"Ein dunkles Kapitel ist der Betrug an der Menschheit, dachte er. Und was fuer ein dunkles Kapitel!
Niemand konnte bestreiten, dass die katholische Kirche in der Gegenwart viel Gutes tut, aber dessen ungeachtet wimmelte es in ihrer Geschichte von Betrug und Gewalttaten. Der blutige Kreuzzug zur "Bekehrung" der Anhaenger der alten heidnischen, das Weibliche verehrenden Religionen waehrte drei Jahrhunderte, wobei die Kirche mit ebenso wirksamen wie grausamen Methoden vorgegangen war.
Die katholische Inquisition hatte ein Buch veroeffentlicht, das man vielleicht das blutruenstigste Druckwerk der Menschheitsgeschichte bezeichnen koennte. Die vom Volksmund "Hexenhammer" genannte lateinische Schrift Malleus Maleficorum beschwor vor der Welt die "Gefahr durch freidenkerische Frauen" herauf und leitete den Klerus an, wie diese gefaehrlichen Frauen ausfindig zu machen, durch Folter zum Gestaendnis zu bringen und anschliessend unschaedlich zu machen seien. Zu dem von der katholischen Kirche als "Hexen" bezeichneten Personenkreis gehoerten die gelehrten Frauen, die Priesterinnen, Zigeunerinnen, Mystikerinnen, Naturliebhaberinnen, Kraeutersammlerinnen und ueberhaupt alle Frauen, die sich "in verdaechtiger Weise im Einklang mit der Natur befinden". Auch Hebammen fielen den Schergen der Inquisition zum Opfer und wurden getoetet, weil sie in gotteslaesterlicher Weise durch den Einsatz von Kraeutern die Pein der Gebaerenden zu lindern wussten – war diese Pein doch, wie die Kirche behauptete, Gottes gerechte Strafe dafuer, dass Eva vom Apfel der Erkenntnis gegessen und damit die Erbsuende ueber die Menschheit gebracht hatte. In den drei Jahrhunderten der Hexenjagd hatte die Kirche die erschuetternde Zahl von fuenf Millionen Frauen auf den Scheiterhaufen gebracht und grausam verbrannt.
Die Propaganda und das Morden haben ihre Wirkung getan – die heutige Welt lieferte den lebendigen Beweis dafuer.
Frauen, die einst als die wesentliche Haelfte der Erleuchtung des Menschen verehrt und gefeiert wurden, waren aus den Heiligtuemern der Welt verbannt. Es gab keine orthodoxen Rabinerinnen, keine katholischen Priesterinnen, keine weiblichen islamischen Mullahs. Der einst geheiligte Akt des hieros Gamos – die natuerliche sexuelle Vereinigung von Mann und Frau, wodurch beide der spirituellen Ganzheit teilhaftig wurden – wurde als schaendliches, suendhaftes Tun verworfen. Waehrend heilige Maenner einst die Vereinigung mit Gott in der sexuellen Vereinigung mit den dafuer ausersehenen Frauen vollzogen hatten, bekaempfte die heutige Geistlichkeit ihre sexuellen Beduefnisse als Werk des Teufels, der heimtueckisch mit seiner natuerlichen Komplizin zusammenarbeitet … der Frau.Selbst die Assoziation des Weiblichen mit der linken Seite ging in die kirchliche Verleumdungskampagne ein. Nicht nur in Deutschland, auch in Frankreich und Italien hat das Wort "links" – gauche und sinistra – einen eindeutig negativen Beiklang, waehrend das Gegenstueck "rechts" von Rechtschaffenheit, Korrektheit und Berechtigung nur si strotzt. Bis zum heutigen Tag gilt radikales Denken als linkes Gedankengut. Uebles ist link und sinister.
Die Tage der Goettinnen waren vorbei. Das Pendel hatte zur anderen Seite ausgeschlagen. Mutter Erde war zu einer Maennerwelt gemacht worden. Die Goetter der Zerstoerung und des Krieges forderten ihren Tribut. Das maennliche Ego hatte zwei Jahrtausende lang ohne den maessigenden Einfluss seiner weiblichen Ergaenzung ueber die Straenge schlagen koennen.
