Ein evangelischer Pastor wird bei den theatralischen Karfreitagsfeierlichkeiten nahe Trujillo von den reißenden Wassermassen des Río Moche davongetragen, als er Johannes den Täufer mimt, und ertrinkt.

Mehrer Peruaner lassen sich die Dornenkrone aufsetzen und erklimmen mit dem geschulterten Kreuz unter Schmerzensrufen einen Hügel in den Armenvierteln diverser peruanischer Städte, wo sie sich ans Kreuz anbinden und hochrichten lassen. Ein anderer Schwergewichtiger, der diesen Kalvarienmarsch bereits seit vielen Jahren ausübt, läßt sich gar annageln. Die zuschauenden Frauen stöhnen und halten sich unwillkürlich die Hände vor das Gesicht.

Was war die Vision des sterbenden Erlösers, und wo sind wir? Was ist das für eine Zeit, die die unsre ist? Inwiefern starb der Erlöser für uns? Wovon erlöste er uns?

Es besteht kein Zweifel, daß dieses Schiff unaufhaltsam davontreibt. Vom gelobten Land fort, Richtung Westen, in den Abend hinein. Wohl sind wir schon unterm Horizont, in der Dunkelheit. Wir brauchen künstliches Licht. Wir sind sehr weit fort, sehr weit. Weit fort selbst von unserer Jugend, von unseren Fußwallfahrten. Die Wehmut steht uns ins Gesicht geschrieben. Die meisten unserer Ankläger bereits unter der Erde. Wie alle.

„Die Erde birgt 24 Milliarden Tote, viermal mehr als Lebende.“ (Agustin Rívas, 22.März 2010). Die Erde ist also ein Totenbett, aber keiner spricht davon. Das ist doch der eigentliche Skandal, jene Tatsache, die zu allererst alle Kinder bis ins Mark erschrickt. Es wird hier ein Kabinett des nicht endenden Schreckens geboten, und alle bekennen, „das, Kind, ist die Charakteristik des Lebens!“ Aber keiner, wirklich keiner, bekennt, „Kind, es ist ein Schleier, wie das Nordlicht, immer in Bewegung, das ist der Schnitter, der immer mäht, und es trifft jeden, irgendwann, den einen früher, den anderen später, es ist egal. Kind, es ist egal, was Du machst. Ich wünsch dir viel Glück!“ Keiner redet so. Alle tun so, als hätten sie eine Agenda, auch die Arbeitslosen. Leider. Klar, erst recht die Pensionisten, die Berufspensionisten, die vielen, die Anspruch auf die wohlverdiente Pension erheben. Die zynischen Gottlosen, die siedendes Wasser auf spielende Kinder drunten im Hof schütten.

Also ist es rechtens, die Frage von neuem zu erheben. Sind wir allein? Sind wir ein Kerzlein im Dschungel, in tiefer Nacht, inmitten des Fröschequakens und Grillengezirpmeeres? Weswegen zermartern wir uns das Gehirn?

Was ist unsere Bestimmung?

Alle Wege führen nirgendwohin. Das sagt immerhin ein Mann vom Kaliber eines Naguals, wie es Meister Aureliano war. Nirgendwohin. Manch eine kann das nicht glauben. In Ayahuasca nimmt sie auf dem Schoß Gottes Platz. Nicht mehr und nicht weniger. Andere Gläubige träumen. Auf seiner Augenhöhe. Auf seiner Augenhöhe. Anna, die gute, die Mutter, die vom Leben Gezeichnete, Anna, die Gläubige, die das Rad anhalten will, sie, die sich wie ein Kind sosehr wünscht, möge doch einmal alles, alles, zum Stillstand kommen, sie sagt, „Ich werde ihn erkennen. Er wird sich meiner Sprache entziehen, aber ich werde ihn erkennen. Und dann werde ich bei ihm bleiben, ewig.“

Gut. Sehr gut, ehrwürdige Mutter. Das gehörte gesagt und ebenso niedergeschrieben.

Sprechen wir von der Ewigkeit. Sprechen wir vom Wirken der Unendlichkeit.

Was ist also die Absicht Gottes? Er schickt uns seinen Sohn, den Erlöser. Der Erlöser erlöst uns von der Ursünde. Was ist die Ursünde? Klar, die Barbarei. Das gottlose Kannibalentum. Was gibt er uns? Die Befreiung. Befreiung wovon? Vom ewigen Tod. Er schenkt uns das ewige Leben. Durch den Tod hindurch zum ewigen Leben.

Und hier taucht der Leviathan aus dem Urmeer empor. Das ewige Leben, es bedeutet mir nichts. Ich bin hier herunten zu sehr beschäftigt.

Aber gerade deswegen kommt Karfreitag.

Wie denn, wie denn sonst hätte der Nazaräner, der Erlöser, fortgehen sollen von dieser Erde, diesem Vipernpfuhl Jerusalems, wenn nicht durch den Tod? „Sosehr war er dem Menschen gleich, daß er für ihn in den Tod ging.“ Wie Maximilian Kolbe. Für andere sterben, als Beispiel, wissend, daß auch dieselben anderen sterben werden. Somit also: Vorzeitig sterben. Das ist das Kunststück. Wie Herbert Fux, der Salzburger Schauspieler, der den Euthanasietod wählte. Ein Künstler bis zum bitteren Ende. Aber es war kein bitteres Ende. Es war ein Übergang, ein mutiger.

