Neujahrswünsche an die geschätzte Leserschaft
Wir schreiben somit ein neues Jahr. Sich daran zu gewöhnen, braucht gewöhnlich ein wenig Zeit. Außerdem kann und soll niemand auf Zwang, Befehl von etwas Abschied nehmen. Das geht alles harmonisch. Die Zahl selbst ist eigentlich nahezu unerheblich. Wie die Bibelforscher so schön sagen, plus minus drei Jahre. Aber daß wir uns mit der Jahreszahl auf den auferstandenen Nazaräner beziehen, das, finde ich, sollten wir uns niemals nehmen lassen. Es gilt ja ohnehin nicht weltweit.
Wo findet die Menschheit denn zu einem Konsens? Noch mehr einem solchen, der dauerhaft trägt? Und der Konsens wird doch wohl bei Gott nicht heißen: „Der Tod ist Gott“, oder „Der Mammon ist Gott“. Ich will mich dazu jetzt nicht auslassen. Es genügt, wenn ich andere scheinbare Übereinkünfte hinnehmen muß. Übereinkünfte, vor denen ich nicht fliehen kann. Beispielsweise, das neue Jahr mit Krawall zu beginnen, mit Alkohol oder, wie gerade vergangene Nacht in Istanbul, mit Mord. All dies sind Symbolhandlungen mit weitreichender Wirkung.
Ich möchte Ihnen, werte Damen und Herren allerlei wünschen. Vielleicht können Sie es goutieren:
Das Einlösen Ihrer Vorsätze. Liebe. Gute Gespräche. Keine vergebliche Selbstzerfleischung. Keine Strafmandate. Ein ÖBB- oder DBB-Vorteilsticket. Klaren Himmel. Die Tiere als Freunde. Keine Unfälle. Gute Bücher. Gute Musik. Gute Berge, Seen, Meer, fremde Länder. Erinnern Sie sich: Der Dalai Lama hatte da mal eine Liste zusammengestellt, was man sich fürs Jahr so vornehmen kann. Darunter figurierte, zu meinem Erstaunen, die Praxis, jedes Jahr ein Land zu besuchen, in dem man noch nicht war. Also, ich wünsche Ihnen somit auch in dieser Richtung glückliche Tage auf Grönland, den Lofoten, Tasmanien oder was und wo auch immer. Ich war z.B. noch nie im Vatikan. Ein Makel? Also weiter im Text: Ich wünsche Ihnen viele erhebende Blicke zum Himmel empor, dem Sonnen- und dem Sternen- und dem Mondfirmament. Ich wünsche Ihnen vor allem gutes, schöpferisches, inspiriertes Arbeiten. Ich wünsche Ihnen ausreichend Knete im Portefeuille, und, damit verbunden, bekömmliches Berserkertum. Vielleicht ergibt es sich, daß Sie jemand in ein vom Guide Michelin dekoriertes Restaurant einlädt. Ich wünsche Ihnen somit das gediegene, kultivierte Anklingen der Gläser, ein Prosit dem Leben und Gottes Segen.
Herzlichen Dank Ihnen allen, für alles.