nach? Was ist das Leben für sie, was das Böse, was das Monstrum der Technologie? Grundsatzfragen einfach. Wie genießen sie ein Essen? Waren sie schon einmal bei Heston Blumenthal oder im Araki, wie ist Harry mit seinem Aston Martin zufrieden? Fährt er überhaupt einen? Wer sind für ihn maßgebliche Schauspielerinnen? Welches Musikinstrument spielt er? Sie sehen, werte Leserinnen und Leser, ich bin auch ein Papparazzi, doch einer auf Entfernung, ohne Kamera. Doch die Fotos aus Sandrington habe ich in Ruhe bei meinem englischen Morgentee begutachtet, heute, zu Stefani, dem Binkerltag, wo Knechte und Mägde, mit denen der Bauer nicht zufrieden war, anno dazumal ihr Binkerl schnüren mußten, ausgerechnet nach Weihnachten, in der kalten Jahreszeit. Was für Schicksale. Die Royals kennen sowas natürlich nicht und werden vielleicht sogar nicht einmal und nie davon wissen. Doch das ist jetzt nicht das Thema. Thema ist: Harry ist gesund. Thema ist nicht, sind William und Harry nur Halbbrüder? (Brigitta, die mir über die Schulter lugte, hat als eingefleischte Schnulzenpostillenverschlingerin vorhin das Thema aufs Tapet gebracht; ich hatte es schon wieder vergessen.) Seltsamerweise interessiert mich das nicht die Bohne. Das sind etwaige Altlasten, die der Prinz of Wales zu schultern hat, aber nicht der Sohn. Thema ist: Machen Sie’s gut, Harry!
Somit wünsche ich dem jungen Springinsfeld und seiner herzallerliebsten Taube das Allerbeste für ihr gemeinsames Leben, fruchtbare Tage, Friede, Einsicht und gutes Schaffen zum Wohle der Mitmenschen und des Commonwealth. Commonwealth on Earth.
God bless You!