Gott hat Erbarmen mit uns, und er hat alles wunderbar eingerichtet. Selbst das schrecklichste Leiden hat einmal ein Ende. Gott Vater in seiner Allmacht entführt uns in die Ewigkeit, von der wir uns keine Vorstellung machen, und er öffnet uns die Augen. Manche sagen, aus Liebe. Gut, wie auch immer.

Ostern jetzt, hier und heute, hat nur eine Botschaft. Jesus, der Herr, ist auferstanden, alleluja!

Ja, jetzt verstehe ich es. Er ist auferstanden von den Toten. Er stieg ins Totenreich hinab und brachte den Toten der Vorzeit die Erlösung. Jesus, der Nazaräner, definierte den Menschen neu. „Brüder und Schwestern, ihr werdet in mir auferstehen, am jüngsten Tag!“

Das also ist die Aureole des Ostersonntags: Wo vorher nur die Düsternis der Hoffnungslosigkeit herrschte, dort steigt er hinunter und hinein. In die Katakomben des nicht endenden Schreckens, der endlosen Verwünschung. Und er reicht uns die Hand. Wie in den Mahlstrom hinein und aus ihm hervor. So zieht er uns zu sich empor, selbst den, der es bis zuletzt nicht glauben wollte. Doch im Ausatmen des letzten Atems erkennt er die Wahrheit.

„Es ist vollbracht!“

Was also, Brüder und Schwestern, was also hat er vollbracht?

Als die Frauen in der ersten Morgenstunde in Trauer zu seinem Grab gingen, fanden sie den Stein weggerollt. Sie verstanden nicht, daß er von den Toten auferstehen mußte.

„Der Tod hat keinen Stachel mehr“, singen wir in der Osternacht. Dieser Glaube trägt uns und soll uns tragen. Aus höherem Ratschluß.

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  1. Wenn es ernst wird

    Lebe ich ewig? Wie lange noch werde ich leben? Will ich sterben? Nein, ich will ewig leben. Es soll ewig so weiter gehen. Auf der Sonnenseite des Lebens. Der Butterseite. Soweit so gut. Bitte keine Irritationen. Vielleicht sollte ich mir keine mutwilligen Knieschüsse verpassen. Ansonsten: nette Nichtigkeiten. Eben das, was Spaß macht.

    Unsinn, muß ich mir selber da leider sagen. Leider, leider, Herr Schneider. Alles nur Faulheit. Tändelei. Vorwitzigkeit. Trägheit. Vorsätzliche Dummheit, die ich doch sonst bei jeder Gelegenheit anschwärze.

    Thema Nummer Eins bleibt Thema Nummer Eins und wird es immer bleiben. Ich kann nicht auf ewig den Hampelmann mimen, den, der so tut, als ginge ihn alles nichts an. Mir sitzt etwas im Genick, und das läßt mich husten. Lange Zeit war ich wirklich der Auffassung, der Tod der anderen sei selbstverschuldet und ginge mich nichts an. Das bröckelt jetzt langsam ab, unaufhaltsam. Ich kann mir immer weniger Fehltritte erlauben. „Früher glaubte ich, ich sei unsterblich. Heute weiß ich es besser.“ So Liv Ullmann. Wer hätte das gedacht! Sogar Liv Ullmann.

    „Ich hasse jenen Menschen von damals, der mich und meine Familie sosehr beleidigt hat, noch über dessen Tod hinaus“, spricht Ingmar Bergmann vor laufender Kamera in Anwesenheit seines Freundes Erland Josephsson. Vier Jahre später ist er selber tot, 2007. Heuer folgte ihm Josephsson nach. Ewig schade! Ewig schade! Aber wie so sprechen? Hassen! Bergmann redet, ohne sich zu genieren, vom persönlichen Haß! Hör´ich recht? Ich kann es gar nicht glauben! Es kann doch nur grenzenloses Mitleid walten. Mitleid angesichts dieser grenzenlosen Absurdität der gegenseitigen Vernichtung. Grenzenloses Mitleid. „Sie wissen nicht, was sie tun!“ SIE WISSEN NICHT, WAS SIE TUN! Das ist doch ganz klar.

    Das trifft voll und ganz auf mich zu. Ich bin der ehrlichen Meinung, ich könnte herumkrebsen, wie es mir paßt und tun und lassen, was ich will. Am besten und liebsten delirieren, lallen und herumphantasieren. Schweinereien der gröbsten Art, ungeschoren. Haß- und Vernichtungsphantasien am laufenden Band, im Nahkampf. Gotteslästerung am laufenden Band, und danach das Vater Unser. Ein schleimiger Lemure mit zentimeterdicker Maquillage.

    Zuerst mal zurücklehnen und durchatmen. Dann einen Happen zu sich nehmen, dann einen netten englischen Tee und später vielleicht auch noch ein Bierchen im Stammbeisel. Danach noch ein Betthüpferchen, das alle Wogen glättet.

