Der Fluss geht heuer weiter zurueck als in den letzten 5 Jahren, nicht um viel, aber immerhin doch so weit, dass er ungesehene Schieferschichten – Muell sowieso – freigibt. Der trockene, tief schwarz glaenzende Schlamm mit den eingesprengten Treibhoelzern wird zum Spielparadies fuer die Kleinen, die ihre Suhlgruben und Rutschbahnen mit Finesse bauen. Das muss ein Instinkt sein. Freilich, das Vordringen zum Wasser ueber den scharfkantigen hellbraunen Schiefer ist jetzt erschwert. Sie stoeren sich nicht daran, dass die Latrinengerueche intensiver geworden sind.

Heisse Sonnenglast haengt heute ueber der ruhigen Riesenschlange. Die brennenden Vormittage unterbinden jede Hektik, das Ufer scheint bis auf eine Erde sammelnde junge Hausfrau und deren froehlich zwitscherndes Baby ausgestorben. Der Betrachter fuehlt sich in andere Zeiten versetzt, als freches Harmonikaspiel hinter der Boeschung erklingt. Der Meister hat ein Boot angemietet, um seinen amerikanischen Gaesten etwaige Delfine, die er ueblicherweise mit seinem Spiel anlockt, zu zeigen. Das Boot faehrt gewagte Kurven, seine Gaeste, von denen er ankuendigte, sie seien gekommen, die Zauberei zu lernen, sitzen wie die Spatzen im Regen mucksmaeuschenstill enggedraengt nebeneinander, die Koepfe eingezogen, als lauere gleich hinter der Bordwand der Laserstrahl eines Yedi-Zitteraals. Was mag er ihnen nur erzaehlt haben? Er hebt die Machete zum Gruss, Luis „hartes Brot“ Panduro macht es ihm nach, bevor sie die naechste Uferboeschung schon wieder verschluckt hat.

Die Taricayas kommen jetzt langsam wieder auf die Straende, um ihre Eier abzulaichen. Wir Patrioten naehern uns derweilen kalendergemaess und unbeirrbar der 4-taegigen Fiesta des Nationalfeiertages, Anlass, die Schueler kurzzuscheren und ihnen den Stechschritt in Erinnerung zu rufen. Verwegene Journalisten und Kuenstler sehen die Lage freilich mit anderer Brille. Berichte ueber die Graeueltaten des „Sendero Luminoso“ aus den fruehen 90er-Jahren erscheinen. Die beigelegten Zeichnungen lassen einem den Atem stocken und rufen in Erinnerung, dass damals Leben in manchen abgelegenen Doerfern das sichere Sterben bedeutete. Das vorgezogene. Derweilen vergnuegt sich der ideologische Verantwortliche dieser Barbarei, Abimael Guzman, mit seiner Konkubine in der schwerbewachten Festung des Marinegefaegnisses von Callao. Der Staat schaut zu. Unser Land.

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