Die Bruderschaft von Sion, die Prieuré, vertrat die Ueberzeugung, dass die Ausblendung des Weiblichen aus dem modernen Leben die Ursache dessen war, was die Hopi-Indianer Nordamerikas koyanisquatsi nannten – "aus dem Gleichgewicht geratenes Leben" -, eine instabile Situation, die gekennzeichnet ist durch Kriege, eine Ueberfuelle frauenfeindlicher Gesellschaftssysteme und einer wachsenden Missachtung von Mutter Erde." (Dan Brown, Sakrileg, Bergisch Gladbach 2004, S.172-174)
"Als ich ueber den Apeninn flog, sah ich unten die Scheiterhaufen. In Italien lodern die Scheiterhaufen noch heute. Doch dann sah ich eine Frau in der Luft. Sehen Sie diese Skulptur aus Holz? Ja, so flog sie! Jemand sagte mir, "Schnitze sie!" " (Percy Konquobe aus Soweto, Alpbach, Pfingsten 1998).
"Angesichts der Zustaende heute erkennt man, dass der Mensch ueber alle Straenge schlaegt. Er wird zuegellos. Das war bei den Inkas nicht moeglich, und nicht bei den anderen Staemmen. Sie wussten, es waere ihr Untergang gewesen. Der Mensch braucht wieder eine Heilige Inquisition. Er muss ins Joch genommen werden. Der Mensch versteht nicht, was Freiheit ist, und verwechselt es mit Willkuer und Wolllust. Bei den Inkas stand auf Luege, Stehlen und Faulheit die Todesstrafe." (Agustin Rivas, Yushintaita, August 2000).
"Die Medizin unterschaetzt die geschichtliche Eingebundenheit von Krankheiten, ja sie macht sich nicht einmal Gedanken. Krankheiten, die uns von den Grosseltern uebergeben werden, gerade hier bei Ihnen in Europa. Die Grossvaeter hier, die in einem Aufschrei im Granat- oder Bombenhagel starben, in einem Aufschrei, in dem sie ihren Nachkommen alle Leidenschaften und unaufgeloesten Leiden uebergaben, es wird nicht beruecksichtigt, dass dieses Karma nicht so einfach aus der Welt zu schaffen ist. Man kann sich ihm nur schamanistisch naehern, vielleicht nicht einmal christlich. Nur ein Wundertaeter koennte dieses Karma vielleicht aufloesen. Das ist etwas Ernsthaftes, denn es entspringt dem letzten Augenblick eines Menschen auf Erden. Und darum sage ich Ihnen, viele von Ihnen sind deshalb krank, weil sie in einer Grossvaeterlinie stehen. Diese Gedanken haben Sie vielleicht noch nie gehoert. Doch ich bin ein Schamane. Ich spreche davon." (Agustin Rivas, St.Nikolai im Sausal, 2001).
Die Schreie der fuenf Millionen gepeinigten Frauen formen seit Jahrhunderten den Bodensatz, die eigentliche Tiefenstroemung unserer europaeischen Kultur. Die Moderne letztendlich ist dann nur Treibgut, mit einer Zwischenschicht der 50 Millionen des 2.Weltkriegs, einer Zwischenschicht von 50 Millionen ausgeloeschten Flammen, die in ihrem letzten Augenblick vielleicht nicht fassen konnten, dass es schon vorbei war. Alles in Europa, von wo so Vieles seinen Ausgang nahm, auch, im weiteren Sinne, die Atombombe, sie, die Sichel jener, die spalten, sie, die Fortnehmende von Hunderttausenden, in einem Augenblick. Ein apokalyptischer Tod.
Aber die Grausamkeiten des Mittelalters unter dem Richtspruch eines mordluesternen Klerus, sie sind das eigentliche kulturelle Trauma, und es ist den Frauen Europas bewusst, zu welcher Sprachlosigkeit auch innerhalb der Kirche dieser Jahrhunderte waehrende Schock fuehrte. Diese Energie wurde nie transformiert, nein, sie wurde absorbiert. Sie steckt in unseren Knochen. Sie steckt in den historischen Gemaeuern. Sie steckt in den Feuersbruensten, in den brennenden Saegewerken, in den brennenden Muehlen. Die Schreie der Frauen, die damals ihr Leben liessen, hallten durch die damals ungleich naeheren Waelder und speicherten sich in deren Rindenholz ein; um spaeter aus den brennenden Scheiten im Winter wieder herauszufahren. Unsere Kultur ist Treibholz, das entgegen allen Versuchen, Denkmaeler der Unvergaenglichkeit in den Himmel zu treiben. Denn unser Fleisch brennt. Was interessiert mich ein Wolkenkratzer irgendwo in Pjoengjang und Kuala Lumpur?