    Aber was, wenn der Gute Freund, der einzige, der nie lügt, uns in einer halben Stunde seine Hand auf die Schulter legt. „Hihihihi, wie geht´s uns denn heute?“, fragt so der Wurzelsepp aus der Dunkelheit heraus meinen tolldreisten jungen Freund aus Dresden in der Diäthütte. Dem stellen sich die Haare zu Berge. Er hechtet herum, schaltet die Taschenlampe ein. Doch da ist niemand! Wurzelsepp Shapishico weiß besser wie kein andrer, Thema Nummer Eins bleibt ewig Thema Nummer Eins, zumindest in diesem Universum, wo der Tod der Jäger ist, sagt ein gewisser Indianer. Meine Herrschaften, ihr Spiegel-Meisterwichser, herunter vom hohen Roß! Wo wollt ihr denn hin? Nichts da, hier geblieben!

    Doch der vorwitzige Siebenmalgescheite hat Argumente, Denkkonzepte zur Hand, an denen er sich ergötzt. „Solange ich denke, bin ich. Dieser Tod ist doch der letzte Witz. Das schwöre ich allen Engeln und Arschlöchern, ich werde lachend sterben, denn das ist der größte Witz. Wer sich das einfallen hat lassen, muß ganz schön meschugge sein. Ein Loch in der Birne. Es gibt sowieso keine Antwort. Geht mir aus dem Weg.“ So stürzt der Joker in die Tiefe, mit einem irren ungehemmten Lachen, das ihm keiner unterbinden kann und das aus dem nächtlichen, mucksmäuschenstillen, wie toten Abgrund als Echo zurückschallt. Sowohl Jack Nicholson von der hochhaushohen Kirche wie Heath Ledger vom Pruitt Building. Ein irres Lachen im freien Fall. Ach, welch lächerliche Naturgesetzlichkeit, diese Gravitation. Konnte ER sich nichts Besseres einfallen lassen? Elegantes ewiges Schweben etwa, so wie die niedlichen Seepferdchen im Aquarium.

    Wir argumentieren um die Wette. Erst recht die Theologen, die es auch gern mögen, wenn sie unsterblich sterben, sagen wir, so um die 90. Dann, wenn der Kelch zur Genüge ausgekostet ist und man mit Recht sagen kann, so schmeckt das Leben! Und der Rest ist Schweigen! Genüßliches Schweigen, in welches mir niemand mehr dreinredet. Welch ein Genuß! Mich mit Genuß hinlegen und ewig schlafen. Drei oder zwei Meter über mir kann die Sintflut über das Land schwappen. Das wird mich nicht mehr tangieren. Doch zuerst habe ich noch ein paar Dinge vor, will ich mir ein paar Dinge noch gönnen.

    „Dezember 2012: Ende der Durchsage? So ein Quatsch!“

    Die schamanistische Maßeinheit der Zeit ist die Stunde. Der Kriegerwanderer weiß, dies kann seine letzte Stunde sein. So hämmert Don Juan Matus. Und Carlos Castaneda windet sich wie ein Wurm. „Ja, ja, ich weiß es ja schon zur Genüge! Mußt du mir denn ständig damit die Ohren volllabern?“ „Doch, muß ich“, antwortet der Meister aus Sonora, „denn Du lebst nicht danach.“ „Was soll das heißen, ich lebe nicht danach?“ „Wie ich es sage, du lebst nicht gemäß dieser unumstößlichen Wahrheit. Du lebst nicht so, als könnte jede deiner Handlungen deine letzte sein. So wie das Schuhzubinden jetzt. Du mußt dir ständig bewußt sein, daß jede deiner Handlungen deine letzte auf Erden sein kann, und das auf ewig.“

    „Was für ein Quatsch. Sie nehmen den Mund wirklich zu voll, Herr H.. Sie werden sehen, in einer Stunde sind wir noch alle da. Sie auch. Außerdem wartet das Mittagsessen auf uns. Und mein geliebtes Mittagsschläfchen. „Siesta“ nennt man das. Haben Sie selbst gesagt!“

    „Und wenn ich etwas ergänzen darf“, so meldet sich ein Zweiter zu Wort, „ich habe einen Deal mit dem Lieben Gott: Er hat mir versprochen, sich in angemessener Frist vorher zu räuspern, um mir so anzukünden, wann es ernst wird. Darauf vertraue ich. Dann treffe ich meine Maßnahmen. Außerdem, so wie Sie das schulmeistern, das kann doch keiner aushalten, weder in Theorie noch in Praxis.“

    „Würde ich auch sagen“, sagt ein Dritter. „Meine Philosophie ist immer, Zeit für eine Zigarette muß noch sein. Seien Sie doch ehrlich! Sie predigen doch auch ständig, Mapacho schützt uns, Mapacho ist gesund, Mapacho ist spirituell. Also nehmen Sie mir nicht den Genuß des Mapacho-Paffens. Sind wir uns einig?“

    „Ich zum Beispiel“, ergänzt eine Vierte, „liebe einfach das Surfen im Netz. Man trifft nette Leute und stößt auf interessante Dinge. Das ist doch nicht schlecht, oder?“

    „Ja stimmt“, sagt der Fünfte, ein 20-jähriger Bodystyler. „Ich habe im Netz alles über Sex gelernt. Auch nicht schlecht. Worüber reden wir eigentlich?“

    „Ihr habt alle recht“, hörte ich den Salzburger Schauspieler und Kulturpolitiker Herbert Fux so um 2001 nach einer zermürbenden Diskussion im Wiener Künstlerhaus knurren. „Es wird alles beim gleichen bleiben, denn keiner will dem anderen einen Gefallen tun. Und das fängt schon beim Zuhören an.“ So erhob sich der Schauspieler und Charakterkopf Herbert Fux. Wenige Wochen später fuhr er mit der Bahn nach Zürich. Er wußte, was er tat. Er wollte nicht mehr leiden. Auch er bleibt unvergeßlich. Herbert Fux, ein Mann mit Charakter … und Mut.

  2. Von verzweifelten Narren und Mördern. Patientengespräche.

    Sie streichen herum. Sie schlurfen herum. Sie erlauben sich beinahe alles. Sie suchen dich. Sie wollen Antworten. Sie halten es nicht mehr aus. Der Druck im Kopf wird unerträglich. Die Unerträglichkeit wird kollektiv. Heillosigkeit schleicht herum. Worte werden gesprochen. Eine Bestandsaufnahme im Rückblick, wiederum an einem Sonntag, dem Tag der Auferstehung.

    „Ich bin gegen den Präsidenten. Er schreibt uns vor, bei welchem Versicherer wir uns in Hinkunft krankenversichern müssen. Das ist faschistisch und widerspricht dem Prinzip der Freiheit. Denn das erste Geschenk, das Gott dem Menschen machte, war dessen Freiheit.“ (John Voight, US-amerikanischer Charakterdarsteller, in einer TV-Talkshow).

    „Was ist die Essenz eines Pädophilen? Was ist die Essenz eines Manisch-Depressiven? Wo kann noch Heilung entstehen, wenn die gesamte Gesellschaft kontaminiert ist von Gewalt und Perversität? Ich sehe nur mehr schwarze Schatten.“ (Ein norwegischer Freund in der Klinik).

    „Ich bin Satanist. Er ist der Gegenspieler Christi. Christus starb von der Hand des Antichristen. Christus ist tot. Gott ist schwach. Ich bin ein Feigling, denn ich habe mich noch nicht umgebracht. Der größte Triumph des Teufels ist, die Menschen glauben zu machen, er existiere nicht.“ (Ein Freigelassener).

    „Ich habe keine Achtung vor meinem Vater, denn er konnte es nicht mit mir aufnehmen. Er hat sich alles von meiner Mutter gefallen lassen. Dafür verachte ich ihn. Es ist zum Weinen, daß er jetzt krank ist.“

    „Den Mann, der meine Familie öffentlich in mehreren Interviews verletzte, hasse ich über dessen Tod hinaus. Ich habe keine Scheu, das auszusprechen, denn es ist die Wahrheit.“ (Ingmar Bergmann, 2003, in einem TV-Interview).

    „Du kommst dir wohl gut vor mit deiner Taschenlampe, wenn du mir ins Gesicht leuchten kannst. Du kommst dir wohl gut vor, wenn du mich einfach so anrufen kannst am Telefon. Aber ich lege auf dich keinen Wert.“ (Ein bereits Verstorbener, 1971 und 2005).

    „Wir halten uns die präventive nukleare Option gegen den Iran offen.“ (Condoleeza Rize, Sicherheitsberaterin von G.W.Bush, 2005).

    „Ein Mordversuch von Seiten Chinas gegen mich durch Vergiftung ist nicht auszuschließen. Inkognito-Agenten in der Menge, die meinen Segen erbittet, mit vergifteten Haaren, wenn ich ihnen über den Kopf streiche.“ (Der 14.Dalai Lama, Tenzin Gyatzo, 2012).

    „Ich frage die Menschen in Amerika, ich frage meine schwarzen Brüder und Schwestern dort drüben, warum sie erlauben, dass ihr Mutterland ausgerottet wird? Es ist mir egal, was Skeptiker sagen. Bitte entschuldigen Sie, wenn es mir heiß wird unter meinem Kragen. Es ist mir egal, was Skeptiker sagen, aber es GIBT eine Macht, die Afrika zerstören will und ich kaufe den Unsinn nicht ab, dass es die Bankiers von IMF sind oder anderer Grossbanken. Man tötet nicht die Gans, die goldene Eier legt, also warum sollten Bankiers Afrika zerstören? Hinter diesen Leuten steht eine andere Macht, eine schreckliche, alienhafte Macht, die hinter der Bühne agiert – je schneller wir dies erkennen, desto besser – es ist sehr einfach für die Menschheit, die in Schwierigkeiten ist, andere Kräfte dafür verantwortlich zu machen als die, die in einem selbst sind. Aber ich habe die Situation in Afrika seit dem zweiten Weltkrieg studiert, und auch vorher, und ich habe Beweise, die auf eine Alien-Kraft hinweisen, die in Afrika am Werk ist. Was, wer rottet Afrikas älteste Stämme aus?“ (Credo Mutwa, südafrikanischer Sangoma, 2012, in einem Telefoninterview).