Helmut Qualtinger, der Wiener Volksschauspieler, ein unvergleichlicher Maulwurf des Tief- und Truebsinns, war ein Wiedergutmacher der besonderen Art. Er bezahlte fuer die Suenden von damals. Er suehnte die Vergehen am eigenen Leib. Ein unverbesserlicher Trinker weil Bodengrundler, war seine Leber am Sprung. Er drehte den "Namen der Rose" (er der erste Oesterreicher an der Seite von Sean Connery, spaeter Klaus Maria Brandauer, ein anderer Stigmatisierter), die Rolle des Kuechenmeisters im Kloster. Zur Scheiterhaufenszene, er liess es sich nicht nehmen, ging er barfuss. Dort verbrannte er und bewahrheitete seine wahre Identitaet: Ein Gralssucher auf Versoehnungskurs, ungehoert. Man sagt, das Barfussgehen im echten Schnee liess seine Leber kollabieren, 2 Monate nach Drehschluss, innerhalb von wenigen Tagen. Er hatte einen Blick, der alles durchdrang. Ein Maertyrer, der nicht den Blick senkte, wenn ein Nachkomme der SS an ihm vorbeischritt. Geschichte sehen ist wahres Sehen.
Diese Frauen, auf deren Auftreten ich warte, sehen vielleicht die Rettung der Heutigen. Vielleicht die einzige Rettung.
Denn das Heil kommt und wird kommen nicht nur von den Juden, sondern erst recht und nie mehr als von den Frauen.
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"Wie Sie wissen, war ich vor meinem Unfall Bildhauer. Ich schnitzte Phantasieszenen aus der Legende unserer Heimat Amazonien, fast ausschließlich aus dem Holz des Renacco-Baumes. Begonnen hatte ich eigentlich mit Bäumen, an denen sich Ayahuasca zuvor hochgerankt hatte. Bis eines Nachts, wie ich wieder so dahinhämmerte – meine Frau sah mich damals nur wenig im Bett -, mir die Madre direkt erschien. Sie scholt mich: "Du hämmerst dermaßen auf mich ein, ohne mich zu kennen. Wie wäre es damit, wenn Du mich einmal versuchst?" Verstehen Sie mich? Das war die Einladung von Mutter Ayahuasca. So wurde ich zum Ayahuascero. Ein Künstler, der Inspiration in Ayahuasca sucht. Das ist nichts Außergewöhnliches, denn jeder Künstler möchte sich perfektionieren. Dann, eines Nachts, als sie mir wieder im Traum erschien, fragte ich sie, ob es ein Motiv gäbe, dem ich besonderes Augenmerk zuwenden sollte. Sie antwortete, ja, das gäbe es in der Tat, nämlich die Befreiung meines Volkes von Unterdrückung und Hoffnungslosigkeit. Ich fragte sie, was ist das Symbol der Hoffnung, und sie antwortete mir: "Mein Sohn!" Mein Sohn, Du wirst sehen, es ist mein Sohn!" Verstehen Sie mich? So redete sie. Das ist nichts Ungewöhnliches. Mutter Ayahuasca redet zu denen, die an sie glauben, und sie lehrt sie, oft in Bildern, manchmal in Rätseln, und manchmal etwas strenger, durch Taten. Dann schnitzte ich mein erstes Kruzifix, und ich war erschüttert. Ich schnitzte es und während dessen sprach ich zu ihm, unserem Herrn: "Vergib mir meine Sünden." Dann zeigt er sich. Er hatte kein Kreuz. Ich hatte nicht an das Kreuz gedacht. Eine Hand war ausgestreckt, wie zur Vergebung, die andere hielt er hinter sich, als wolle er ausholen zu einer saftigen Ohrfeige. Ich war erschüttert. Die nächste Nacht stand "la madre" wieder vor mir. "Begreifst du, Agustin?", fragte