    „Ich habe den Mut, die Grenze zu überschreiten. Niemand wird mich einholen.“ (K.F., 1982)

    Simon Wiesenthal berichtet: „Juden in Mauthausen wurden selten erschossen. Für sie war der ‚Wiener Graben‘ bestimmt. An einem einzigen Tag, am 31. März 1943, wurden vor den Augen Heinrich Himmlers 1.000 holländische Juden aus einer Höhe von über 50 Metern hinuntergeworfen. Die SS nannte sie ‚Fallschirmspringer‘. Das braune Volk amüsierte sich!“[

    „Der vieljährige Aufenthalt im Lager hat in uns das Verständnis für die Werte einer Verbrüderung derVölker vertieft. Treu diesen Idealen schwören wir, solidarisch und im gemeinsamen Einverständnis, den weiteren Kampf gegen den Imperialismus und nationale Verhetzung zu führen. So, wie die Welt durch die gemeinsame Anstrengung aller Völker von der Bedrohung durch die hitlerische Übermacht befreit wurde, so müssen wir diese erkämpfte Freiheit als das gemeinsame Gut aller Völker betrachten. Der Friede und die Freiheit sind die Garantien des Glücks der Völker, und der Aufbau der Welt auf neuen Grundlagen sozialer und nationaler Gerechtigkeit ist der einzige Weg zur friedlichen Zusammenarbeit der Staaten und Völker. Wir wollen nach erlangter Freiheit und nach Erkämpfung der Freiheit unserer Nationen die internationale Solidarität des Lagers in unserem Gedächtnis bewahren und daraus die Lehren ziehen: Wir werden einen gemeinsamen Weg beschreiten, den Weg der unteilbaren Freiheit aller Völker, den Weg der gegenseitigen Achtung, den Weg der Zusammenarbeit am großen Werk des Aufbaus einer neuen, für alle gerechten, freien Welt. Wir werden immer gedenken, mit welch großen blutigen Opfern aller Nationen diese neue Welt erkämpft wurde. Im Gedenken an das vergossene Blut aller Völker, im Gedenken an die Millionen, durch den Nazifaschismus ermordeten Brüder geloben wir, daß wir diesen Weg nie verlassen werden. Auf den sicheren Grundlagen internationaler Gemeinschaft wollen wir das schönste Denkmal, das wir den gefallenen Soldaten der Freiheit setzen können, errichten: DIE WELT DES FREIEN MENSCHEN. Wir wenden uns an die ganze Welt mit dem Ruf: Helft uns bei dieser Arbeit. Es lebe die internationale Solidarität! Es lebe die Freiheit!“ (Mauthausen-Schwur).

  3. Die Quelle allen Lebens

    Sonntag, 25.November 2012

    Gut. Wir sind ins Leben gerufen. Heute sind wir da. Wir können uns dem Leben nicht so einfach entziehen. In meinem Haus lebt ein junger Mann, gerade mal 20. Er will weg, aber er hat Angst vor dem Sterben, Angst vor den Schmerzen. Er hat nicht Angst vor dem Tod, aber vor dem Sterben. Er hat nicht unrecht.

    Zu Leben ist ein Befehl. Ich brauche nur eine Weile hinzusehen, dann sehe ich es. Es ist ein Befehl. Wir sind ins Leben geworfen. Wir unterliegen dem Zwang. Wir können diese Maschine unseres Leibes (manche nennen es eine Maschine) nicht so einfach abstellen. Manche versuchen es. Andere wiederum wollen sich um keinen Preis von dieser Maschine trennen. Das Leben ist ihnen Genuß. Sie nehmen sich das, was sich in Griffweite befindet. Mit dem Internet haben sie heute sehr viel in Griffweite. Jederzeit. Unglaubliches. Alle möglichen Perversitäten. „Ach Gott, hören Sie mir mit diesem Wort auf! Erkennen Sie denn nicht, daß dem Menschen nichts pervers ist? Ihm, dem alle Möglichkeiten offen stehen. Wie können Sie da von Perversitäten sprechen? Der Mensch ist das offene Wesen. Alles ist ihm erlaubt. Der, der Gegenteiliges behauptet, ist ein Spießer und Dogmatiker.“

    Mein Hausbesucher will weg. Die Sozietät – nicht die Welt! – ist ihm ein Gräuel. Aber mehr noch als die Sozietät ist ihm die Auslöschung ein Gräuel. Das Gesetz von Leben und Tod selbst ist ihm ein Gräuel. Mein junger Freund wandelt auf der Klinge des Wahnsinns. Er ist ein Getriebener. Er kennt in seinen Fragen, in seinem Denken keine Tabus. Im Verhalten schon. Er hat noch nie geraucht, trinkt nicht und hatte auch noch nie eine Frau. Er beleidigt niemanden. Ein heiliger Raser sozusagen. Er geht barfuß zum Fluß hinunter, dem Sinnbild der Ewigkeit. 20 mal am Tag. Die brennende Sonne und der heiße Beton machen ihm nichts aus. Er hofft, daß dem Fluß eine Sirene entsteigt und ihn mitnimmt. Nicht in den Tod. In die Mysterien des Wassers! Mehrmals am Tag reckt es ihn spontan und er hustet oder erbricht. So als müsse er sich radikal reinigen, das Innerste nach außen kehren. Er magert deutlich ab. Er singt vom Feuer Satans. Die einzige Hoffnung im Inferno, das er ringsum losbrechen, loslodern sieht, ist ihm Satan. Der, von dem er meint, er propagiere das Credo, nur Grausamkeit siegt. Lassen wir Heil und Hoffnung fahren. Wenden wir uns von Christus ab und dem Antichristen zu. Immer noch auf das Kommen des Herrn zu warten, wo doch das Inferno losbricht, lohnt nicht. Es wäre verantwortungslos fatalistisch, und für einen jungen Menschen, der sich um die Zukunft Gedanken macht, unzeitgemäß.

    Peter lebt moralisch, aber unkonventionell. Er hat ein paar Anzeigen wegen auffälligen Verhaltens am Hals, in seiner Heimat. Er ist aktenkundig. Zum Glück hat ihn noch kein Polizist niedergeschossen, wenn seine Spannung durchbrach und er zu rasen begann. Hier bei uns kann er rasen wie er will. Anarchie heißt ja, alles ist erlaubt. Es gibt kein Gesetz. Aber Peter weiß, er hat ein Gesetz am Hals. Das Gesetz seiner Existenz. Seine Existenz ist ihm immer voraus. Er stürzt das Cola hinunter und die Schokolade. Hilfsbringende Essenzen des Geschmacks. Von 14 bis 20 war er in der Psychiatrie. Er sah Patienten nach dem Elektroschock. Und alte Greise, die ein Leben lang in der Geschlossenen verbracht haben. Da sagte er sich, ich muß mich zuammenreißen. Sie können mich entmündigen, und dann machen sie Lobotomie mit mir. Und dann gibt es kein Zurück und keine Freiheit mehr. Dann bin ich ein Zombie. Dann können sie mich jederzeit entsorgen, und keiner wird nach mir fragen. Also flüchtete er sich zu uns, ins Land des Bürgerkriegs, wo Kinderbanden marodieren. Psychiatrie ist hierzulande unbekannt. Zum Glück. Es gab einmal eine Klinik, lange ist´s her, hoch auf den Klippen über dem Pazifik. Der Direktor drehte durch. Keiner merkte es. Er zerstückelte die Leichen und entsorgte sie übers Klosett. Mit seiner eigenen Frau fing er an. Sie kamen ihm drauf, nahmen ihn hopps und übergaben ihn einer Strafanstalt. Sollten die Häftlinge mit ihm machen, was sie wollten. Seit damals haben wir in Peru keine Irrenanstalten mehr. Die Irren sind frei. Sie sind rings um dich. Sie laufen nackt und barfuß durch die Straßen. Sie sind beim Lesen des fünften Buches der Satansanbetung irre geworden. Sie konnten das, was sie da lasen, nicht ertragen. Die Mutter sieht den Sohn beim letzten Kerzenschein zusammengebrochen über einem ihr unbekannten Buch, schluchzend und nicht mehr zu sich kommend. So vegetiert er seit 20 Jahren. Die Touristen auf der Dorfstraße gehen an ihm vorbei. Er bietet ihnen unreife Apfelsinen, die er von fremden Gärten gebrockt hat, an. Sie wissen nicht, wie ihnen geschieht, was er, der da murmelnde, der Heruntergekommene, Zerlumpte, von ihnen will.

    Und sie sehnen sich nach einer Schwester im Nonnenkleid, einer Schwester, die sich um ihn, den verzagten älteren Bruder sorgt, die ihn fragt, Bruder, geliebter Bruder, was hast Du denn? Ich fürchte mich vor dem Teufel, Schwester, vor der Dunkelheit. Vor dem Abgrund, den Fratzen, den Stimmen, die mich zermartern. Jenen, die von mir fordern, dich zu schänden und der Mutter die Augen auszustechen. Jenen, die mir sagen, ich solle ins Feuer steigen, denn es könne mir nichs anhaben, mir, dem Kind Satans. Schwester, wir sind verloren. Es braucht nur irgendeiner in den Bus steigen, eine Frau, sie zündet den Sprengsatz unter ihrem Kleid und wir sind weg. Sie können uns in Flüchtlingslager treiben und dann lassen sie eine Vakuumbombe am Fallschirm auf uns herniedersegeln. Oder sie setzen ein Virus frei. So schaffen sie sich uns vom Hals und wir sind fort, nirgendwo, und wir werden nie eine Antwort erhalten.

    Bruder, sagt da die Schwester, hab keine Angst. Wir sind nicht verdammt. Das Paradies wartet auf uns, ich verspreche es dir. Gott hat ein Gesicht, das sagt mir mein Glaube. Er ist nicht der Vernichter. Er ist nicht der, der uns dies alles eingebrockt hat. Er leidet mit uns. Er ist keine Unperson. Er ist nicht das Nichts. Er ist der Vater. Er hat ein Gesicht. Hab keine Angst, Bruder, ich sage es dir. Vertraue auf die Liebe des Vaters im Himmel. Er löscht dich nicht aus. Das alles sind Reden der Menschen, die in ihrer Freiheit meinen, die Tollwut stünde ihnen gut zu Gesicht. Es ist doch die tollwütige Menschheit, die dich leiden macht. Die, die in aller Unrast rasen und jeden Mord begehen, jede Sünde, jede Abscheulichkeit. Jene, die sagen, sie könnten alles tun, was ihnen einfällt, und die im gleichen Atemzug anderen ihren Glauben absprechen. Bruder, ich weiß, daß du mich verstehst. Du hast genug gelitten. Du bist ins Labyrinth der Verirrungen hineingeschritten, voller Mitleid, ja, Mitleid. Ins MITLEID, von dem die Menschen nichts hören wollen, weil sie meinen, der Mitleidige sei ein Dogmatiker, ein Machtbesessener. Doch wir sind Christen. Christus hat für uns gelitten, für UNS, nicht für sich. Er hat sich bis zuletzt um uns gesorgt. Er wußte, es ging nur über seinen Tod. Das gotterfüllte, das gottbeseelte Leben hinzugeben im Vertrauen auf die Auferstehung, im vollen, uneingeschränkten Gottvertrauen. Bruder, Gott zermalmt uns nicht. Das ist Unsinn. Er frißt uns nicht. Er frißt nicht unsere Flamme auf. Er ernährt sich nicht von uns. Was für ein Unsinn. Gott ist Anfang und Ende. Der Logos. Das Wort. Der Wille und die ewig wirkende Absicht. Er spielt nicht mit uns. Er ist nicht auf uns angewiesen. Er ist die göttliche eine Liebe, das ewige Mysterium, das uns schuf und freigab und uns so erst zu uns führt. Er gibt uns das Recht zu leben. Er gibt uns den Entwurf, und wir fangen ihn mutig und demütig auf. Er ist nicht der, der durch uns bewußt wird. Was für ein Unsinn. WIR, wir werden durch IHN bewußt, und nichts wird uns abhalten von dieser Schauung, die einzige Anschauung, die je in unserem Leben ewige Bedeutung beanspruchen darf. Und so werden deine Tränen versickern, Bruder.