sie mich. "Ja, Mutter", sagte ich. "Also gut", meinte sie, "dann machen wir eine Zeit so weiter." Dann gab es einen Konkurs, in Chimbote. Die ambitionierten Bildhauer sollten vor der Menge ein Werk schaffen. Jeder hatte sein Areal und seine Materialien. Ich war damals kräftig. Ich hämmerte los. Christus um Christus. Zack, zack, zack. Ich konnte gar nicht mehr aufhören. An diesem Tag allein schnitzte ich 14 Schmerzensmänner, alle ohne Kreuz, bis auf zwei. Die zwei tragen das Kreuz auf der Schulter, als Auferstandene. Ich vergaß die Menge total, ja sogar, daß es Abend geworden war. Zwei Priester traten an mich heran, sie wollten sofort die Darstellung des Auferstandenen erwerben. Auch die anderen 12 Skulpturen rissen sie mir aus den Händen. Später, als ich schon wieder nach Pucallpa zurückgekehrt war, erhielt ich eine Einladung von Monseñore Bambarén im Auftrag des Bischofs von Chimbote. Christus der Auferstandene, nach meinen Vorstellungen. Ich hatte gerade ein großes Stück Holz vor der Tür gelagert. In einer Nacht zuvor war mir der Herr erschienen, nur als Stimme. Er sprach zu mir: "Traust Du dich darüber? Denke daran, das Symbol der Hoffnung erlaubt es, größer zu sein, als man es gewöhnlich im Sinn hat." So begann ich. Ich wußte, hier durfte kein Kreuz gezeigt werden, das Symbol des Sterbens, der Verzweiflung. Verzweiflung des Herrn und seine Schmerzen am Leidensweg, das ist nur etwas für Kräftige. Für solche, die den Schmerz aushalten, aber nicht für unsere Armen. Unser Volk braucht die Befreiung, Hoffnung, aus der Armut hochzukommen, keine Verdammung. Und so wurde es Christus der Schwebende. Er breitet seine Arme aus wie ein Adler. Er segnet alle. So hängt er heute an Stahlseilen waagrecht in der Basilika von Chimbote. Er wirkt Wunder. Ihn von Pucallpa nach Chimbote gebracht haben zu können, mutete zeitweise wie ein Wunder an. Die Männer, die ihn verpackten, versuchten mich davon zu überzeugen, die ausgebreiteten Arme im nachhinein erst anzuschrauben. Auch der Bischof meinte, wenn es anders nicht geht, dann eben so. Aber ich konnte nicht. Wie hätte ich auch? Glauben Sie, ich, ein Unterbelichteter, dem die Gnade einer Vision geschenkt worden war, hätte unserem Herrn die Arme absägen können?" (Agustin Rivas, Dezember 2007, Yushintaita).
"Doña Eugenia, warum verwenden die Baptisten in unserer Gemeinde kein Kreuz?"
"Weil Christus nur einmal gestorben ist und jetzt lebt." (Eugenia Medina Tananta, Tamshiyacu 2006)
"Den Kreuzestod Christi zu verstehen, dieses Mysterium, das gelingt nicht einmal den Klügsten. Man kann darüber eigentlich nicht reden, sondern es nur in Demut annehmen. Man muß sich die Zeit nehmen und in der Stube vor dem Kreuz sitzen, wenn alle fort sind. Einmal sagte mir eine Freundin, als sie die Wallfahrtskirche am Sonntagberg besuchte, wo am Hochaltar das Dreifaltigkeitsmotiv steht, ja, Gott Vater hat beim Tod seines Sohnes gelitten, obwohl wir nicht verstehen können, wie das sein kann. Es ist ein Mysterium. Vielleicht werde ich es verstehen, wenn ich selbst sterbe und Gott Vater gegenübertrete." (Anna, die das Rad anhalten will, 5.Juni 2009).
""Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun" (Lukas 23,34). Wenn wir die Bitte ganz verstehen und uns zueignen wollen, müssen wir noch einen Schritt weitergehen und fragen: Was ist das eigentlich, Vergebung? Was geschieht da? Schuld ist eine Wirklichkeit, eine objektive Macht, sie hat Zerstörung angerichtet, die überwunden werden muß. Deshalb muß Vergebung mehr sein als Ignorieren, als bloßes Vergessenwollen. Schuld muß aufgearbeitet, geheilt und so überwunden werden. Vergebung kostet etwas – zuerst den, der vergibt: Er muß in sich das ihm geschehene Böse überwinden, es inwendig gleichsam verbrennen und darin sich selbst erneuern, so daß er dann auch den anderen, den Schuldigen, in diesen Prozeß der Verwandlung, der inneren Reinigung hineinnimmt und sie beide durch das Durchleiden und Überwinden des Bösen neu werden. An dieser Stelle stoßen wir auf das Geheimnis des Kreuzes Christi. Aber zuallererst stoßen wir auf die Grenzen unserer Kraft zu heilen, das Böse zu überwinden. Wir stoßen auf die Übermacht des Bösen, derer wir mit unseren Kräften allein nicht Herr zu werden vermögen. Reinhold Schneider sagt dazu: "Das Böse lebt in tausenderlei Gestalt; es besetzt die Zinnen der Macht … es quillt aus dem Abgrund. Die Liebe hat nur eine Gestalt; es ist dein Sohn". Der Gedanke, daß Gott sich die Vergebung der Schuld, die Heilung der Menschen von innen her, den Tod seines Sohnes hat kosten lassen, ist uns heute sehr fremd geworden: Daß der Herr "unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen" hat, daß er "durchbohrt wurde wegen unserer Missetaten, wegen unserer Sünden zermalmt", daß wir "durch seine Wunden geheilt wurden" (Jesaja 53,4-6), will uns heute nicht mehr einleuchten. Dem steht einerseits die Banalisierung des Bösen entgegen, in die wir uns flüchten, während wir doch gleichzeitig die Schrecknisse der menschlichen Geschichte, gerade auch der allerjüngsten, als unwiderleglichen Vorwand verwenden, einen guten Gott zu leugnen und sein Geschöpf, den Menschen, zu verlästern. Dem Verstehen des großen Geheimnisses der Sühne steht dann aber auch unser individualistisches Menschenbild im Wege: Wir können Stellvertretung nicht mehr begreifen, weil für uns jeder Mensch in sich allein eingehaust ist; die tiefe Verflochtenheit aller unserer Existenzen und ihrer aller Umgriffensein von der Existenz des Einen, des menschgewordenen Sohnes, vermögen wir nicht mehr zu sehen. Wenn wir von der Kreuzigung Christi sprechen werden, werden wir diese Fragen aufgreifen müssen. Einstweilen mag ein Gedanke von Kardinal John Henry Newman genügen, der einmal gesagt hat, daß Gott zwar die ganze Welt mit einem Wort aus dem Nichts erschaffen konnte, aber die Schuld und das Leiden der Menschen, die konnte er nur überwinden, indem er sich selbst ins Spiel brachte, in seinem Sohn selbst ein Leidender wurde, der diese Last getragen und durch seine Hingabe überwunden hat. Überwindung von Schuld kostet den Einsatz des Herzens – mehr: den Einsatz unserer ganzen Existenz."(Benedikt XVI., Jesus von Nazareth, Freiburg 2008, S.193-194).
"Wer sich mit der Auferstehung Jesu beschäftigt, der muß sich auch mit dem Tod Jesu beschäftigen. Das hat der Apostel Paulus getan, der als Theologe des Kreuzes gilt. Paulus hat dem fürchterlichen Ende Jesu klar ins Auge gesehen, er hat den Skandal dieses schändlichen Todes nicht vertuscht. Vielmehr hat Paulus gezeigt, daß das Kreuz im Licht der göttlichen Verheißungen nicht das Scheitern eines gotteslästerlichen Pseudo-Messias ist, sondern das Scheitern aller menschlichen Versuche, sich von Gott ein Bild zu machen. Das Kreuz offenbart die Weisheit Gottes, der dort noch Sinn stiftet, wo der Mensch nur mehr Unsinn erkennen kann. Das Kreuz ist der Anfang einer Geschichte jenseits der Sünde und des Todes. … Sein persönliches Ostererlebnis hatte Paulus vor Damaskus. Hier hat er den Gekreuzigten als Auferstandenen erfahren, auf diese Erfahrung des auferstandenen Jesus hat er sein Apostelsein zurückgeführt und seine Sendung, den Heiden die Frohbotschaft zu bringen." (Thomas Söding, 11.Mai 2009, St.Pölten).
"Das Verfängliche an der sogenannten Amtskirche ist ihre hierarchische Struktur. Sie operiert mit dem Kirchenrecht, im Fall der Kirchsteuer auch mit Zivilrecht, sie kleidet sich nobel und differenzierend. Auf diese Weise betont sie den Unterschied, nicht die Einheit. Sie sendet Visitoren. Diese Organisation arbeitet mit dem Geld. Die Priester sind davon abhängig, und das ist mehr als nur ekelig. Auf solche Weise entziehen sie profilierten Lehrern die Lehrbefugnis, sie machen sie gewissermaßen mundtot. Das hat System, und es lebt vom Minderwertigkeitsgefühl jener, die dieses System speisen. Betrachten wir doch nur die Kreuzindustrie. In Innsbruck offerierten die Kunstschnitzer zu meiner Zeit bereits Kruzifixe um 3.000,- Schilling. Man stelle sich vor, 3.000,- Schilling, ein einfaches Kruzifix, nur weil es handgeschnitzt ist. Oder würdest Du ein maschinengefügtes Holz mit einem Bleiguß akzeptieren? Ich weiß schon, Anna sagt, es waren doch nur zwei Bäume, wir haben nur heute Probleme, das darzustellen. Aber warum haben wir damit Probleme? Karol Wojtyla nahm auch eine solche Nachbildung. Zwei rohe Bäume, zwar imprägniert, aber bitte, Bäume. Keine Latten, keine Balken, kein Gold. Das ist der Punkt. Der Punkt ist, was die Menschen, die Kreuzindustrie und die Amtskirche aus dem Kruzifix gemacht haben. Ein maschinengefertigtes Kreuz mit einem metallenen Christus und feinen Nägelchen durch die Ösen. Was hat die Inquisition gerechtfertigt? Das schon damals zurechtgeschliffene Kreuz, das sie den Frauen am Scheiterhaufen unter die Nase hielten! Was für eine Ungeheuerlichkeit!
Das alles hat nichts mit dem Heilswerk Christi zu tun. Keiner redet heute, in diesen unendlich verworfenen Zeiten des Konsumismus und des geistigen Leids, vom Heilswerk dieses Mannes. Aber wo wären wir heute ohne Christus? In tiefster Barbarei! In einem fortgesetzten Auschwitz. Palästina ist ja die Negierung Christi. Das ist offensichtlich. Was für eine Ironie! Atombomben und Frauen im israelischen Militär. Das ist unser Israel. Das verheißene Volk.