  4. "Hinabgestiegen in das Reich des Todes …"

    Karsamstag 2013

    Wolken hängen tief und unbeweglich über dem Fluß. Das Kind weint im Schlaf. Ein anderes wird von Albträumen gequält und stöhnt. In der Banco de la Nación läuft „Gladiator“, der Film, der Russel Crowe berühmt machte. In 30 Sekunden zwei Tote, der eine, Kevin Leach, von Schwertern und Messern hinterrücks hingemeuchelt, die andere eine Frau auf einem Pferd, die Schlinge um den Hals, sodann durchbohrt von Pfeilen.

    Ein Ostergespräch zwischen Joseph Roth, dem Steirer, und Bischof Kapellari, dem Altbischof von Graz-Seckau, im Standard. 160 durch die Bank engagierte Leserinnen und Leser posten. Was ist dieses Wesen?, fragt einer. Wenn es allmächtig ist, dann hat es ein anderes Verständnis von Leiden als wir. Abermilliarden Lebewesen in der freien Natur, unter Qualen verröchelnd. „Unter Qualen“, schreibt er.

    Diese Erkenntnis ist ein dankenswertes Bekenntnis. Niemand kann sich darüber hinwegschwindeln. Aber wir benötigen zur Meditation zunächst noch nicht die freie Natur. Es genügt, die Verhältnisse in den Hühnerhöfen zu bedenken. Eine automatisierte Industrie des Todes. Ohne Scham. Wir müssen öffentlich bedenken, wie wir mit all den Tieren, die wir verzehren, umgehen. Die armen Schweine. Die armen Kühe und Stiere, ja sogar die Kälber. Das sind wir.

    Was im Tierreich geschieht, müssen wir nicht nachahmen. Ganz und gar nicht. Wir haben es als Männer nicht nötig, die Brut unseres Nebenbuhlers zu zerfleischen, wie es uns Löwe und Hauskatze vorexerzieren. Wir haben es als Frauen nicht nötig, den Begatter zu töten und zu fressen, ja ihn zu fressen, während er uns noch begattet.

    Vor dem Tierreich können wir nur mit Schaudern zurückweichen. Oder in sicherer Distanz in Faszination verharren. Der Mensch ist kein Tier. Manche, nicht wenige, behaupten das Gegenteil. Wir könnten von dem, was wir im Tierreich beobachten, ableiten, wie wir es nicht machen sollten. Wir könnten uns ein Beispiel der guten Art nehmen. Wie zusammenleben? Das ist doch die Grundfrage, noch vor der Gottesfrage. Christus verknüpft die eine mit er anderen Frage. Die Frage des Zusammenlebens mit der Frage nach Gott. Beide sollen wir mit aller Kraft lieben. Gott und den Mitmenschen, den „Nächsten“, wie er es formuliert.

    Je mehr die Astronomie mit dem Gerät, das ihr zur Verfügung steht, voranschreitet, desto mehr schrumpft unser Planet und, so scheint es, unsere Bedeutung. Wir stoßen auf unfaßbare Größendimensionen. Die Milchstraße mit 100 Milliarden Sternen. 100 Milliarden und mehr Galaxien. Alleine M061, so Dr.John Nunn, englischer Mathematiker und ehemaliger Schachgroßmeister, eine Galaxie, die größte, die wir kennen, am Nachthimmel so groß wie der Mond, nur eben zu blaß für das "unbewaffnete" Auge, mit mehr als einer Billion Sternen. Tausend Milliarden Sterne. In den vergangenen wenigen Jahren die Entdeckung von Schwarzer Materie und Schwarzer Energie. Gegenwärtig die Hypothese, das All blähe sich ohne Verlangsamung auf. Der Kältetod, wie sie es nennen. Eines Tages wird unsere Milchstraße vom Nichts umgeben sein. Alle anderen Galaxien haben sich verflüchtigt.