Es ist doch auffällig, wie sie das Leiden anthematisieren. Sie leiten fließend zum Kreuz über, anstatt daß sie sich mit dem Bösen wirklich einmal gründlich auseinandersetzen. Aber das Böse ist heute auch schon reglementiert. Wer heute von Satan redet, der läuft Gefahr, stante pede in die Psychiatrie eingeliefert zu werden. Aber es war das Böse, mit dem sich Christus konfrontierte, ausschließlich. Von woher kommt das Heil, wenn nicht von Gott? Und wessen Absicht entsprang das Böse? Ist es überhaupt heute noch statthaft, vom Bösen zu sprechen? Ich meine doch, erst recht. Und wie! Es ging ihm doch um die Vermittlung der Vision, seiner Ergriffenheit. Das spürt man bei jedem Atemzug seines Wortes. Er wußte Sekunde für Sekunde, wie spät es war. Er wußte, wie lange die Gewitterwolken am Horizont noch brauchten. Er sah das Dräuen. Aber die Kirche formuliert es gleich pathetisch: "Der Weg hin zum Kreuz… Das Kreuz war ihm vorbestimmt… Über der Krippe zu Bethlehem bereits das Kreuz…". Welche Blasphemie. Es ist blasphemisch, weil sie uns den Tod aufoktroyieren und die Auferstehung so nebenher mitlaufen lassen. Warum denn nur zeigen sie Christus nicht in der Siegerpose der Ikonen als Auferstandenen. Warum nur das Kreuz in der Mitte des Altars? Und dann bringen sie Gott Vater ins Spiel. Auch das hat System, so wie bei Abraham und Isaac. Alles aus Vorsehung, göttlicher Vorsehung. Das ist auch Blasphemie, ja, bereits das! Der wahre Grund für diese bewußte Blasphemie liegt in der eigenen Hoffnungslosigkeit des Klerus. Sie spüren, wie der Zahn der Zeit an ihnen, den Kirchenbeamten, nagt. Sie hören die Zweifel. Sie fragen sich, wurde ich vielleicht nur ein Leben lang ausgebeutet? Meinen kargen Sold haben sie eingestrichen, mich haben sie meiner sexuellen Rechte beraubt, und jetzt, im krankheitsgepeinigten Alter, lassen sie mich links liegen. Und weil diese armen keinen anderen Ausweg mehr finden, identifizieren sie sich mit dem Schmerzensmann. Und da setzt der Teufel an. "Wie soll das gehen? Einer ist auferstanden, und ihr anderen alle sollt verwesen?" Und dann geht der Teufel einen Schritt nach vor. "Wie soll das gehen, Fleisch und Blut in Brot und Wein? Schau dir doch nur all die Selbstgerechten an! Beichte wäre das letzte, was ihnen in den Sinn kommt! Was zählt, ist das Beispiel vor der Gemeinde! Seht, ich bin sündenfrei, deshalb darf ich mir erlauben, zur Kommunion zu gehen." So redet der Teufel. Er kennt uns besser wie kein anderer.
Aber eins ist mir auch klar geworden, und das sage ich im Ernst und jetzt erst recht, ehe es zu spät ist. Er war ein Messias. Und es ist noch lange nicht zu Ende. Das wißt ihr im Dschungel, die ihr dort auch eure Christuserscheinungen hattet, nur allzu genau." (Umberto di Castello, St.Ruprecht im Lavanttal, 2001)
"La cruz de nuestro señor actualmente está interrogado violentamente en Europa, notabene en Noruega, donde argumentan que la cruz no tiene nada de ver en las aulas de los alumnos. Siendo un símbolo de creéncia religiósa, no tiene nada de ver con enseñanzas modernas. Más bién constituye un acto de suplício, como si el estado, o la iglésia, presentarían una horca como símbolo de la muerte de Christo, instrumento de como ha sido matado el Nazaréno. Péro no era horca. Créo que éste argumento se desmasquera por él mismo.
Péro la cuestion nos queda y la polémica. Noruega es un país muy avancado, léjos de los demás estados del continente, ni hablar de mi pátria España. Es difícil entender a los Noruegos. Son muy ateístas, muy liberados. Allá es cási buena cultura entre los pastores lutheranos de confesar su própia homosexualidad. Se preocupan por el bién de los niños, justificadamente. Me lo duele. Me parece como una venganza. Erradicar a la iglesia católica por sus pecados antiguos. No más de cruces.
Pero en el nucleo la cuestion es diferente: Cómo explicar a un niño, quién era Christo? Así es, cómo explicarselo? Y cómo explicar su muerte? Éso es muy sutil, muy sensible. Porque atormenta. Atormenta a nosotros, los adultos, y atormenta mucho más a un niño, no?
Quizás es mejor sólo mostrar una cruz, sin cuerpo. La cruz vacía como símbolo de la resurección. Me parece una buena solución. Pero los niños, cará! A veces me parece que ellos entienden mejor la muerte de nuestro señor que nosotros mismos. Pero, entiendes? Éso ya es una falla grave en los ojos de los oppuestos. Disminuir la herida psicológica por tál manera.
Ya ves, en nuestra iglesia aqui no mostramos una cruz, por lo menos una cruz impressionante. Tengo aquella chica aqui encima de mi altar, nadie se molesta. Siempre los chicos me preguntan: Quién era Christo? Asi empienza el interrogatorio, lo que tienes que pasar con muchíssima humildad. Explícalo bien al niño, y al toque lo entiende. Tienen mucho sentido los niños por el señor. Quizas él mismo actua en ellos de tal manera. Sí, así debe ser. Los niños no se molestan de Christo, al contrario. Pero en Europa ya es una cruzada. Afuera con la iglesia de nuestros salones de educación! No más suplício!
Me lo lastima, por lo menos la manera de los Noruegos. Para mi es cultura. Quieren anniquilar esta cultura cristiana. Pero, no obstante, aqui seguiremos con nuestro trabajo."
(José Marie Izarrategui, 22.6.2009)
"Man fragt uns manchmal, was ist euer Glaube, der euch von Mexiko hierher in den Dschungel geführt hat? Nun, die Antwort ist leicht. Wir glauben dem Wort des Herrn. Aber ebenso glauben wir dem Wort der Madonna von Guadalajara. Geht hin in alle Welt und helft den Armen! Man kann sowieso nur wenig tun, und schon das Wenige übersteigt manchmal unsere Kräfte. Zumindest kommt es mir manchmal so vor. Deshalb schätzen wir es, ab und zu vom Dorf hinein in den Dschungel zu flüchten, wo nur das Quaken der Frösche und das Grillengezirpe regiert.
Unter uns Schwester gibt es die Freiheit der Tracht und der Teilnahme an den Riten. Es ist erstaunlich und gibt einem ein Gefühl der Vertrautheit, an einer Zeremonie teilzunehmen. Sich auf den Glauben der Nativos einzulassen ist nicht gefährlich. Es führt zu vermehrter Achtung. Einige Geistliche hier in Peru, ja, einige, trinken in ihrem Urlaub Ayahuasca. Sie fahren irgendwohin, wo sie niemand kennt, und nehmen eine Auszeit. Es liegt etwas unleugbar Spirituelles in dieser Medizin. Man kommt weg vom Zwang des Denkens und der Rechtfertigung.
Als wir sahen, wie der deutsche Ratzinger zum Papst ausgerufen wurde, waren wir Schwestern – und ich glaube, auch die beiden Spanier – enttäuscht. Zu gern hätten wir uns einen Brasilianer gewünscht. Die Zeit ist reif für einen Südamerikaner! Warum nicht auch ein Mexikaner? Wo wächst denn die Kirche, wenn nicht in Lateinamerika? Aber welchen Stellenwert hat denn Lateinamerika in der Welt? Keinen! Lateinamerika ist einfach suspekt. Sehen sie doch, hier in Peru gibt es Leute, die sich in der Osterwoche mit einer Dornenkrone ans Kreuz binden lassen. Manche geisseln sich selbst. Da sagt Europa zurecht, mit solchen Verrückten wollen wir nichts zu tun haben. Aber eigentlich sollten sie ehrlich sein und sagen, mit diesen Armen wollen wir nichts zu tun haben, denn diese Leute hier haben nichts als ihre religiöse Verzweiflung. Schauen Sie doch, wie die Einwohner hier leben. Glauben sie, diese Leute sind gottlos, nur weil sie wie die Hunde leben, in Barracken, anspruchslos? Sehen Sie doch nur diese Kinder an. Baden wie die Fische, liegen bei Regen im Rinnsal, hüpfen herum.
Hier kann man nicht einfach anfangen zu predigen. Hier muß man mitleben und danach trachten, ein guter Mensch zu werden."
(Schwester Rozanna de Natividad, 2007)
"Missionar zu sein in Afrika kann einem das Leben retten oder es einen kosten. In jedem Fall aber stirbt man früher. Zum Glück gewinnt man die Gelassenheit, es so hinzunehmen. Man stirbt für eine Liebe. Das ist Nachfolge. Christus am Kreuz sagt mir, es ist keine Schande, im Dienst am Menschen zu sterben, und sei es frühzeitig. Die Kreuzesaufrichtung sagt mir, es soll dir nicht erspart sein, für deine Überzeugung zu sterben. Genau betrachtet ist das der einzige Sinn, den ich finde. Und erst recht ist es ein Mysterium, an die Auferstehung glauben zu können."
(Helmut Buchegger, Kongo, 1980)