    Die Frage, die man sich somit stellen darf: „Inwieweit ist das für mich relevant?“

    Ich meine, ganz und gar. Ich frage mich, wie soll Christus angesichts dieser Perspektiven für das gesamte All zuständig sein? Nummer zwei: Genießen wir eine Sonderstellung von Gottes Gnaden? Ja und Nein. Ja, wir sehen Ungeheuerliches mit unseren Teleskopen. Nahe La Silla in der chilenischen Atacama haben sie jetzt in einem internationalen Schulterschluß, der nur zu begrüßen ist, eine ganze Batterie von Radioteleskopen, beinahe 60, aufgestellt und synchronisiert. Dafür zahle ich gern Steuern. Mit den Wissenschaftlern kann man reden. Die sind redlich. Hat sich Italien unter dem unerträglichen Zombie Silvio Berlusconi daran beteiligt? Die USA jedenfalls schon. Die Österreicher hingegen wollten sich klammheimlich aus dem Genfer CERN schleichen. Wem nützt das?, fragte der Wissenschaftsminister. In Brüssel mußte Kanzler Faymann dafür den Watschenmann abgeben, beim Soupé. Zuhause wurde der Beschluß umgehend rückgängig gemacht. Wir sind unterwegs. Wohin?

    6 Millionen Alzheimer-Kranke alleine in Europa. Die Modekrankheit schlechthin. Menschen, die sich in Pflanzen rückverwandeln. ALS, die Lou Geeringsche Krankheit: Menschen können keinen Muskel mehr bewegen. Siehe Stephen Hawking. Stark im Vormarsch. Burn Out: Fast jeder zweite kann ein Lied davon singen.

    Das sind Dramen, wohin man auch schaut. Der Globus beginnt zu kochen. Der Dampf steigt hoch. Es gibt Dauerregen. In Kopenhagen hat ein Tischler die Arche Noah nachgebaut. Er meint, die Sintflut werde kommen. Nur eine Frage der Zeit. Er predigt: „Kehrt um!“ So wie der Täufer, in Hollywood gemimt von Charlton Heston; ebenfalls ein Alzheimer-Opfer.

    Wovon umkehren?

    Die Menschen sind nicht auf den Kopf gefallen. Sie wissen, kehren wir ehrlicherweise mal vor der eigenen Tür. Es kann auch bei mir nicht so weitergehen. Da gibt es ein paar eklatante Baustellen. Wie mir ein Freund anläßlich eines Heimattratsches jüngst sagte: „Tiefe Baulose“.

    Tief, das heißt nicht bodenlos. Bodenlos, wo sehe ich Bodenlosigkeit? Wir stehen festgeschweißt auf Mutter Erde. Es gibt genug Menschen auf Erden, auch in unseren hiesigen Breiten, die verstehen nicht, daß die Erde eine Kugel ist. Sie sagen sofort: „Wie kann das sein? Dann müßten ja die unten am unteren Ende der Kugel herunterfallen." Sie wissen also nicht, was Gravitation ist. Sie wissen auch nicht, was die Sonne ist. Für diese Leute geht es um zwei bis sechs Euro pro Tag. Die Sommerzeit in Europa interessiert sie nicht, abgesehen von dem Umstand, daß sie Europa nicht kennen. Und daß Europa jetzt 7 Stunden vor uns ist, kann nur ein schlechter Witz sein. "Wenn bei uns Nacht ist, muß doch dort auch Nacht sein!" Ich denke, mindestens 2 Milliarden Menschen, wenn nicht mehr, sind dieser Auffassung.

    Leonard Cohen sagte in einem Interview in 2008 in seinem Haus in Montreal, die Zahl der Menschen in wirklich tiefem Leid sei erschütternd. Menschen, die in in diesem Augenblick leiden.

    In diesem Augenblick könnten wir auch das Zählwerk der Erde erblicken, das Zählwerk, das nie aufhört zu ticken. Weit über 20 Milliarden Tote. Wer denkt je an sie? Ostern 2013, Karsamstag. „Hinabgestiegen in das Reich des Todes…“, so formuliert es das Glaubensbekenntnis, und fährt fort: „… am dritten Tage auferstanden von den Toten.“

    Das ist natürlich die Zentralfrage. Die einzige, zentrale Frage, um die es geht. Es geht nicht um 100 Milliarden mal 100 Milliarden Sterne. Es geht um uns, hier und jetzt. Das war der Zentralsatz Castanedas in seinem Schlußwerk "Das Wirken der Unendlichkeit", posthum veröffentlicht. Was tue ich jetzt? Und jetzt? Was denke ich, was fühle ich? Was bringt mich zum Weinen? Was ist der Schmerz? Und dann, in einem Moment, enden alle Fragen.

    Das erinnert mich an Klaus Maria Brandauer, unseren begnadeten Staatsschauspieler. Er gab den Oberst Redl, eine Figur aus dem Ersten Weltkrieg. Er wird gezwungen, sich im Wienerwald zu erschießen, im Winter. Er rast. Er kann es nicht. Schlußendlich tut er es. Unvergessen. Im realen Leben stirbt wenige Jahre später seine Gattin Karin, die über alles geliebte, eine Regisseuse. Das Drama des Klaus Maria Brandauer.

    Wir haben nur einander. Wir sind Menschen, von Menschen gezeugt und geboren. Wir haben nicht viel, aber es genügt. Wir haben die Sprache, unser höchstes Gut. Wir können sie nicht zu Gift pervertieren. Und wir haben die Schrift. Unsere Schrift, und die Göttliche Schrift, die uns geschenkte. Wir haben das Wort und das erfüllte Wort. Das erfüllte Wort, für den, der es glaubt. Das ist Ostern. Göttliche Konvulsion. Er versöhnte die Toten mit der Schöpfung, indem er zu ihnen hinabstieg. Amen.

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